: Keine Auslieferung
Hamburger Prozess um den 11. September: US-Behörden verweigern die Vernehmung des vermutlich wichtigsten Zeugen Ramzi Binalshibh vor dem Oberlandesgericht
Der wichtigste Zeuge wird nicht aussagen. Ramzi Binalshibh wird weder zur Aussage von den USA nach Hamburg ausgeliefert, noch können die Richter des Hamburgischen Oberlandesgerichtes (OLG) das mutmaßliche Al-Quaida-Mitglied in den USA vernehmen. Das OLG teilte gestern mit, das US-Außenministerium habe das Rechtshilfeersuchen abgelehnt, Binalshibh im Prozess gegen den Marokkaner Mounir El Motassadeq aussagen zu lassen. Der ist angeklagt, Hamburger „Statthalter“ der Terrorgruppe des 11. September gewesen zu sein und die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon unterstützt zu haben.
Binalshibh wäre ein wichtiger Zeuge, weil er der einzige bekennende Mitattentäter ist, der noch lebt und verhaftet wurde. Im September wurde er in Pakistan gefasst, nachdem er zuvor im Fernsehsender Al-Dschasira eingeräumt, rechte Hand des Hauptattentäters Mohammed Atta gewesen zu sein. Das OLG hatte die Hoffnung, dass er darüber aussagen könnte, inwieweit Motassadeq in die Pläne der Gruppe eingebunden war. Der Angeklagte selbst bestreitet, von den Attentaten vorher gewusst zu haben.
Ebenso haben die US-Behörden es abgelehnt, dem OLG die Vernehmung von Zacarias Moussaoui zu ermöglichen, der schon vor dem 11. September 2001 verhaftet wurde, weil er in einer US-Flugschule Verdacht erregt hatte. Allerdings hatte auch das bundesdeutsche Justizministerium in diesem Fall den US-Kollegen Mithilfe verweigert und beantragte Dokumente nicht übersandt. Der Grund: Moussaoui droht die Todesstrafe, und die Europäische Menschenrechtskonvention untersagt in diesen Fällen die Rechtshilfe.
Dennoch wird die Strafkammer des OLG Anfang Dezember eine Dienstreise in die USA antreten. Die dortigen Behörden haben zugestimmt, dass das OLG in Seattle Ahmed Ressam vernimmt – der allerdings schon zwei Jahre vor dem 11. September festgenommen worden war, als er mit 50 Kilo Sprengstoff die Grenze von Kanada in die USA überqueren wollte. elke spanner
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