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SPD-Senatorin ist über CDU entsetzt

Die SPD wollte sich von „ihren“ Jugendwerkstätten verabschieden. Seit einem halben Jahr wird die Übertragung der Projekte der Werkstätten auf andere Träger vorbereitet – in letzter Sekunde schießt die CDU-Politikerin Brigitte Dreyer quer

CDU: Kein Blankoscheck zur Rettung von SPD-Hätschelkindern

„Ich bin fassunglos“, „ich bin richtig empört“, mit solchen Sätzen beschrieb Bremens jüngstes Senatsmitglied, Arbeitssenatorin Karin Röpke, gestern ihren Gemütszustand. Klare Analyse: „Die CDU hat sich als unzuverlässiger Partner erwiesen.“ Insbesondere hat Röpke die zuständige Arbeits-Politikerin der CDU gefressen, Brigitte Dreyer. Die SPD-Senatorin setzt auf den 26. Mai, den Tag nach der Wahl.

Zum Hintergrund: Im Juli 2002 hatte das Arbeitsressort öffentlich angekündigt, dass die lange Jahre als sozialdemokratisches Hätschelkind vom Ressort geführte „Arbeit und Jugendwerkstätten GmbH“ (AJW) aufgelöst werden soll. 35 Hauptamtliche betreuen da 400 Teilnehmer von Beschäftigungsprojekten. Die Projekte sollen von anderen Trägern fortgeführt werden. Seit Juli arbeitet das Ressort an diesem Ziel, die zuständige Arbeitsdeputation wurde zuletzt im November über den Stand der Verhandlungen mit den anderen Trägern informiert – und nahm den Bericht ausdrücklich mit den Stimmen der CDU zustimmend zur Kenntnis. Gemeinsam mit Finanzsenator Perschau (CDU) brachte die Arbeitssenatorin daraufhin eine Beschlussvorlage in die Senatsberatung dieser Woche ein, alles schien klar – da kommt plötzlich am Montag aus der CDU-Fraktion die rote Karte. So jedenfalls stellt sich der Vorgang für die Senatorin Röpke dar.

„Das lasse ich mir nicht bieten“, sagt sie – und zog die Senatsvorlage förmlich zurück: „Am 26. Mai legen wir sie wieder auf den Tisch.“ Das ist der Tag nach der Bürgerschaftswahl. Offensichtlich lässt sich mit der CDU nicht regieren, ist die Botschaft. Die Grünen stimmen mit Röpke vollkommen überein.

Die „Jugendwerkstätten“, wie der Träger früher hieß, organisieren zum Beispiel den „Quartierservice“, einzelne Recycling-Höfe und das Möbellager für Sozialhilfe-Empfänger in Woltmershausen. Alles wichtige Einrichtungen, die erhalten werden sollen. Die Werkstätten beschäftigen dafür Menschen, die auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Chance hätten; finanziert werden solche Beschäftigungsprojekte vom Arbeitsamt, von der EU und vom Arbeitsressort. Von letzterem bekommen die AJW zudem 181.000 Euro „instititutionellen Zuschuss“ .

Während vor einigen Jahren noch die Sorge in der Szene der privaten Träger ähnlicher Maßnahmen umging, die SPD könnte bei knapper werdenden Geldern alles auf „ihre“ AJW konzentrieren, kam dann vor einem halben Jahr die Ankündigung, dass ausgerechnet die AJW aufgelöst werden sollen. „Das war bei uns intern nicht einfach zu vermitteln“, gesteht Röpke. Aber die Effektivität privater Anbieter bei der Vermittlung der Beschäftigten in den ersten Arbeitsmarkt hinein ist nach übereinstimmender Bewertung höher.

Brigitte Dreyer dagegen beharrt darauf, dass die Deputation beschlossen hat, die Auflösung der AJW solle „ohne zusätzliche Landesmittel“ passieren. Nun stehen aber plötzlich in der Senatsvorlage eine Bürgschaft von 750.000 Euro und Übergangshilfen in nicht näher bezifferter Höhe aus einem Topf, aus dem eigentlich andere Beschäftigungsförderungen finanziert werden sollen. Der Staatsrat des Ressorts sei nicht in der Lage gewesen, im Detail zu erklären, wieviel zusätzliches Geld für welche Sparte der Arbeit der Jugendwerkstätten erforderlich sei. Wenn die einzelnen Sparten öffentlich ausgeschrieben worden seien, dann hätte es vielleicht für die Stadt günstigere Angebote gegeben. Und nicht alle Projekte seien unter allen Umständen zu erhalten, findet Dreyer. Weder in der Deputation noch im Haushaltsausschuss könne die CDU für ein solches Vorgehen Blankoschecks geben.

Die Vertagung auf den Tag nach der Wahl sieht Dreyer gelassen: Wer da gewinnt, das sehe man erst am Abend des 25. Mai. Sie selbst sei dann auf jeden Fall nicht mehr dabei – sie wird nicht mehr auf der Kandidatenliste der CDU stehen. K.W.

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