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Neuer Zuwanderungspoker schon vor Urteil

Übermorgen entscheidet Karlsruhe über das Zuwanderungsgesetz. Grüne reagieren skeptisch auf Unions-Angebote

BERLIN taz ■ Am Mittwoch ist es endlich so weit. Fast neun Monate nach der umstrittenen Bundesratsabstimmung verkündet das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung darüber, ob das rot-grüne Zuwanderungsgesetz wie geplant am 1. Januar in Kraft treten kann oder nicht. Die Union hatte geklagt, weil das Gesetz ihrer Meinung nach verfassungswidrig zustande kam.

Mehrere Unionspolitiker zeigten sich am Wochenende siegesgewiss. „Ich bin optimistisch, dass wir mit unserem Standpunkt gewinnen werden“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU). Der damalige Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) hätte das Votum Brandenburgs bei der Abstimmung im März nicht als „Ja“ werten dürfen, weil Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) seine Ablehnung deutlich gemacht habe. Vogel begründete seine Zuversicht mit den Bedenken, die Bundespräsident Johannes Rau (SPD) bei seiner Unterschrift unter das Gesetz im Sommer geäußert hatte.

Nach den Berichten über eine angebliche Mehrheit unter den Richtern gegen das Gesetz sind auch die zuständigen Politiker der Regierungskoalition vorsichtig geworden. Von der anfänglichen Gewissheit, das Gesetz sei verfassungsgemäß zustande gekommen, ist nicht mehr viel zu spüren. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte gestern, die Entscheidung müsse „mit allem gebotenen Respekt“ abgewartet werden. „Und dann werden wir uns auf die neue Situation – wenn es eine neue sein sollte – einzustellen haben.“

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), sagte der taz: „Ich weiß nicht, wie es ausgeht. Natürlich hoffe ich, dass das Bundesverfassungsgericht die Klage der Union zurückweist.“ Vehement widersprach Beck jedoch Berichten mehrerer Zeitungen aus den letzten Tagen, wonach die Grünen eine Neuregelung der Einwanderungspolitik bei einem Scheitern in Karlsruhe auf die lange Bank schieben wollen. Davon könne keine Rede sein, betonte Beck. „Ich bin absolut dagegen, sich in die Ecke zu setzen und zu weinen und zu sagen, das war’s nun.“ Bei der Bewertung des Urteils müsse man sich „vor Augen halten, dass Karlsruhe nur über das formale Zustandekommen entscheidet“. Die Inhalte und Ziele stünden in jedem Fall „weiter auf der Agenda“.

Auf eine konkrete Strategie wollte sich Beck noch nicht festlegen. Nach einem eventuellen Nein aus Karlsruhe müsse man „innerhalb der Koalition beraten, wo macht es Sinn neue Anläufe zu machen?“ Dabei sollte man bedenken, „welche Bereiche im Bundesrat zustimmungspflichtig sind und welche nicht“.

Auf die Angebote der Unionspolitiker Günther Beckstein (CSU) und Peter Müller (CDU) zu neuen Verhandlungen über das gesamte Gesetz reagierte Beck zurückhaltend. „Natürlich kann man über alles nochmal reden“, versicherte Beck. „Es kann aber nicht die einzig vorstellbare Option sein, das Zuwanderungsgesetz unbedingt als ganzes wieder einzubringen.“

Ebenso wie Beck unterstrich auch der Einwanderungsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Bürsch, die Bedeutung der geplanten Integrationsangebote. Hier dürfe „keine Lücke entstehen“, sagte Bürsch der taz, „auch wenn das Zuwanderungsgesetz am Mittwoch scheitert“. Das neue Sprach- und Integrationskonzept solle „in jedem Fall beginnen“. LUKAS WALLRAFF

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