Arbeitsrechte in OECD Staaten: Beschwerde gegen Adidas
Eine Schuhzulieferfirma von Adidas soll massiv Arbeitsrechte verletzt haben. Die Marke distanziert sich vom Vorwurf schmutziger Geschäfte.
Das als gemeinnütziger Verein gegründete Südwind-Institut reichte diese Woche eine Beschwerde gegen Adidas bei der deutschen OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Kontaktstelle ein. Südwind, Mitglied der Kampagne für Saubere Kleidung, wirft Adidas vor, Geschäfte mit einem indonesischen Schuhzulieferer zu führen, der Arbeitsrechte missachtet.
Im Juli 2012 streikten 2.000 Beschäftigte der Firma PT Panarub Dwikarya Benoa (PDB), in der Adidas Schuhe fertigen ließ. Sie setzten sich für die Zahlung des im Januar 2012 eingeführten Mindestlohns sowie das Recht auf Vereinigungsfreiheit ein. Das Unternehmen hatte im Februar 2012 mehrere Beschäftigte entlassen, die versuchten eine Gewerkschaft zu gründen. Auch in Folge des Streiks im Juli wurden 1.300 Streikende entlassen. Die gesetzlich verpflichtende Abfindung haben bis heute mehr als 300 der Entlassenen nicht erhalten. Der Großteil der Betroffenen sind Frauen.
Ein Fall für die OECD
Für Sabine Ferenschild, Sprecherin von Südwind, stellt das einen Verstoß gegen die Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen dar. Sie will mit der Beschwerde ein Zeichen der Solidarität mit den Beschäftigten setzen, „die noch immer jede Woche demonstrieren“. Ansonsten sei das „erneut ein Zeichen, dass man als multinationales Unternehmen nur hartnäckig genug sein muss, um vereinbarte Menschen- und Arbeitsrechete zu missachten.“
Die Leitsätze der OECD beruhen auf den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), eine Sonderorganisation der UN. Diese umfassen explizit das Recht Gewerkschaften zu gründen und die Pflicht für Unternehmen verhandelte Tariflöhne umzusetzen. Obwohl Indonesien kein Mitglied der OECD ist, hat es – wie Deutschland- die rechtlich verpflichtenden Normen der ILO ratifiziert. Dies diene der NGO als Fundament für eine Beschwerde bei der deutschen OECD Kontaktstelle in Berlin, so Ferenschild.
Adidas bestreitet Geschäftsbeziehungen
Auf Nachfrage der taz gibt Adidas an, zum Zeitpunkt des Streiks im Juli 2012 keine Geschäftsbeziehungen mehr zu PDB geführt zu haben. Adidas habe die Geschäftsverbindung im Januar 2012 abgebrochen, da der Zulieferer den gesetzlichen Mindestlohn nicht rechtzeitig umsetzen wollte. Laut Adidas habe PDB sich mit 850 Beschäftigten über Abfindung und Lohnzahlungen verständigen können, obwohl das Unternehmen den unangekündigten Streik als illegal bezeichnet.
Die bis heute 345 streikenden Beschäftigten hätten die Abfindungszahlung abgelehnt. Die Gewerkschaft GSBI, die die Streikenden vertritt, habe die Frist für eine Klage vor dem indonesischen Arbeitsgericht verstreichen lassen. Mittlerweile hat der Betrieb PDB seit über vier Jahren geschlossen, so Adidas.
Verletzung der Arbeitsrechte schon länger bekannt
Die Vorwürfe gegen Adidas bestehen jedoch schon länger als 2012. Bereits 2004 reichte die Kampagne Saubere Kleidung eine Beschwerde gegen Adidas-Salomon bei der deutschen OECD Kontaktstelle ein. Damals richtete sich die Beschwerde gegen das Dachunternehmen PT Panarub Industry, zu dem auch PDB ein gehört. Der Vorwurf war derselbe: Entlassung aufgrund von Gewerkschaftsmitgliedschaft.
2011 entschieden die OECD Staaten, dass multinationale Unternehmen dafür verantwortlich sind, dass in jeder ihrer Produktionsstätten die Arbeits- und Menschenrechte eingehalten werden. Dennoch führte Adidas die Geschäfte mit PDB bis 2012 fort. Die Panarub Industry ist bis heute ein wichtiger Zulieferer. Auf der Webseite des Dachunternehmens werden die Geschäfte mit Adidas seit 1988 als „ein Meilenstein der Firmengeschichte“ bezeichnet. Um bessere Arbeitsbedingungen für die 11.000 Beschäftigten zu bewirken, müsse „Adidas endlich damit drohen Aufträge zurückzuziehen“, so Ferenschild.
Ausgang des Verfahrens ist ungewiss
Sollte die deutsche OECD Kontaktstelle die Beschwerde von Südwind zulassen, wird der Beschwerdegegner Adidas aufgefordert eine Stellungnahme zu veröffentlichen. Das geschieht freiwillig. Regierungen sollten schließlich in der Lage sein, genug Druck auf die Unternehmen auszuüben und sie zu einem Moderationsprozess zu bewegen, so ein Sprecher der Kontaktstelle in Berlin. Unabhängig davon, ob eine Einigung erzielt wird, spreche die zuständige Kontaktstelle eine Empfehlung an die Beteiligten des Verfahrens aus.
Seit 2000 habe es ungefähr 35 Verhandlungen gegeben, so der Sprecher. Dass eine Beschwerden nicht angenommen wird, kommt dabei häufiger vor, als dass ein Verfahren abgebrochen wird. Eine kürzlich durchgeführte Studie der OECD habe ergeben, dass sich viele Unternehmen noch nicht an die freiwilligen Handlungsempfehlungen hielten. „Das Monitoring müsse noch verbessert werden“, so der Sprecher.
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