Arbeitslosenzahlen sinken weiter: Die Freude der Arbeitsministerin
Ursula von der Leyen feiert die neuen Arbeitslosenzahlen als ihren Erfolg. Opposition und Gewerkschaften zerpflücken die Halbzeitbilanz der Ministerin.
BERLIN taz | Pünktlich zur Halbzeit erhielt Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch ein Geschenk aus Nürnberg. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) gab bekannt, dass die Arbeitslosenzahlen erneut gesunken sind: Offiziell gab es im November 2,71 Millionen Arbeitslose, 24.000 weniger als noch einen Monat zuvor. "Trotz der erheblichen Probleme durch die Eurokrise" stehe der Arbeitsmarkt "sehr robust" da, freute sich die Ministerin. Um das Geschenk gebührend zu feiern, hatte sie ihre Pressekonferenz sogar eigens um einen Tag vorgezogen.
Positiv fiel auch ihr Blick auf die eigene Arbeit aus: Man habe die Hartz-IV-Reform erfolgreich abgeschlossen, so die Arbeitsministerin. Drei weitere Branchenmindestlöhne - in der Leiharbeit, der Pflegebranche und dem Wach- und Sicherheitsgewerbe - habe sie auf den Weg gebracht und den Missbrauch in der Leiharbeit bekämpft. Und das Bildungspaket für Kinder aus bedürftigen Familien? Es werde nach "einem schwierigen Start" immer mehr in Anspruch genommen. "Derzeit nehmen 45 Prozent aller Anspruchsberechtigten die Leistungen wahr", rechnete sie vor.
Für die Opposition ist diese Bilanz - ebenso naturgemäß - alles andere als ein Erfolg: "Ihr Lieblingspaket wird nicht einmal zur Hälfte in Anspruch genommen. Frau von der Leyen kann sich meisterhaft inszenieren, aber die Ergebnisse sind minimal", kritisiert etwa Anette Kramme, arbeitsmarktpolitische Sprechern der SPD-Fraktion.
Blaue Karte für Einwanderer
Während sich die Arbeitgeber mit einer Einschätzung zurückhielten, gab es Grundsatzkritik auch von den Gewerkschaften. "Frau von der Leyen vertritt ein christlich-konservatives Sozialstaatsmodell: Ehrenamt und Gutscheine werden gefördert, das Recht auf ausreichende soziale Leistungen hingegen nicht", so Wolfgang Uellenberg van Dawen, Leiter des Ressorts Politik und Planung bei Ver.di.
In den nächsten zwei Jahren will sich die Ministerin vor allem auf die Sicherung des Fachkräftebedarfs, die Bekämpfung von "Gerechtigkeitslücken im Rentensystem" sowie einen besseren Schutz vor psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz konzentrieren.
Von der Leyen kündigte in diesem Zusammenhang an, dass das Kabinett nächsten Mittwoch eine "Blue Card" zur einfacheren Zuwanderung von Fachkräften außerhalb der EU verabschieden werde. Auch sollen in wenigen Wochen mehr Details zur Überarbeitung der von ihr geplanten Zuschussrente vorliegen.
Damit sollen niedrige Renten auf 850 Euro aufgestockt werden, sofern die Arbeitnehmer über lange Jahre auch privat vorgesorgt haben. Das Konzept ist von Wissenschaftlern, Gewerkschaften und Arbeitgebern schon heftig zerpflückt worden. Von der Leyen sagte dazu, sie nehme "natürlich Anregungen" auf. "Die Grundprinzipien bleiben jedoch bestehen".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos