Arbeitende Rentner: Weniger Rente, mehr Minijobber
Rentner arbeiten nicht nur mehr als vor zehn Jahren, auch ihre Rente sinkt. Doch die Regierung sieht darin keine Indizien für Altersarmut.
BERLIN taz | Ruheständler in Deutschland erhalten immer weniger Geld aus der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Wer 2011 nach 35 Versicherungsjahren das Arbeiten aufgab, bekam monatlich im Schnitt 953 Euro Rente. 2010 waren es noch 1.021 Euro gewesen. Das geht aus Zahlen hervor, die aus einer Anfrage der Linkspartei an die Bundesregierung stammen.
Noch deutlicher fällt der Rückgang bei den Erwerbsminderungsrenten aus. So erhielten Menschen, die 2011 in Rente gingen, weil sie erkrankt sind und nicht mehr arbeiten können, 634 Euro monatlich. 2000 waren es noch 738 Euro gewesen.
Die Debatte über drohende Altersarmut haben diese Zahlen befeuert. Denn parallel zu sinkenden Leistungen aus der GRV, die für 80 Prozent aller Personen den wichtigsten Pfeiler der Altersvorsorge darstellt, steigt die Zahl der minijobbenden Ruheständler: Hatten im Jahr 2000 etwas über 480.000 Menschen über 65 Jahre einen 400-Euro-Job, waren es 2011 bereits fast 762.000. Das ist ein Plus von fast 60 Prozent. Die Zahl der Minijobber, die über 75 Jahre alt sind, stieg sogar um fast 86 Prozent auf 119.000 Personen an.
Für die Bundesregierung sind diese Zahlen kein Indiz dafür, dass mehr Ältere arbeiten gehen, weil ihre Rente nicht ausreicht. Man sei vielmehr „auf dem Weg in die Gesellschaft des längeren Lebens und Arbeitens“, sagt das Bundesarbeitsministerium. In der Antwort auf die Anfrage verweist die Regierung zudem darauf, dass die Quote der über 65-Jährigen, die Grundsicherung im Alter beziehen, seit 2007 konstant bei 2,4 Prozent oder rund 400.000 Personen liege.
Die Rentenbeträge sinken, weil kontinuierliche Erwerbsbiografien abnehmen – aber auch, weil derzeit mehr als jeder Zweite seinen Job noch vor der offiziellen Altersgrenze von bisher 65 Jahren an den Nagel hängt. Deswegen müssen Rentner derzeit Abschläge von durchschnittlich 114 Euro hinnehmen. Dieser Betrag dürfte in den nächsten Jahren steigen, wenn die Regelaltersgrenze schrittweise auf 67 Jahre angehoben wird.
Dass die Grundsicherungsquote trotz sinkender Rentenzahlungen nicht steigt, führen Forscher unter anderem auf die Minijobs im Alter zurück. Es liegt aber auch daran, dass seit Anfang der 1990er Jahre der Anteil der Älteren, die in einem Paarhaushalt leben und sich finanziell aushelfen, auf fast zwei Drittel angestiegen ist. Etliche Ruheständler beziehen zudem eine Betriebs- oder private Rente. Doch Geringverdiener haben während ihres Arbeitslebens kaum Geld übrig, um privat vorzusorgen.
Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, warnte am Dienstag, die Altersarmut nehme zu. Die steigende Zahl minijobbender Renter zeige, „dass das Absenken des Rentenniveaus nicht spurlos an der Lebenswirklichkeit der Rentner vorbeigeht“. Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisierte: „Merkels Regierung verschließt die Augen vor der Wirklichkeit zunehmender Armut im Alter.“
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