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Autoritäre und extreme RegierungenArbeiten wird riskanter

Die Unterdrückung von Arbeitnehmerrechten nimmt zu – besonders in Europa und Amerika. Das zeigt ein Index des Internationalen Gewerkschaftsbunds.

Textilarbeiterinnen gehen in Bangladesch für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße Foto: Kazi Salahuddin Razu/imago

Berlin taz | Die Rechte von Ar­bei­te­r*in­nen befinden sich laut Internationalem Gewerkschaftsbund (IGB) weltweit „im freien Fall“. Laut dem am Montag veröffentlichten IGB-Rechtsindex 2025 sind Ar­bei­te­r*in­nen nur in 7 von 151 untersuchten Ländern ausreichend geschützt. Vor zehn Jahren erhielten noch 18 Länder Top-Bewertungen. Europa, Nord- und Südamerika haben sich besonders schlecht entwickelt im Vergleich zum Beginn des Index im Jahr 2014.

Für den Index wurden 340 nationale Gewerkschaften in 169 Ländern befragt. Hinzu kommen Analysen von Rechtsexpert*innen. Der Index umfasst Verletzungen von Arbeitnehmerrechten sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Praxis.

Der Bericht weist auf einen globalen Trend von autoritären Staaten und extremen Regierungen hin, die grundlegende Menschenrechte beschränken wie den Zugang zur Justiz, Rede- und Versammlungsfreiheit oder das Rechte auf Tarifverhandlungen. IGB-Generalsekretär Luc Triangle warnt vor einem „koordinierten Angriff der Ultrareichen und ihrer politischen Verbündeten, um die Wirtschaft gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu manipulieren“.

Diese Entwicklung sei nicht nur mit Präsident Donald Trump und Tech-Milliardär Elon Musk in den USA oder Präsident Javier Milei und dem milliardenschweren Unternehmer Eduardo Eurnekian in Argentinien zu sehen, sondern überall auf der Welt. Der IGB-Chef fordert mehr Einsatz für Demokratie und starke, unabhängige Gewerkschaften.

Gefährlichste Länder für Ar­bei­te­r*in­nen

Zu den gefährlichsten Ländern für Ar­beit­neh­me­r*in­nen zählen unter anderem Bangladesch, Belarus, Ecuador oder die Türkei. Der IGB dokumentiert Verletzungen durch Regierungen und Arbeitgeber. In Bangladesch zum Beispiel ging das Militär gewaltsam gegen De­mons­tran­t*in­nen vor, die eine umstrittene Quotenregelung für Arbeitsplätze verhindern wollten. Allein im Juli 2024 gab es mehr als 200 Tote. In Belarus sitzen derzeit 29 führende Ge­werk­schaf­te­r*in­nen und Ak­ti­vis­t*in­nen hinter Gittern, darunter der IGB-Vizepräsident Alexander Jaraschuk, der bereits im Mai 2022 inhaftiert wurde.

Als Beispiel für eine gute Entwicklung nennt der Bericht Côte d'Ivoire. Dort wählten Beschäftigte des deutschen Paketunternehmens DHL vergangenes Jahr zum ersten Mal eine gewerkschaftliche Vertretung. Ermöglicht wurde dies laut Bericht durch die jahrelange hartnäckige Organisierung von Ar­beits­recht­le­r*in­nen – und das deutsche Lieferkettengesetz von 2023. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, Menschenrechte wir Arbeitsrechte entlang ihrer Lieferkette einzuhalten.

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3 Kommentare

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  • Es ist ein zentraler Punkt der sogenannten liberalen Demokratie, dass die („vererbten“) Besitzverhältnisse nicht angetastet werden und der sozialdarwinistische Wettbewerb in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft am Leben gehalten wird. Wenn in Deutschland von der „Sozialpartnerschaft“ die Rede ist und GewerkschaftsfunktionärInnen von der „innerbetrieblichen Demokratie“ schwärmen, wird damit nur ausgeblendet, dass ArbeitnehmerInnen, MieterInnen und VerbraucherInnen keine wirklichen Mitspracherechte haben und dass es keine emanzipatorische Demokratie ohne echte Wirtschaftsdemokratie geben kann. Die Mehrheit lebt in Abhängigkeit von Entscheidungen der Besitzenden und anderen Eliten, die eigene Interessen vertreten. Der Rechtsstaat bietet nur Schutz vor Ausbeutung, Missbrauch und Unterdrückung, die das Recht zu Unrecht deklariert. Über das was Recht wird und ist, entscheiden Mitglieder der Eliten. Das Recht muss man sich im Zweifel noch erstreiten.

    • @DemokratischeZelleEins:

      Danke für dieses hervorragende Kommentar. Es wird zu nichts führen, wenn man immer nur über Symptome schreibt ohne die Machtverhältnisse kritisch zu hinterfragen.

  • In einigen Ländern werden solche Regierungen *gewählt". Wieder ein Beispiel für den absurden Punkt, dass viele gegen ihre Interessen wählen.