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Arbeit für Geflüchtete im Theater BremenSpeisen und Menschen aus aller Welt

In der Kantine des Theaters sollen Menschen mit Flucht- oder Migrationserfahrung deutsch lernen und für die Arbeit in der Gastronomie geschult werden.

Kausar Mireh vom Bürgerzentrum kocht mit Fußballer Valdez, Koch Schadeweg und Praktikantin Vakhshineh Foto: Jörg Landsberg/Theater Bremen

Bremen taz | Auf dem Tisch steht frisches Brot mit Kürbis, Curry und Walnuss, dazu Dips: veganer Tomatenaufstrich, vegane Mayo, Frischkäse mit Paprika und Walnuss. „Belegte German Stullen“ heißt das auf der Webseite des neuen Projekts „Lichtgrenze“ in der Kantine des Theater am Goetheplatz in Bremen. Das Haus will gemeinsam mit dem Bürgerzentrum Neue Vahr umsetzen, was für andere Be­trei­be­r*in­nen hart ist – und dabei geflüchteten Menschen helfen, Deutsch zu lernen und sich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren.

„Kantinen für kleine Gruppen sind sehr schwierig zu betreiben“, sagt Theater-Geschäftsführerin Swantje Markus. Dazu kommt hier: Die Öffnungszeiten variieren je nach Vorstellungsbeginn. Mal sind das Orchester und der Chor da, mal eben nicht. „Wir brauchten jemanden, der Herzblut mitbringt und Verständnis für die Theaterabläufe hat.“

Mit Saher Khanaqa-Kükelhahn und ihrem Team aus dem Bürgerzentrum Neue Vahr hat das Theater solche Leute gefunden. In der Neuen Vahr, einem Bremer Stadtteil, in dem etwa 50 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund haben und Arbeitslosigkeit und Armut überdurchschnittlich sind, betreibt das Bürgerzentrum bereits ein Café – doch eine richtige Kantine ist neu für alle.

Seit sechs Wochen läuft das Projekt „Lichtgrenze“. In Zukunft sollen auch sechs Praktikan­t*in­nen hier arbeiten, für ein halbes Jahr. Die Voraussetzungen: Lust auf Gastronomie, Flucht- oder Migrationserfahrung – und ein Bildungsgutschein vom Jobcenter. Ganz frisch angekommene Menschen können daher nicht direkt hier starten.

Gelungene Integration gegen politische Hetze von rechts

Deutsch lernen mit Arbeit zu verbinden, hält Khanaqa-Kükelhahn für sinnvoll. Zumal der Gastro-Bereich händeringend Personal sucht. „Wir müssen Menschen mit Fluchterfahrung da einsetzen, wo sie gebraucht werden.“ Gleiches gelte für die Pflege und andere Bereiche. „Viele Kompetenzen können nicht ausgeschöpft werden, weil die Sprache fehlt.“

Wenn Migration dagegen gelingt, so ihre Hoffnung, könnte das auch der politischen Stimmung gegenüber Geflüchteten entgegenwirken. Die Mitarbeitenden bekommen nach der Zeit ein Zertifikat, mit dem sie sich bei anderen Ar­beit­ge­be­r*in­nen vorstellen können.

Der Betriebsrat des Theaters ist begeistert. Mitarbeitende hätten sich jahrelang immer wieder über die Kantine beschwert, erzählt eine Betriebsrätin. Das Thema gehörte somit zum Kerngeschäft. „Jetzt sind wir wahnsinnig glücklich. Neben gutem Essen gibt es hier auch noch herzliche Worte.“ Für Mitarbeitende, aber eben auch für die Öffentlichkeit.

Die erste Praktikantin ist schon da. Sie heißt Homa Vakhshineh, kommt aus dem Iran, und will hier lernen: „Die Sprache und kochen und alles.“ Khanaqa-Kükelhahn sagt, dass die nächsten nach und nach kommen sollen, bis es Ende des Jahres vier bis sechs sind. Eine Warteliste gibt es bereits.

Für Robert Schadeweg, den festangestellten deutschen Koch, kam der Job ebenfalls wie gerufen. Er hat jahrelang für Kinder gekocht, was auch „frustrierend“ sein kann, wie er sagt. Das Angebot war für ihn der Auslöser, den alten Job an den Nagel zu hängen. „Hier finde ich meine Kreativität wieder.“

Neben ihm kocht am Montag Ex-Werder-Stürmer Nelson Valdez. Es gibt traditionelle Sopa Paraguaya, vergleichbar mit einer Art Kartoffelauflauf oder Tortilla. Valdez kam selbst mit 17 ganz allein von Paraguay nach Deutschland. „Er ist ein super Vorbild“, sagt Khanaqa-Kükelhahn. Valdez betreibt mit seiner Stiftung eine Suppenküche in seinem Heimatdorf, will dort jetzt auch eine Schule bauen.

Die Kantine ist im Keller des Theaters versteckt; wer hierhin kommt, muss vorher von ihr gehört haben. „Es spricht sich rum“, sagt Geschäftsführerin Markus. Durch Kontakte erfahren auch die umliegenden Behörden davon, die Kunsthalle, andere Läden. „Der perfekte Weg durchs Haus wird noch gesucht.“ Derzeit muss man zum Pförtner gehen und dann den Schildern folgen.

Der Oktober ist südamerikanisch inspiriert

Wer den Weg findet, bekommt neben den Kleinigkeiten auch Hauptgerichte, immer vegetarisch und vegan, selten mit Fleisch. Die Hauptgerichte wechseln, in jedem Monat soll eine andere Kultur Inspiration geben. Aktuell ist südamerikanischer Monat, davor war arabischer.

Projektkoordinator Rami Abou Asse erklärt, dass man damit verschiedene Menschen ansprechen will – auch im Theater selbst sind viele Kulturen vertreten. Mehr Verständigung untereinander ist das Ziel. „Wer ist nicht neugierig auf gutes Essen?“ Es gibt aber auch „normales Essen“, sagt Khanaqa-Kükelhahn. „Auflauf, Nudeln, Currywurst.“

Die Küche ist für die Gäste durch Glasscheiben einsehbar. 6,30 Euro kostet ein Hauptgericht, eine kleine belegte German Stulle 2,20 Euro. Gewinne machen will hier niemand, erlaubt wäre das wegen der Fördermittel, die das Bürgerzentrum organisiert hat, sowieso nicht. Die Einnahmen müssen die festen Stellen decken, für die Prak­ti­kan­t*in­nen zahlt das Jobcenter. Die Räume kosten nichts. Und das Theater hat Rami Abou Asse als Projektkoordinator selbst angestellt.

Er organisiert unter anderem das kulturelle Rahmenprogramm: Koch- oder Tanzkurse, Spieleabende, die Auslegung von Büchern von Schriftsteller*in­nen passend zum kulinarischen Monat.

Auch das Café Global, im Bürgerzentrum Neue Vahr bereits etabliert, soll hier gastieren. Es vermittelt Kontakte zwischen Geflüchteten und Ehrenamtlichen.

Tango-Schnupperkurs: 24. Oktober, 18 bis 20 Uhr

Salsa-Schnupperkurs: 27. Oktober, 19 bis 22 Uhr

Anmeldungen unter kantine@theaterbremen.de

Café Global: 7. November

Reguläre Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8.30 bis 20 Uhr, Samstag 10 bis 13 und 17 bis 20 Uhr, Sonntag 17 bis 20 Uhr

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2 Kommentare

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  • Schön, dass es in diesen Zeiten auch noch solche Neuigkeiten gibt. Dennoch schade, dass Bürger oft mehr Engagement und Plan zu haben scheinen als die, die uns regieren

  • sehr schön!