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Apartheid-Film „The Forgiven“Ungerechtigkeiten wieder ausreißen

Roland Joffés Film „The Forgiven“ ist prominent besetzt. Er reduziert die Apartheid in Südafrika auf den Konflikt zweier Männer als Kammerspiel.

Will Versöhnung: der südafrikanische Bischof Desmond Tutu (Forest Whitaker) Foto: Eurovideo

Er nennt ihn „boy“ und Schlimmeres. Seine Verachtung legt der Weiße in Gefängniskleidung schon in die Anrede des älteren Schwarzen im Talar. Doch dieser korrigiert ihn: „Das heißt ‚Vater‘“, sagt er sanft, „so viel Zeit sollte sein“.

Der anglikanische Bischof, Menschenrechtler und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu wurde 1996 zum Vorsitzenden der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission TRC (Truth and Reconciliation Commission) ernannt. Denn mit dem offiziellen Ende der Apartheid waren weder der Hass zwischen schwarzer und weißer Bevölkerung noch das Leid und die durch tausendfache Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgelösten Traumata beendet.

Die TRC sollte, anders als Gerichtsverhandlungen, in denen Strafen ausgesprochen wurden, Tätern und Opfern einen Dialog ermöglichen.

Regisseur Roland Joffé verweist somit bereits im Filmtitel auf die Arbeit der TRC: Es geht um Reue auf der einen und um Vergebung auf der anderen Seite. „The Forgiven“ folgt Tutus (Forest Whitaker) Bemühungen, Feindschaften zu beenden. „Es ist einfacher, die ganze Welt zu hassen als sich selbst“ sagt er verständnisvoll zu dem wegen Mordes und Mitgliedschaft in der rechtsextremen Burenbewegung „AWB“ verurteilten Piet Blomfeld (Eric Bana) bei einem Besuch im Hochsicherheitsgefängnis Pollsmoor.

Die DVD

„The Forgiven“. Regie: Roland Joffé. Mit Forest Whitaker, Eric Bana u. a. Großbritannien 2017, 115 Min.

Bischof mit gutmütigem Gesicht

Diese Besuche bilden die Rahmenhandlung: Tutu möchte von Blomfeld Informationen über vermisste Opfer, um deren Familien Gewissheit zu verschaffen.

„The Forgiven“ wird in weiten Teilen zum Kammerspiel. Verächtlich und unzugänglich agiert Blomfeld gegenüber dem weißhaarigen Bischof mit dem gutmütigen Gesicht. Zunächst scheint Blomfeld jeglicher Gedanke an Reue fern: „Es geht eben um fressen oder gefressen werden“, zitiert der eloquente Redner feixend Darwin, „entweder man hat einen dicken Bauch – oder man ist in dem dicken Bauch.“

Doch weil Joffé seinen Film nach einem mit Michael Ashton verfassten Drehbuch passend zum Protagonisten an der Idee der Versöhnung ausrichtet, nimmt er Blomfelds Hass und seinen Glauben an die „white supremacy“ nicht als gegeben hin, sondern erklärt ihn.

Und zeigt damit die Hoffnung auf einen Ausweg: In Rückblenden deutet er Erlebnisse an, die Blomfeld als Kind erschütterten, ihn vom unschuldigen weißen Jungen ohne Hautfarbenbewusstsein zum rassistischen Monster machten. Wenn Ungerechtigkeiten gepflanzt werden, sagt die Logik des Films, kann man sie auch wieder herausreißen.

In der Religion begründete Menschenliebe

Blomfeld, dessen Figur aus mehreren realen Vorbildern besteht, ist dabei interessanter: Tutus in der Religion begründete Menschenliebe bleibt verlässlich gleich, doch Blomfeld entwickelt sich – als ein schwarzer Mitinsasse von einer schwarzen Gefängnisgang brutal drangsaliert wird, reagiert Blomfeld ambivalent. Bana spielt die aufkeimende Erkenntnis subtil und stark, Whitaker als Tutu ist ein ebenbürtiger Gegenpart.

Trotzdem wirkt der 2017 auf Grundlage eines Theaterstücks entstandene Film allein durch die Themenfülle zuweilen ungenau: Joffé bekommt die mannigfaltigen Aspekte – Kolonialisierung, jahrhundertelange Unterdrückung mit unzähligen Opfern, lodernder Hass, Zweifel – nicht komplett in den Griff. Denn im Gegensatz zu rein fiktio­nalen Narrativen steht hier die Realität Pate: Tutu und die TRC existieren; genauso wie Rechtsextreme mit AWB-Tattoo.

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Trailer „The Forgiven“

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Die Frage bleibt, ob die Konzentration auf die Spannung zwischen dem fiktiven Blomfeld und dem realen Tutu legitim ist. Oder ob sich die Monstrosität der Ereignisse der Formatierung in eine Filmhandlung entzieht: Nach dem Film hat man lediglich einen Bruchteil der Apartheidsgeschichte erfahren. Das reicht nicht.

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