Antisemitismusdebatte an Hochschule: Erst denken, dann handeln

Die Berliner Beuth-Hochschule für Technik will den Antisemitismus ihres Namensgebers aufarbeiten. Eine Umbenennung gibt es vorerst nicht.

Menschen sitzen in einem Hörsaal

Möglichst alle mitnehmen: Die Hochschule will sich in der Umbenennungsdebatte Zeit geben Foto: Unsplash / Mikael Kristenson

BERLIN taz | Eingewickelt in rot-weißes Absperrband zog der vordere Teil des Betonschriftzugs „Beuth Hochschule für Technik“ vergangene Woche Aufmerksamkeit auf sich. Die Autonome Linke Liste (ALL) der Hochschule setzte mit der Aktion ein klares Zeichen im öffentlichen Raum: Wir wollen Beuth nicht.

Seit über einem Jahr setzt sich die ehemals Technische Fachhochschule im Wedding mit dem ausgeprägten Antisemitismus ihres Namensgebers ausein­ander. Dieses Jahr haben nun neue Forschungsergebnisse bestätigt, wie extrem Christian Peter Beuths Judenhass bereits im Kontext seiner Zeit war.

In einer Informationsveranstaltung Ende Juni verdeutlichte Rassismusforscher Achim Bühl die erschreckende Haltung Beuths anhand von Reden bei der Deutschen Tischgesellschaft. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion schienen sich die HochschulvertreterInnen einig, dass die Hochschule den Namen mit dem Wissen um Beuths Gesinnung nicht weiter tragen könne.

Doch mit einer schnellen Umsetzung tut sich die staatliche Einrichtung mit mehr als 12.000 Studierenden schwer. Man wünsche sich einen „ergebnisoffenen Diskurs“ – eine Position, die nicht nur das Präsidium vertritt, sondern auch vom AStA in einer aktuellen Stellungnahme mitgetragen wird.

„Wir sprechen uns dafür aus, einen ergebnisoffenen Diskurs mit allen Mitgliedern der Hochschule zu führen, in dem auch die Option einer Namensänderung berücksichtigt wird“, sagte Malte Arms, Vorsitzender des AStA, gegenüber der taz. Auf Antrag der ALL habe man außerdem beschlossen, „da, wo es möglich ist, auf den Namen Beuth im öffentlichkeitswirksamen Bereich zu verzichten“. Auf Facebook und der Website des Studierendenausschusses ist die Umbenennung bereits passiert, hier steht nur noch „AStA BHT“. Seitens des AStA wünsche man sich, dass die Hochschule dem Beispiel folge und eine Umbenennung ernsthaft in Betracht ziehe.

Malte Arms, AStA

„Wir wollen einen ergebnisoffenen Diskurs mit allen“

Lagerbildung vermeiden

Die Debatte über eine mögliche Namensänderung geht auf Hochschulebene langsam vor­an. Präsidentin Monika Gross wünscht sich für den eingeleiteten Diskurs, dass alle Hochschulmitglieder in einem „gemeinschaftlichen Prozess“ mitgenommen würden.

Der Vizepräsident der Hochschule, Hans Gerber, sagte der taz, die Hochschule wolle „nicht im ersten Reflex handeln“. Man wolle sich Zeit für eine inklusive Debatte nehmen, um zu demonstrieren, wie in der Sache ein qualitativer und rationaler Diskurs geführt werden kann. Eine polarisierte Debatte und Lagerbildung, die einen Riss durch die Hochschule ziehen könnte, solle vermieden werden. „Wir wollen nicht nur mit Emotionen und Meinungen diskutieren, sondern auch einordnen lernen“, so Gerber.

Basisdemokratisches Vorgehen entspricht den Leitlinien der Hochschule. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob im Kontext des krassen Antisemitismus ihres Namensgebers ein sofortiges Signal durch das zeitnahe Ablegen des Namens nicht notwendiger wäre.

Nachdem die neuesten Erkenntnisse über Beuths Judenfeindlichkeit an die Öffentlichkeit gelangt waren, hatte die Geburtsstadt des Ministerialbeamten schnellere Konsequenzen gezogen: In Kleve hängte Bürgermeisterin Sonja Northing noch Ende Juni eine Ehrenplakette Beuths ab – und erntete dafür Kritik von Ratsvertretern der Christdemokraten und der Grünen, die sich durch die Ad-hoc-Aktion bloßgestellt fühlten.

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