Antisemitischer Shitstorm auf Facebook: Opfer statt Täter gesperrt
Hamburger Mitglieder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft wurden Opfer eines antisemitischen Shitstorms. Facebook half zunächst nicht – im Gegenteil.
Der Verschwörungstheoretiker Atilla Hildmann wurde auf die Veranstaltungsreihe aufmerksam und griff die Initiator:innen in seinem Telegram-Kanal antisemitisch an. Dabei leugnete er die Schoah, bezeichnete die Emanzipatorische Linke als „Juden-Jugend“ und behauptete, das verdeckte Ziel der Coronapandemie sei die Errichtung einer jüdischen Weltdiktatur. Er verlinkte die Seiten der Initiator:innen und der Emanzipatorischen Linken und rief zu einem „Blitzkrieg gegen diese Untermenschen“ auf. Hildmanns Hetze führte zu einem Shitstorm seiner Follower:innen auf den verlinkten Seiten.
Überraschenderweise sperrte Facebook dann nicht Hildmanns Seite, sondern die der „Emanzipatorischen Linken.Shalom Hamburg“ sowie die Seiten der vom Shitstorm betroffenen Initiator:innen. Darunter waren Sarah Rambatz und Alexander Will. Rambatz war 2017 in Hamburg durch radikal antideutsche Äußerungen aufgefallen und im Zuge dessen von ihrem Listenplatz für die Bundestagswahl bei der Linken zurückgetreten.
Facebook nannte zunächst keine Gründe für die Sperrungen. Rasch mobilisierten die Betroffenen online Proteste dagegen. Vier Tage später waren die Seiten wieder zugänglich. Für Facebook-Verhältnisse ist das zügig. Facebook räumte den Betroffenen gegenüber Fehler ein. Das Netzwerk wolle zukünftig Vorkehrungen treffen, dass ein derartiger Vorfall sich nicht wiederhole.
Die Emanzipatorische Linke ging davon aus, dass der Facebook-Algorithmus „einknickte“, nachdem die Seiten vom Shitstorm der zahlreichen Anhängern Hildmanns aufgesucht wurden. Der taz sagte Facebook, dass es an einem False-Positive-Fehler gelegen habe: Der Algorithmus der Plattform habe aufgrund von Schlagworten in der Veranstaltungsbeschreibung diese als verschwörungstheoretischen Inhalt eingeordnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos