#Antifa-Solidarisierung nach Trump-Tweet: Brav die Zunge rausgestreckt
Nachdem Donald Trump „die Antifa“ als Terrororganisation einstufen will, bezeichnen sich viele Menschen in sozialen Medien als Antifa.
Allein die Androhung, eine Bewegung als terroristisch einzustufen, kann ernste Folgen haben. Besondere staatliche Repression, dazu en passant legitimierte Übergriffe durch bewaffnete Rechte werden befürchtet. In der Folge einer Attacke gegen die Antifa durch den US-Präsidenten ging also ein Ruck durchs deutsche Twitter.
Nach dem Muster „Soundsoviel Jahre alt und Antifa. Selbstverständlich“ wird Solidarität gezeigt. Die Bilder, die uns vom früheren antifaschistischen Alliierten erreichen, wirken ja tatsächlich so, als ob der autoritäre Umbau dort entsprechende Statements sogar aus Deutschland rechtfertigen könnte. Wenn das der Führer wüsste...
Nun ist es so erbaulich wie auch billig, sich über die historische Ironie zu amüsieren. Dabei gibt es schon ohne Blick in den Rückspiegel genug zu lachen. So springt auch SPD-Chefin Saskia Esken der Bewegung bei – „58 und Antifa. Selbstverständlich.“ –, wie die Partei selber – „157 und Antifa. Selbstverständlich.“ Könnte man so stehen lassen und darüber hinwegsehen, dass die Sozialdemokratie in ihrer langen Geschichte gelegentlich mit etwas mehr Nachdruck antifaschistisch hätte agieren können. Egal, man ist nie zu alt, um dazuzulernen. Wenn man’s tut.
Denn auch wenn Esken sich alle Mühe gibt, „das Reframing der Neuen Rechten“ der Antifa als politische Extremisten und Gewalttäter zurückzuweisen, kann sie nicht anders, als sich genau diesem Framing zu unterwerfen. Sie hält es für nötig, sich von der Besetzung des Begriffes „Antifa“ durch „Gewalttaten ‚linker‘ Randgruppen, die wie jede Gewalttat verwerflich sind und strafrechtlich verfolgt gehören“ abzugrenzen.
Braucht es diese Schönwetter-Antifa tatsächlich? Jene, die bei der erstbesten Gelegenheit maximale Distanz sucht zu denen, die zum Beispiel bereit sind, sich körperlich zwischen den Faschismus und seine prospektiven Opfer zu stellen? Wie viel der Antifa-Hashtag wert ist, werden wir sehen, wenn wieder Antifagruppen in Deutschland kriminalisiert werden oder wenn es darum geht, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes die Gemeinnützigkeit zu bewahren. Antifa ist eben ein bisschen mehr, als Trump aus sicherer Entfernung die Zunge rauszustrecken. Antifa ist Handarbeit. Und wem das legitimerweise nicht liegt, für den und die sollte Antifa mindestens die uneingeschränkte Solidarität mit antifaschistischem Handeln sein.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder