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Anti-Roma-Hetzer nur suspendiertAb in die Ecke, Genosse!

Martin Korol verliert nach seinen romafeindlichen Äußerungen für zwei Jahre alle Mitgliedsrechte. Einen „schweren Schaden“, so die Partei, habe er aber nicht angerichtet.

Darf in zwei Jahren wieder Sozi sein: Martin Korol. Bild: Archiv

BREMEN taz | Martin Korol wird trotz seiner antiziganistischen und frauenfeindlichen Äußerungen nicht aus der SPD ausgeschlossen. Das entschied jetzt die Landesschiedskommission der Partei. Allerdings ruhen seine Rechte als SPD-Mitglied für zwei Jahre – bis zum März 2015.

Als fraktionsloser Sozialdemokrat sitzt er weiterhin in der Bremischen Bürgerschaft. Dorthin war der 68-Jährige erst im Februar als Abgeordneter nachgerückt. Die SPD-Fraktion hat ihn zwar im April einstimmig ausgeschlossen. Ein „schwerer Schaden“ an der SPD könne jedoch nicht festgestellt werden, entschied das zuständige Parteigremium nun.

Auf seiner Website hatte der pensionierte Deutsch und Geschichtslehrer Korol den Sinti und Roma pauschal vorgeworfen, „sozial und intellektuell“ noch „im Mittelalter“ zu leben, in einer „uralten patriarchalischen Gesellschaft“, in der Männer „keine Hemmungen“ hätten, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken, ihren Frauen die Zähne auszuschlagen und sich selber Stahlzähne zu gönnen“. Viele der jungen Männer, so Korol, „schmelzen sich mit Klebstoffdünsten das Gehirn weg“.

Ohnehin kämen die Sinti und Roma „nicht aus politischen Gründen nach Bremen“, sondern um hier „warm und trocken zu leben“. An anderer Stelle beschrieb er die über 60-jährigen Männer als „letzte Vertreter eines untergehendes Herrschergeschlechtes“. Er kritisierte die fast „uferlose Alimentation feministischer Initiativen“, wetterte gegen „nahezu durchgängig fragwürdige“ Förderprogramme für MigrantInnen, gegen die „Selbstverwirklichung der Frau“, den „Massenmord der Abtreibungen“. Einer Politikerin der Piratenpartei hielt er „Tittenbonus qua Quote“ vor. Und ParlamentarierIn sollte nur werden dürfen, wer einen deutschen Schulabschluss hat.

All das war zumeist schon im vergangenen Jahr auf seiner Website martinkorol.de nachzulesen – und erregte erst dann öffentliche Aufmerksamkeit, als Korol in den Landtag einzog. Daraufhin nahm er seinen Blog vom Netz, sprach von „Missverständnissen“ und „unglücklicher“ Wortwahl. Später bezichtigte Korol sich „marottenhafter und bizarrer Privatansichten“ und teilweise „idiotischer“ Forderungen. Zugleich berief er sich auf die freie Meinungsäußerung und wehrte sich gegen den Vorwurf, ein Rassist zu sein.

Korol habe „erheblich“ gegen die Grundsätze der SPD verstoßen, schreibt die Landesschiedskommission, durch sein Verhalten habe die Partei „politischen Schaden“ erlitten. Es sei der Eindruck entstanden, Korols Thesen würden zumindest in Teilen auch von der SPD vertreten. Ein dauerhafter Parteiausschluss sei gleichwohl nicht gerechtfertigt: „Dafür müsste ein nachhaltiger Schadensverlauf über einen längeren Zeitraum vorliegen.“ Solange Korol kein Abgeordneter war, habe aber „offenbar niemand“ seine Äußerungen „bemerkt, geschweige denn öffentlich kommentiert“, so die Schiedskommission.

Zwar hat sich SPD-Landeschef Andreas Bovenschulte umgehend von Korols Worten distanziert – aber erst nachdem er von den Medien darauf angesprochen worden war. Bovenschulte reagierte gestern zurückhaltend: Er nehme die Entscheidung der Kommission „zur Kenntnis“. Die Parteispitze, die auf Korols Ausschluss aus der SPD gedrängt hatte, fühle sich in ihrer Position „weitgehend bestätigt“. Ob sie Widerspruch vor der Bundesschiedskommission der SPD einlegen wird, ist noch unklar. Die JungsozialistInnen nannten Korol gestern „anti-sozialdemokratisch“: Er habe rechtspopulistische Parolen gesellschaftsfähig gemacht, also wäre es „angemessen“ gewesen, ihn aus der SPD auszuschließen, so die Jusos. Die Schiedskommission sei „eine konsequente Entscheidung“ schuldig geblieben.

Auch Korol, der schon seit 1969 in der SPD ist, kann den Parteibeschluss noch anfechten. Er muss nun weiter seine Beiträge zahlen, aber zugleich seine diversen Parteifunktionen, etwa im Vorstand seines Findorffer Ortsvereins oder bei der „Arbeitsgemeinschaft 60 plus“ ruhen lassen. Er nannte die gegen ihn verhängte Maßnahme „pädagogisch und politisch verfehlt“.

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8 Kommentare

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  • AA
    Anita Afitna

    @ blueeyedevil

     

    Genau, und Herr Korol hat sich ja auch „nicht wertend“ geäußert, sondern lediglich „Fakten“ benannt, nicht war?

     

    Sie, blueeyedevil, spucken mit Ihren Äußerungen den Sinti und Roma mitten ins Gesicht – so wie Herr Korol das auch tut. Ganz schön ekelhaft.

     

    Tatsächlich werde ich nicht nach Frankfurt oder München oder sonstwohin fahren. Da ich Sinti und Roma in meinem Bekannten- sowie Roma in meinem Familienkreis habe, weiss ich auch so zur Genüge, dass Herrn Korols „Thesen“ zu den Sinti und Roma und Ihr diesbezüglicher „belegender Erfahrungsbericht“ rassistische Hetze sind.

     

    Aber auch unabhängig von persönlichen Beziehungen, die ich habe, denke ich: Wie man allein die Dreistigkeit an den Tag legen kann, jegliche Diskriminierung und rassistische Verfolgung von Sinti und Roma in Europa stumpf zu leugnen – das spricht schon eine überdeutliche Sprache.

     

    Ich empfehle Ihnen zum Einstieg in das Thema:

     

    http://www.taz.de/!40740/

  • B
    blueeyedevil

    @Anita Afitna

     

    ich habe mich nicht wertend geäussert sondern lediglich darauf hingewiesen wo sie sich mal selbst überzeugen können.

     

    Ich empfehle Ihnen auch einmal diese Strassen zu besuchen und sich mit Ladenbesitzern, Gewerbetreibenden Anwohnern etc zu unterhalten.

     

    Und die Bulgaren und Rumänen die ich kenne distanzieren sich massiv von den Sinti und Roma. Sie wollen nicht mit diesen in einen Topf geworfen werden bzw nicht ständig über kriminelle Rumänen/Bulgaren lesen.

     

    Eine Medaille hat immer 2 Seiten!!!

  • K
    Klaus

    Nun hat die SPD wirklich einen Bürgerschaftsabgeordneten, der zwar SPD Mitglied ist, aber nicht der SPD Fraktion angehört. Dr. Korol wird jetzt nicht mehr rechtzeitig von der SPD darüber informiert, wie er abstimmen soll. Der arme Kerl muss jetzt, wie es in der der Verfassung steht, seinem Gewissen folgen und persönlich im Plenarsaal sitzen und den Rednern tatsächlich zuhören. Wer schon einmal als Besucher in der Bürgerschaft war, der kennt die leeren Sitze, die Zeitungsleser und die Abgeordneten, die sich gerade unterhalten. Ist das nicht auch eine harte Strafe für einen unterbezahlten armen Abgeordneten?

  • MK
    Martin Korol

    Ein höchst informativer, sachlicher und humorvoller Artikel, in dem ich mich wiederfinde. Auch das Foto passt. Was will man mehr?! Dankeschön dafür, Herr Zier.

  • AA
    Anita Afitna

    @ blueeyedevil und Co.

     

    Ja ne, is klar – Sie können also wenn Sie durch eine Straße in Frankfurt oder München schlendern zielsicher unterscheiden, wer Sinti oder Roma ist und wer nicht.

     

    Geradezu phänomenal. Und wahrscheinlich können Sie auch Wasser in Wein verwandeln und übers Wasser laufen? Jedenfalls schwer beeindruckend …

     

    Natürlich haben Sie mit Rassismus nichts am Hut und die Geschichten, die Sie und andere hier über vermeintliche Sinti oder Roma erzählen, sind überhaupt nicht frei erfunden, um andere rassistisch aufzuhetzen?

     

    Na wer´s glaubt?

     

    Ich jedenfalls nicht.

  • HL
    Herr Lehmann

    Schade, dass man da nicht durchgreift und den Herren aus der Partei wirft. Ein schlechtes Zeichen. Und die Sympathisanten merken gar nichts mehr. Solche Pauschalurteile gut zu heißen, ist wirklich peinlich. Dann kann man auch sagen: die deutschen Männer schlagen ihre Kinder und saufen. Macht ja nichts, wenn man pauschalisiert.

  • G
    Gaardener

    Die Beobachtungen des Herren decken sich mit meinen.In unserem Viertel ist es mittlerweile ein Riesenproblem.Da werden Minderjährige anschaffen oder klauen geschickt.Die zur Verfügung gestellten Häuser wurden unbewohnbar gemacht.Deren Kinder mobben und bestehlen andere Kinder auf den Spielplätzen.Wir sind ein Stadtteil mit sehr hohen Migrantenanteil und wir leben alle friedlich miteinander.Aber in den letzen 2 Jahren wurden wir hier mit Romas überschwemmt und keine Sau kümmert sich um deren Umtriebe.Die können machen was sie wollen.Wir fühlen uns hier verdammt im Stich gelassen und man sieht ja was bei rum kommt wenn man den Mund aufmacht.Ein harmonisches Zusammenleben kann nur funktionieren wenn alle Rücksicht aufeinander nehmen,aber wenn eine bestimmte Gruppe sich permanent asozial benimmt dann kann man nicht ewig erwarten das man sie als Nachbarn akzeptiert.Es muss diesbezüglich von politischer Seite ganz dringent etwas passieren.

  • B
    blueeyedevil

    Wenn sich jemand darüber aufregt und dies als Unwahrheit darstellt dem empfehle ich mal einen besuch in der Taunusstrasse in Frankfurt oder der Goethestrasse in München.

    Lediglich Klebstoff schnüffelnde junge Männer habe ich noch nie gesehen, alle weiteren Details kann ich auf jeden Fall für Frankfurt bestätigen.

    Ein sehr junges Mädchen hat mich vor einiger Zeit in der Kaiserstrasse angesprochen. Als ich sie fragte warum ihr die Schneidezähne fehlen und noch darauf zeigte sagte sie mir "wenn nicht arbeiten, Papa böse". Die lieben Taz Leser in den besseren Vierteln mit Privatschule für die Sprösslinge und dem SPD oder "Grünen" Parteibuch werden schwer schockiert sein!