Anti-Rassismus-Proteste in Seattle: Polizei räumt „polizeifreie Zone“

Aktivist*innen hatten wochenlang Straßenzüge Seattles besetzt und die Polizei verdrängt. Jetzt wurde das Viertel gewaltsam geräumt.

Zwei Arbeiter demontieren eine große Abbildung einer schwarzen Faust.

Entfernen Überbleibsel der besetzten autonomen Zone: Seattles Stadtteil Capitol Hill Foto: Elaine Thompson/ap/dpa

WASHINGTON taz | Polizist*innen haben am Mittwoch auf Beschluss der Bürgermeisterin der US-Metropole Seattle, Jenny Durkhan, die von Aktivisten*innen ins Leben gerufene „autonome Zone“ nahe des Stadtzentrums gewaltsam geräumt. Grund für die Räumung waren zwei tödliche Schießereien sowie weitere Gewalttaten.

Knapp drei Wochen lang hatten mehrere hundert Menschen die Straßenzüge des Stadtteils Capitol Hill besetzt und eine polizei- und behördenfreie Zone ausgerufen.

Zuvor hatten auch in Seattle nach dem Tod George Floyds Tausende gegen Rassismus und Polizeigewalt protestiert. Nach tagelangen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Protestierenden, räumte die Polizei schließlich ihr Revier in Capitol Hill. Die Aktivist*innen bauten im Viertel Zeltlager auf und organisierten Kundgebungen und Konzerte. Doch in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni fielen Schüsse, zwei Menschen starben.

Bürgermeisterin ­Durkhan hatte die Räumung schon vor einer Woche angekündigt. Ausgestattet mit schusssicheren Westen, Schutzhelmen und Schlagstöcken, begannen Polizisten*innen, die Aktivist*innen aus der besetzten Zone zu vertreiben. Die Polizeibeamt*innen rissen dabei provisorisch errichtete Zäune sowie ein Zeltlager in einem angrenzenden Park nieder.

Graffiti und Müll in der „autonomen Zone“

Viele der Demonstrierenden in der von ihnen „CHOP“ (Capitol Hill Organized Protest) oder auch „CHAZ“ (Capitol Hill Autonomous Zone) genannten Zone, hatten bereits vor dem Polizeieinsatz am frühen Mittwochmorgen das Gelände freiwillig geräumt. Die, die noch vor Ort waren, protestierten friedlich gegen die Räumung. Wie die Polizei mitteilte, wurden trotzdem mehr als drei Dutzend von ihnen verhaftet.

„Unsere Arbeit ist es, friedliche Demonstrationen zu unterstützen“, sagte Seattles Polizeichefin Carmen Best. „Aber was sich in den vergangen zwei Wochen auf diesen Straßen zugetragen hat, ist gesetzlos und barbarisch und ganz einfach nicht akzeptabel.“

Ein Foto der Räumungsaktion zeigt, wie ein Polizist ein Plakat entfernte, auf dem stand: „Wir werden nicht gehen, bis unsere Forderungen erfüllt sind. 1. Eine 50-prozentige Kürzung der Budgets für das Seattle Police Department. 2. Finanzielle Unterstützung für Schwarze Gemeinschaften. 3. Befreiung aller Demonstrant*innen“.

Nachdem die Polizei die Aktivist*innen aus dem Gebiet vertrieben hatte, wurden große Baumaschinen eingesetzt, um Betonblöcke und Müll zu entfernen. „Die große Menge an Graffiti, Müll und Sachschäden schockierte mich“, sagte Best.

Zwei Tote und viele Verletzte

Bürgermeisterin Durkan erklärte auf einer Pressekonferenz, dass sie die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt weiterhin unterstütze. Die jüngsten Gewalttaten innerhalb der „autonomen Zone“ hätten ihr jedoch keine andere Wahl gelassen, als das Gebiet zu räumen.

„Zwei Teenager starben und viele weitere wurden während Schießereien in der Zone verletzt“, so Durkan. „Trotz unserer anhaltenden Versuche, die Situation zu deeskalieren und die Gemeinschaft zusammenzubringen, forderten uns diese Gewalttaten zum Agieren auf.“

Auch von außen wurde der Druck auf die Regierungen des US-Bundesstaates Washington und der Stadt größer. Präsident Donald Trump bezeichnete das zaghafte Vorgehen von Gouverneur Jay Inslee und der Stadtregierung gegenüber den Aktivist*innen als „desaströs“.

Eine Gruppe von Geschäftsleuten leitete zudem rechtliche Schritte gegen die Stadt ein. Die Geschäftsleute argumentieren, dass sie von Behörden alleingelassen wurden und es ihnen deshalb nicht möglich war, ihre Geschäfte zu führen.

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