Anti-Doping-Kämpferin Berendonk wird 80: Die Aufklärerin
Die einstige Leichtathletin und Anti-Doping-Pionierin Brigitte Berendonk feiert 80. Geburtstag. An den „sauberen Sport“ glaubt sie nach wie vor nicht.
![Berendonk beim Diskuswurf auf einer Sportanlage in München Berendonk beim Diskuswurf auf einer Sportanlage in München](https://taz.de/picture/5534261/14/imago0020574397h-1.jpeg)
Als eine der ersten Sportlerinnen überhaupt kritisierte im Jahr 1969 die damalige Diskuswerferin und Kugelstoßerin Brigitte Berendonk öffentlich den Dopingbetrug im Leistungssport. In der Wochenzeitung DIE ZEIT schrieb sie einen bemerkenswerten Artikel mit der Überschrift „Züchten wir Monstren? – Die hormonale Muskelmast“, in der Berendonk vor der schlimmen Anabolikaseuche und dem Ende des fördernswerten Leistungssports warnte.
Ein kritischer Geist und eine Mahnerin ist Berendonk, die am Montag ihren 80. Geburtstag feiert, bis heute geblieben. Angesichts der Dopingfälle im Weltsport bilanziert sie: „Einige erfolgsgierige Menschen im Sport sind nach wie vor auf dem falschen Weg.“ Mit Blick auf Sportgroßereignisse bedauert sie, „dass, so wie zu meiner Sportlerzeit, saubere Athleten gegen Betrüger antreten müssen“. Zahlreichen Funktionären aus dem Sport und der Politik wirft sie „Halbherzigkeit und Opportunismus“ vor. „Auch daran hat sich leider nur wenig geändert.“
Berendonk, im thüringischen Dankmarshausen nahe Eisenach geboren und aus einer Arztfamilie stammend, war 1958 über Westberlin in die Bundesrepublik geflüchtet. Zuvor war sie DDR-Meisterin in der B-Jugend im leichtathletischen Vierkampf geworden. Bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt 1968 hatte die Diskuswerferin Berendonk „die massiven, körperlichen Verwandlungen“ besonders ihrer Konkurrentinnen aus Osteuropa bemerkt. „Der nahezu wahnwitzige Muskelzuwachs einhergehend mit zunehmender Vermännlichung, erzeugt durch Anabolika, war unverkennbar.“
Doch selbst in Westdeutschland ignorierten die Sportfunktionäre und Politiker größtenteils die Mahnungen. Herausgefordert von den zahlreichen Erfolgen des Ostblocks wollte die Bundesrepublik Schritt halten. Für Brigitte Berendonk, die spätere Oberstudienrätin für Englisch und Sport am Hölderlin-Gymnasium in Heidelberg, sowie ihrem Mann, dem Molekularbiologen und Dopingaufklärer Werner Franke, war dies ein Unding. Sie trugen unzählige Fakten und Dokumente zum Dopingbetrug in der DDR, aber auch in der Bundesrepublik und der restlichen Welt zusammen.
Brisante Dokumente
Ihr wohl größter Coup war nach der Wiedervereinigung die Rettung von einst streng geheimen DDR-Doping-Dissertationen und Forschungsarbeiten aus dem Tresorraum der Militärmedizinischen Akademie im brandenburgischen Bad Saarow der in Auflösung befindlichen DDR-Volksarmee. Diese brisanten Dopingdokumente konnten sie gegen den Widerstand der Ex-NVA-Offiziere und der damals überall aktiven Reißwölfe für die Nachwelt sichern. Das 1991 erschienene Buch „Doping – von der Forschung zum Betrug“ der Autorin Berendonk in Zusammenarbeit mit ihrem Mann fand weltweite Beachtung. „Wer wissen will, was war, der kann es nachlesen“, sagt sie.
Gefreut hat sie sich darüber, dass sich einige Sportler für ihre Aufklärungsarbeit bedankt haben. Darunter die frühere DDR-Schwimmerin und Staffel-Europameisterin Karen König oder der mehrfache bundesdeutsche Diskus-Meister Alwin Wagner. Für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen Doping erhielt das Ehepaar Franke-Berendonk im Jahr 2004 das Bundesverdienstkreuz.
Mit Seniorensport, Wandern oder Gehen im Stadion, Dehn- und Muskelübungen sowie gesunder Ernährung halte sie sich fit. Den runden Geburtstag wird sie „mit der Familie in Thüringen in der Nähe von Jena verbringen“.
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