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Anti-Antifa im Kieler LandtagIm Windschatten von Trump

AfD-Politiker Claus Schaffer agitiert gegen die Antifa und bedient sich dabei einer Sprache, die der Verfassungsschutz Neonazis zuschreibt.

Hat das mit der Demokratie nicht ganz verstanden: AfD-Politiker Claus Schaffer Foto: dpa

Hamburg taz | Das Bekenntnis des stellvertretenden Landtagsfraktionsvorsitzenden der AfD in Schleswig-Holstein überrascht jetzt nicht: Via Twitter erklärte Claus Schaffer kurz und knapp „52 und Anti-#Antifa“ zu sein.

In seiner Partei dürfte die Ablehnung des Antifaschismus zur politischen Ausstattung gehören. Seitdem aber US-Präsident Donald Trump die Bewegung „BlackLivesMatter“ als antifaschistisch und die Aktivist*innen als „kranke, schlimme“ Menschen diffamierte, greifen viele diese Position auf.

In der Tageszeitung Die Welt etwa schrieb Henryk M. Broder diese Woche einen Kommentar mit dem Titel „Die ‚Antifa‘ ist eine Mogelpackung“ und argumentierte, dass der „Antifaschismus der Faschismus des 21. Jahrhundert“ sei und das „Fa“ eine „reine Chimäre“ wäre, die zu einer „Selbst­ermächtigung der Antifa“ diene, um „Autos abzufackeln, Polizeistationen zu überfallen“.

Dieser Logik folgt auch AfD-Mann Schaffer immer wieder. „Wo bleibt der Aufschrei“ gegen Linksextreme und Antifa? Das fragt er via Twitter regelmäßig. „Warum wird das Problem nicht benannt“, merkte er zuletzt nach dem umstrittenen Polizeieinsatz in Hamburg am vergangenen Samstag an und meinte den Protest gegen Polizeigewalt. Der frühere Kriminalhauptkommissar aus Lübeck erklärte zu seinem Anti-Antifa-Bekenntnis via Twitter aber auch gleich „Für #Demokraten selbstverständlich“ zu sein. Das Demokratiebekenntnis steht indes im Widerspruch zu seinem Anti-Antifa-Bekenntnis.

Als „Anti-Antifa“ im Parlamentarischen Kontrollgremium

Schaffer scheint vergessen zu haben, dass selbst das Bundesamt für Verfassungsschutz in seinem Online-Glossar den Begriff „Anti-Antifa“ alleine „Neonazis“ zuschreibt und ausführt, dass zu dieser Anfeindung das „Erfassen und Veröffentlichen von Daten politischer Gegner“ gehöre. Die Betroffen sollten „in der Regel“ verunsichert werden. Und „als Gegner werden dabei auch Angehörige der Sicherheitsbehörden angesehen“. In seiner Selbstdarstellung auf der AfD-Seite versichert Schaffer jedoch, sich für die „Stärkung der Polizei und Sicherheitsbehörden“ einzusetzen.

Wer sich selbst als Anti-Antifa versteht, muss sich fragen lassen, ob er oder sie Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium sein sollte. Schaffer ist es. Im Kieler Landtag ging er per Pressemitteilung gerade erst die polizeipolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Kathrin Bockey an. Bockey, selbst Polizistin, hatte eine Pflicht-Supervision für die Landespolizei zu Rassismus gefordert.

Zu viel für Schaffer, diese Forderung offenbare das „Misstrauen“ und die „Ablehnung“ der SPD gegenüber Polizei und Sicherheitsbehörden. Und ganz Anti-Antifa führt er weiter aus: „Die politische Linke führt einen Kampf gegen die Staatsgewalt und sieht in der aus den USA stammenden Rassismus-Debatte offenbar den geeigneten Zündfunken, um auch unsere Gesellschaft in Brand setzen zu können.“

Darf man diesen geistigen Brandstifter jetzt „Neonazi“ nennen?

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5 Kommentare

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  • "Dieser Logik folgt auch AfD-Mann Schaffer"

    Es ist ein gewaltiger Unterschied ob man die Antifa wie Broder für sich kritisiert oder wie AfD Schaffer da wieder ein bescheuertes Rechtsextremismus / Linksextremismus Vergleichsgedöns raus macht, um Rechtsextremismus zu relativieren.

  • Nachdem sich ein Polizeibeamter derart als rechtsextrem zu erkennen gibt, sollten dessen bisherige Tätigkeiten nachträglich überprüft und alle Beschwerden von Bürgern über Polizeiverhalten daraufhin überprüft werden, ob dieser Rechtsextreme in irgendeiner Weise damit befasst war.

  • RS
    Ria Sauter

    Die letzte Frage des Artikels erübrigt sich oder?



    Wer Mitglied in dieser braunen Grützepartei ist, outet sich als Nazi.



    Die anderen Braunen im übrigen Parteispektrum verstecken sich geschickt.

  • Ein Glück, daß der Kerl "ehemaliger Kommissar" ist.

    Im Landtag haben er und seine Partei nichts verloren, die Positionen der AFD passen nicht zu Schleswig-Holstein, wir sind traditionell ein weltoffenes, multikulturelles Land, allein schon wegen der Minderheiten und der Tatsache, daß Hunderttausende Schleswig-Holsteiner Flüchtlinge oder Nachfahren von Flüchtlingen sein dürften.

    Wir brauchen die geistigen Ergüsse dieser Naßforschen hier nicht, wir haben unsere Probleme schon immer selbst in den Griff gekriegt. Wir haben ein friedliches Zusammenleben zwischen Deutschen und Dänen hergestellt, das weltweit Vorbildcharakter hat. Wir sind auch schon mal mit einer Million Flüchtlingen fertig geworden. Ich glaube, daß wir hier keine Probleme mit ein paar Linken oder noch ein paar Flüchtlingen haben. Das kriegen wir schon hin. Glaube nicht, daß die AFD bei der nächsten Wahl hier viel reißen kann!

    • @kditd:

      Starker Kommentar. Danke für die klaren Worte!