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Anschlag auf IsraelisAngriff an der Grenze

Drei Israelis werden bei einem Anschlag an der jordanischen Grenze getötet. Jordanien steht nicht erst damit vor einigen Herausforderungen.

Israelische Polizisten stehen in der Nähe des tödlichen Schusswechsels an der Grenze zu Jordanien Wache Foto: ap, dpa

Amman taz | An einem Grenzübergang zwischen dem von Israel besetzten Westjordanland und Jordanien sind am Sonntag drei Israelis erschossen worden. Der Schütze wurde ebenfalls erschossen. Israelischen Medien zufolge handelt es sich bei dem Angreifer um Maher Dhiab Hussein al-Jazi, einen 39-jährigen Jordanier.

Der Grenzübergang Allenby Bridge, auch Karamah Crossing oder King Hussein Bridge genannt, wird streng überwacht. Reisende müssen dort drei verschiedene Checkpoints in einer Entfernung von einigen Kilometern überqueren.

Die jordanischen Behörden haben die Ermittlungen aufgenommen. Israel hat alle Grenzübergänge nach Jordanien geschlossen. Israel sei „umgeben von einer mörderischen Ideologie, die von Irans Achse des Bösen geführt wird“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach dem Angriff.

Israel und sein Nachbarland Jordanien unterhalten seit dem Friedensabkommen von 1994 diplomatische Beziehungen und kooperieren in zahlreichen Bereichen: Energie, Sicherheit, Handel. Obwohl die Töne der jordanischen Regierung nach Beginn des Kriegs in Gaza rauer geworden sind, half Jordanien Israel, den Luftangriff Irans im April abzuwehren. Das Land schoss überfliegende Raketen und Drohnen ab.

Dass der heutige Vorfall etwas an den israelisch-jordanischen Beziehungen ändern wird, glaubt der israelische Nahostexperte Elad Ben-Ahdut Cohen jedoch nicht. „Die jordanische Führung ist sehr verantwortungsbewusst und der israelische Ministerpräsident weiß um die Wichtigkeit einer guten Beziehung zum jordanischen Königreich.“

Jordanien gilt seit Jahren als friedliche Insel inmitten eines Feuerrings. Doch die Situation ist kompliziert. Schätzungen zufolge haben mehr als die Hälfte seiner Ein­woh­ne­r*in­nen palästinensische Wurzeln. Protestierende versuchten nach Beginn des Krieges, die israelische Botschaft zu stürmen. Massenverhaftungen folgten. Die Hamas hat traditionell keine große Gefolgschaft in Jordanien, das Büro der radikalislamischen Organisation in Amman ist seit 1999 geschlossen. Und doch befürworteten laut einer Umfrage des Center for Strategic Affairs an der Universität Jordanien vom Dezember 2023 66 Prozent der jordanischen Bevölkerung weitgehend den Angriff der Hamas.

Der Konflikt in Gaza radikalisiere die jordanischen Jugendlichen, beobachtet der Sicherheitsexperte des Arab Institute for Security Studies, Ayman Khalil. „Überhaupt ist die palästinensische Frage einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Radikalisierung geht.“

Die Lage an den Grenzen bereitet den Behörden ebenfalls Kopfschmerzen: Aus Syrien schmuggeln Banden seit Beginn des Gazakriegs verstärkt Drogen und Waffen. Im April machte die Nachricht von der irakischen, schiitischen Miliz Kataib Hisbollah die Runde: Sie wolle 12.000 Jordanier bewaffnen – zur Unterstützung der Palästinenser*innen.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • „Überhaupt ist die palästinensische Frage einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Radikalisierung geht.“ - trifft zu für Jordanien und den Rest der Welt. Wenn doch bloß mehr Menschen in Israel verstünden (und entsprechend wählten), dass mehr Sicherheit über einen politischen Friedensprozess errungen wird.

  • Wenn der Konflikt in Gaza die jordanischen Jugendlichen radikalisiert, dann sind die nächsten Konflikte mit Israel vorprogrammiert.

    • @Mouse:

      Jordanische Jugendliche haben zu 90 % einen palästinensischen Hintergrund. So hoch ist der Anteil der Bevölkerung mit palästinensischen Wurzeln.

      • @Marko Nadj:

        Jordanier ist Jordanier. Die Herkunft ist sekundär. Außerdem sind es keine 90%, sondern nur cs. 60% mit palästinensischen Wurzeln. Es sind trotzdem Jordaniet.

  • „Überhaupt ist die palästinensische Frage einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Radikalisierung geht.“

    Was wieder deutlich zeigt, daß die verbrecherische Ideologie Netanjahus, seiner Partei, und seiner noch extremeren Spießgesellen, Israel keine Sicherheit bringen kann. So lange Israel systematisch die Zukunft der Palästinenser zerstört werden die radikalen Gruppen Zulauf bekommen.

    • @HaMei:

      👍

    • @HaMei:

      Sie glauben doch nicht wirklich das es etwas mit israelischer Politik zu tun hat. Ob Linke oder Rechte in Israel and der Macht waren, hat ja wohl nie einen Unterschied gemacht, in der Feindschaft der Palästinenser den Israelis gegenüber. Es geht nicht um Politik in diesem Konflikt. Es geht um Religion. Die Palästinenser hassen Juden aus dem Koran heraus. Da ist es nicht mit Zukunftsaussichten oder anderem getan. Lesen sie den Koran, die absolute Instanz für Muslime und lesen sie sich die Suren über die Juden durch. Die gibt es dort wirklich! Und dann verstehen sie das es in der Gesamtheit nie zur Koexistenz kommen kann. In einzelnen Projekten vllt. Aber nie in der Gesamtheit.

      • @Marko Nadj:

        Seit über 20 Jahren gibt es keine israelische Regierung mehr, die den Friedensprozess aktiv verfolgt hätte, trotz der Sicherheitskooperation mit der PA, trotz der saudischen Friedensinitiative (volle diplomatische Normalisierung im Gegenzug für einen palästinensischen Staat). Jahrhunderte des meist friedlichen Mit- und Nebeneinanderlebens zwischen Juden und Muslimen sprechen nicht für Ihre religionsbezogene These, die mit "extrem simpel" noch sehr wohlwollend charakterisiert ist.

      • @Marko Nadj:

        Ist das schon Volksverhetzung?



        Ausgrenzende und feindliche Passagen gegenüber anderen Religionen finden sich nicht nur im Koran, sondern auch in der Bibel und Thora.



        Das würde mich trotzdem nicht zu solchen Aussagen hinreißen lassen.

        • @Timothee Güsten:

          Ob das Volksverhetzung ist? Kann durchaus sein. Und nur weil es in Koran, Bibel oder Thora vorkommt, ist es nicht weniger schlimm oder zu verharmlosen.

          Gerade deswegen ist ausschlaggebend, mit welchem Beispiel ein Religionsstifter voran ging, denn von diesem kann man ja erwarten, dass er sich den Prinzipien seiner Religion entsprechend verhält.

          Es ist nicht egal, ob er sagte: „Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen.“

          oder ob er Krieg führte, raubte, plünderte, brandschatzte, Andachtsstätten zerstörte, versklavte, Sklavinnen zum befriedigen seiner sexuellen Gelüste nutzte, Menschenhandel betrieb, Vergewaltigungen zuließ und absegnete, Meuchelmörder auf Kritiker ansetzte, ethnische Säuberungen bzw. Massaker und Genozid verübte; kurz nach heutigem Verständnis ein Verbrecher war.