Annäherung zwischen Japan und Vietnam: Bund der Klassenfeinde
Japan und Vietnam wollen überraschend militärisch kooperieren. Sie eint die Skepsis gegenüber der Weltmacht China.

D ie Voraussetzungen für eine japanisch-vietnamesische Allianz sind, gelinde ausgedrückt, ziemlich kompliziert: Da wäre etwa Tokios Vergangenheit als Kolonialmacht, die in der gesamten Region bis heute vorwiegend dunkle Erinnerungen wachruft. Doch auch in der Gegenwart vertreten die zwei Staaten unterschiedliche Ideologien: Auf der einen Seite das von der Kommunistischen Partei regierte Vietnam, auf der anderen Seite ein rechtskonservatives Japan.
Umso bemerkenswerter ist es daher, dass Japans neuer Premierminister Yoshihide Suga bei seiner ersten Auslandsreise in Hanoi eine Einigung mit dem Gastland initiiert hat, nach der Vietnam mit militärischer Ausrüstung und technologischem Wissen ausgestattet werden soll. Suga sprach von einem „großen Schritt im Bereich der Sicherheit für beide Länder“.
Denn natürlich eint Tokio und Hanoi die Skepsis gegenüber der Weltmacht China, die sich längst auch in zunehmender militärischer Macht und internationaler Einflussnahme ausdrückt. Sowohl Japan als auch Vietnam streiten – wie im Übrigen fast jede Nation in der gesamten Region – mit China um territoriale Besitzansprüche, allen voran im Südchinesischen Meer.
Japans Premier Suga hielt sich während seiner Auslandsreise mit schroffer Rhetorik zurück. Er sprach lediglich davon, dass es für alle betroffenen Länder wichtig sei, „sich nicht auf Gewalt oder Drohungen zu verlassen, sondern auf eine friedliche Lösung auf Grundlage des Völkerrechts hinzuarbeiten“. Sein Verteidigungsminister in Tokio hingegen kündigte gemeinsame Militärübungen mit der US-amerikanischen und australischen Marine rund um das Südchinesische Meer an.
Chinas Präsidenten Xi Jinping sind solche Verbrüderungen natürlich ein Dorn im Auge. Bislang jedoch blieb eine starke Reaktion aus Peking aus. Kein Wunder, denn die Volksrepublik muss sich derzeit bereits mit einer nicht enden wollenden Liste an Konflikten herumschlagen – angefangen beim Handelskrieg mit den USA, dem Grenzstreit mit Indien oder der internationalen Aufregung um die Machtausübung in Hongkong.
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