Angriff auf die Ukraine: Der Krieg hat nur Verlierer
Der Angriff Russlands gegen die Ukraine führt zu einem wirtschaftlichen Desaster. Das gilt auch für Nachbarstaaten, warnt die Weltbank.
Die Weltbank ist eine Sonderorganisation der UN. In einem Bericht über die ökonomischen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs hat sie die volkswirtschaftlichen Folgen für 21 Staaten in der Region untersucht. Zwar hängt die weitere Entwicklung vom Fortgang des Krieges ab, aber die Prognosen geben einen Eindruck über den enormen Schaden, den Russland bereits angerichtet hat.
Dem Bericht zufolge werden neben der Ukraine und Russland die Volkswirtschaften von Weißrussland, der Kirgisischen Republik, von Moldawien und von Tadschikistan in diesem Jahr voraussichtlich in eine Rezession fallen. Die Wachstumsprognosen der übrigen Länder haben die Ökonom:innen der Weltbank nach unten korrigiert. Das Bruttoinlandsprodukt mancher Staaten wie Bulgarien wird kaum noch wachsen. Bei ihren Prognosen gehen die Ökonom:innen davon aus, dass der Krieg noch einige Monate anhält, aber nicht von einer Eskalation. Sollte es dazu kommen, werden die Folgen noch dramatischer.
Für die Wirtschaft der Ukraine sind die russischen Angriffe verheerend. Weil große Teile der Infrastruktur zerstört wurden, ist in vielen Bereichen eine wirtschaftliche Aktivität nicht mehr möglich. Öffentliche und private Investitionen sind kollabiert, Millionen Menschen haben ihr Einkommen und ihre Existenzgrundlage verloren. Der Handel steht weitgehend still, Exporte über die Häfen im Schwarzen Meer sind nicht mehr möglich und die für das Land wichtige Landwirtschaft ist in großen Teilen zum Erliegen gekommen. Aufgrund der enormen Schäden geht die Weltbank davon aus, dass die ukrainische Wirtschaft über Jahre unter den Kriegsfolgen leiden wird.
Folgen der Sanktionen
Auch Aggressor Russland machen die wirtschaftlichen Folgen seines Angriffs zu schaffen. Hier zeigen sich die Folgen der umfangreichen Sanktionen vieler Staaten gegen Russland. Das Bruttoinlandsprodukt wird nach jetzigem Stand – also ohne ein Energieembargo – voraussichtlich um 11,2 Prozent einbrechen. Exporte außerhalb des Energiesektors werden stark sinken, erwartet die Weltbank. Finanzielle Transaktionen sind wegen der Swift- und Devisenbeschränkungen kaum noch möglich. Die Ökonom:innen gehen von einer hohen Inflation aus sowie von einer Kreditklemme und einem erhöhten Risiko von Bankpleiten.
Der Krieg beeinträchtigt die Nahrungsmittelversorgung in der Region. In Zentralasien entfallen 40 Prozent der Weizenimporte auf die Ukraine und Russland. Etliche Länder sind direkt von einem Einbruch der russischen Wirtschaft betroffen. In einigen zentralasiatischen Volkswirtschaften machen Überweisungen von in Russland arbeitenden Angehörigen 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, etwa in der Kirgisischen Republik oder Tadschikistan. Die kirgisische Wirtschaft wird voraussichtlich um 5 Prozent schrumpfen, vor allem weil der private Konsum einbrechen wird. Hohe Lebensmittelpreise, weniger Beschäftigungsmöglichkeiten und nachlassender wirtschaftlicher Austausch werden zu einer Zunahme der Armut führen, prognostiziert die Weltbank. „Der Krieg in der Ukraine und die Pandemie haben einmal mehr gezeigt, dass Krisen weitreichende wirtschaftliche Schäden verursachen und Jahre des Pro-Kopf-Einkommens und der Entwicklungsgewinne zurückwerfen können“, sagte Asli Demirgüç-Kunt, Chefökonomin der Weltbank für Europa und Zentralasien.
Unterstützung der Aufnahmeländer
Neben Produktionseinbrüchen und den Folgen der Sanktionen stellen die aus der Ukraine fliehenden Menschen Nachbarländer vor enorme wirtschaftliche Herausforderungen. Das wird nach Einschätzung der Weltbank zu den dauerhaftesten Folgen gehören. Die Unterstützung der Aufnahmeländer und der Geflohenen werde deshalb entscheidend sein für die Abfederung der wirtschaftlichen Folgen.
Die Weltbank hat seit Beginn des russischen Angriffs 925 Millionen US-Dollar für die Ukraine mobilisiert. Das Geld trägt nach ihren Angaben dazu bei, Löhne für Pflegekräfte, Renten und Sozialprogramme für Bedürftige zu finanzieren. Diese Hilfe ist Teil eines Pakets mit drei Milliarden Euro, das die Weltbank für die Ukraine für die kommenden Monate vorbereitet. Außerdem prüft die Weltbank, wie Geflohene aus der Ukraine in Aufnahmeländern unterstützt werden können. Bei einer internationalen Geberkonferenz sind nach Angaben der EU außerdem 9,1 Milliarden Euro von Ländern, Unternehmen und Privatpersonen für Hilfen zusammengekommen. Außerdem hat die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies