Angespannter Haushalt: Berlin stoppt Klassenfahrten
Wegen knapper Kassen dürfen Schulen in der Hauptstadt keine Fahrten mehr buchen. Es ist der Beginn von Einsparungen, die sich später fatal auswirken.
I m Prinzip sind sich ja immer alle einig: Bildung ist wichtig, und in diesem Bereich sollte nicht gespart werden. Vor allem gilt Schule als Ort, der Ungleichheiten ausgleicht – oder zumindest abmildert. Denn schließlich haben alle Kinder und Jugendlichen das Recht auf Bildung. Und Schule sollte allen gleichermaßen Chancen und Möglichkeiten bieten. Einig sind sich auch alle darin, dass es zu guter Bildung gehört, die Schule mal zu verlassen und auf Reisen zu gehen.
Doch Berlin zeigt gerade, dass auf solche Bekenntnisse in wohlklingenden Reden nicht viel zu geben ist. Die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat die Schulen aufgefordert, bis auf Weiteres – mindestens bis Ende November – keine Klassenfahrten mehr zu buchen. Sie begründet das mit Haushaltsvorgaben der Berliner Finanzverwaltung: Schulen sollen keine Verträge abschließen, die dem Land künftig Kosten verursachen. Laut Finanzverwaltung muss Berlin 2025 drei Milliarden Euro einsparen.
Konkret geht es bei der Sparansage nicht um die Klassenfahrten an sich, sondern um die Reisekosten für die begleitenden Lehrer*innen. Die Fahrten gelten als Dienstreisen, das Land übernimmt bisher deren Reisekosten. Doch die Verwaltung habe sämtliche Dienstreisen nun gestoppt, sagt die Senatorin. Solange unklar ist, wo genau Berlin drei Milliarden einsparen kann, sollen keine neuen Kosten entstehen. Dabei machte die CDU-Politikerin deutlich, dass Fahrten weiterhin stattfinden könnten, wenn Lehrer*innen bereit seien, selbst für ihre Reisekosten aufzukommen.
Nicht möglich ist es allerdings, die Kosten für Begleitpersonen auf die Schüler*innen umzulegen, das hatten Gerichte in der Vergangenheit untersagt. Zuschüsse für Schüler*innen, die Anrecht auf Leistungen aus den Bundesmitteln für Bildung und Teilhabe haben, gibt es weiterhin.
Bereitwilliges Streichen bei der Bildung
Es ist nicht das erste Mal, dass Klassenfahrten wegen klammer Kassen ausgesetzt werden, und Berlin ist nicht das erste Bundesland, das Klassenfahrten stoppt. Erst im vergangenen Sommer hatte auch Schleswig-Holstein solche Fahrten massiv eingeschränkt. Doch es erstaunt immer wieder, wie bereitwillig die Politik im Bereich der Bildung zusammenstreicht und verknappt, während die Verantwortlichen gleichzeitig betonen, wie wichtig solche Angebote sind. Dass Klassenfahrten den Zusammenhalt von Lerngruppen fördern, dass Erfahrungen außerhalb der Schule sehr wertvoll für die Schüler*innen sind und ihren Horizont erweitern – das weiß und sagt auch die Bildungssenatorin.
Gleichzeitig ist das Sparpotenzial übersichtlich. Insgesamt waren laut Bildungsverwaltung für das laufende Jahr 1,5 Millionen Euro für Klassenfahrten in den Haushalt eingestellt. Dieser Betrag wird Berlins Haushaltsloch kaum stopfen.
Und vor allem hat die Idee, dass Lehrer*innen die Kosten ja selbst tragen könnten, einen faden Beigeschmack. Es ist sogar gut denkbar, dass die ein oder andere Lehrkraft 300 Euro aus der eigenen Tasche zahlt, um ihren Schüler*innen ein schönes Erlebnis zu ermöglichen. Aber engagierte Lehrer*innen leisten sowieso schon viel. Die Politik muss bessere Ideen haben, um auch in finanziell schwierigen Zeiten zu gestalten. Da auf Selbstausbeutung zu setzen, ist zu schwach.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Ein Stopp von Klassenfahrten ist auch nichts „irgendwie zu Verschmerzendes“. Denn dass die Politik da dran geht, ist ein Warnzeichen: In der Bildung und im Sozialen dreht die Politik inzwischen jeden Euro mehrfach um, bevor sie ihn ausgibt. Dabei ist schon lange klar: Jeder früh eingesetzte Betrag spart am Ende das Mehrfache an Folgekosten ein, mit denen unterfinanzierte Systeme wieder stabilisiert werden müssen.
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