Angeschlagener CSU-Politiker: Show ohne Scheuer
Beim CSU-Parteitag bleibt Andreas Scheuer im Hintergrund, weil sich nicht mit ihm werben lässt. Dennoch will er Verkehrsminister bleiben.
Ausgerechnet am Wahltag, am 26. September, wird Scheuer 47 Jahre alt. Seit 2002 sitzt er im Bundestag. Die Aussichten, dass er sein Direktmandat in Passau erneut holt, sind gut. Trotzdem befindet sich Scheuer, der im August die Facebook-Lobbyistin Julia Reuss geheiratet hat, politisch in schwerem Fahrwasser.
Das Desaster um die gescheiterte Pkw-Maut für Ausländer, das einstige Prestigeprojekt der CSU, überlagert seine gesamte Ministerarbeit. Scheuer hatte den Vertrag mit den Maut-Betreibern abgeschlossen, obwohl ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs ausstand. Die Richter haben die Maut gekippt, jetzt fordern die Vertragspartner Schadenersatz von mehr als 500 Millionen Euro. Darüber verhandelt zurzeit ein Schiedsgericht.
Trotzdem hat die CSU Scheuer auf Platz 3 ihrer Landesliste zur Bundestagswahl gesetzt. Doch werben lässt sich mit ihm schlecht. CSU-Chef Markus Söder fällt zu Scheuers Bilanz nicht viel mehr ein, als dass der Verkehrsminister viel, viel Geld nach Bayern geholt hat. Das haben seine Vorgänger ebenso gehalten, das Verkehrsministerium ist seit 2009 in CSU-Hand. Wie seine Vorgänger ist auch Scheuer ein absoluter Auto-Fan. „Mobilität der Zukunft geht nicht mit verteuern und verbieten“, ist sein Mantra, das er beim Parteitag via Fernsehinterview verbreitete.
Das Auto von Franz-Josef Strauss gekauft
Scheuers Chancen, Verkehrsminister zu bleiben, sind gering, gehen aber nicht gegen null. Denn wen sie in ein Amt schicken, bestimmen die Parteien allein, die Koalitionspartner haben dabei nichts zu melden. In einer schwarz-grünen Koalition wäre eine Scheuer-Kontinuität wahrscheinlich, weil die CSU einen profilierten Gegenspieler zu den Grünen braucht. Aber in einem Jamaika-Bündnis wäre Scheuer dafür nicht nötig.
Der Verkehrsminister hat nach dem Tod des einstigen Bayernkurier-Chefredakteurs Wilfried Scharnagel das letzte Auto des CSU-Haudegens Franz Josef Strauß gekauft. Scharnagl hatte den BMW 325ix nach Strauß’ Tod übernommen. Im Handschuhfach liegen immer noch Straßenkarten aus den 1980er Jahren, Handschuhe von Strauß und ein Kruzifix. Wenn am 26. September alle Stricke reißen, kann Scheuer immerhin in den Devotionalienhandel einsteigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen