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Angebliche Legalisierung von CannabisEin wenig berauschender Vorschlag

Kommentar von Jonas Grimm

Kiffen legal? Sieht man sich den Gesetzesvorschlag von Gesundheitsminister Lauterbach näher an, muss man erkennen: Ganz so ist es nicht – leider.

Aus Gesundheitsminister Lauterbachs Feder stammt der Gesetzentwurf zru Cannabislegalisierung Foto: Annegret Hilse/reuters

H urra, hurra, die Legalisierung ist da! Wer kiffen mag, kann in Zukunft so viel Gras besitzen, wie er/sie/es will, den Stoff genauso normal wie das Feierabendbier kaufen und am nächsten Tag entspannt wieder Auto fahren. Achso, ne, halt! Keine dieser Aussagen stimmt. Der Gesetzesvorschlag aus dem Gesundheitsministerium ist dringend notwendig, aber teils wenig durchdacht.

Heißer Anwärter auf das Unwort des Jahres: „Cannabis-Legalisierung“. Tatsächlich wird Cannabis einfach bei gewissen Mengen straffrei bleiben. 25 Gramm darf man besitzen oder auch drei Pflanzen zu Hause anbauen. Mit 25 Gramm kann man sich dutzende Joints drehen, da kann man nicht meckern – aber wie soll man bitte schön gleichzeitig drei Pflanzen und nur 25 Gramm haben dürfen? Allein eine Pflanze kann, wenn sie gut gedeiht, auch das X-Fache produzieren. Straftat grüner Daumen?

Wem das zu heikel ist, der kann nicht mal in den Shop um die Ecke gehen, um sich dort das Gras zu holen. Während man den Biervorrat der umliegenden Supermärkte leerkaufen darf, bis man so viele Kästen in der Wohnung hat, um eine Kleinstadt mit Alkoholvergiftung auf die Intensivstation zu bringen, wird es freien Cannabis-Verkauf erst mal nicht geben. Eine Abgabe ist nur durch die Mitgliedschaft in Vereinen, sogenannten Cannabis Social Clubs möglich. Der Dachverband weiß bisher von 106 solcher Clubs in Deutschland, die sich gegründet haben und sich darauf vorbereiten, dass die Prohibition endet. Klar, die Zahl wird bestimmt wachsen. Aber selbst im flächengrößten Bundesland Bayern gibt es derzeit nur 14 Clubs. Wer nicht in der Großstadt wohnt, fährt doch wieder zum lokalen Dealer, der in der Illegalität bleibt.

Dass Cannabis kein komplett legalisiertes Suchtmittel wie Alkohol ist, zeigt sich auch im Verkehr. Niemand würde auf die Idee kommen, jemandem den Führerschein zu entziehen, weil er tags zuvor zwei Gläser Wein hatte. Bei Cannabis-Konsum kann das passieren. Die Menge des Wirkstoffs THC im Blut sagt nämlich nicht so viel aus. Gerade für regelmäßig Konsumierende ist es tückisch, da sich THC im Blut anreichert. Zwei Menschen können komplett unterschiedliche Werte aufweisen, obwohl keiner berauscht ist. Zudem hat Deutschland einen strengen Grenzwert. Vor Kurzem sagte das Verkehrsministerium noch, es sehe „derzeit keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.“ Erst vor wenigen Tagen gab es ein Umdenken. Das fällt denen ja früh ein.

Ministerpräsident Markus Söder aus dem „oans, zwoa, gsuffa!“-Bundesland mag die anstehende „Cannabis-Legalisierung“ schlaflose Nächte bereiten – für Leute, die eine echte Legalisierung wollen, ist der Entwurf mutlos und unausgegoren.

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15 Kommentare

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  • Es ist (der Anspruch), wie so häufig in Deutschland, nicht unter einer 'Eierlegenden Wollmilchsau' zu erfüllen. Wir stehen den Briten nicht nach.. - eat the cake AND keep it.

  • "Zudem hat Deutschland einen strengen Grenzwert"

    Das ist genau genommen gar kein Grenzwert, sondern jeweils die kleinste im medizintechnischen Labor nachweisbare Menge. Es macht also keinen Unterschied, ob man gestern in Holland war oder sich einen Kräutertee aus einem Hanfblatt aufgegossen hat oder, wenn man richtig Pech hat, seine Neurodermitis mit Hanföl eingerieben hat aber alle Kaufnachweise schon entsorgt hat. Das wird besonders von den konservativen Medien immer und immer wieder falsch vorgebetet und runtergeleiert. Bei allen anderen Themen haben sie aber recht. hehe ;)

    • @Hoagie:

      " Das wird besonders von den konservativen Medien immer und immer wieder falsch vorgebetet und runtergeleiert. "

      Nicht zu vergessen: die Hersteller, welche die Polizei mit Analysegeräten ausrüsten. Vor allem die behaupten nach wie vor, dass man damit "aktives THC" nachweist, was eine Rauschwirkung impliziert. Als regelmässiger Konsument hat man noch Wochen nach dem letzten Konsum hohe "aktive" Werte auch wenn die erwünschte bzw. ggf beeinträchtigende Wirkung bei üblichem Konsummuster der allermeisten Nutzer nach wenigen Stunden vorbei ist.

  • Ich darf jetzt also legal Cannabis besitzen, zwar nur begrenzt, aber na gut.

    Es gibt aber nur zwei schlechte Wege, um an Cannabis zu kommen:

    Eigenanbau, dafür braucht es entweder einen gesicherten Garten oder Balkon, oder man investiert mehrere hundert Euro in eine Growbox, Lampe, Zubehör und plant jede Menge Folgekosten für Strom ein. Auch für die Box brauche ich Platz, Kinder dürfen keinen Zugang haben... Die Zahl derjenigen, die den Aufwand betreiben, nur um kiffen zu können, dürfte gering sein.

    Cannabis social Club: Anonymität adé, Registrierung mit Namen und Adresse erforderlich, zudem Angaben zum Konsum (welche Menge der Ernte nimmt man monatlich ab, Angabe verpflichtend bei Registrierung). Dann zahlt man monatlich Beiträge und bekommt eine feste Menge Gras pro Monat - also quasi ein Abo. Was aber, wenn ich gar nicht regelmäßig kiffen will? Wenn ich nur mal 1-2g verschiedener Sorten probieren will, und zwar gelegentlich? Außerdem ist im Gesetz ausdrücklich die "aktive Mitarbeit" im Verein gefordert - soll ich da also auch noch wöchentlich zum Unkraut jäten? No way.

    Sorry, aber so wird das Hauptziel, nämlich den Schwarzmarkt einzudämmen, garantiert nicht erreicht. Die Möglichkeiten zum Erwerb sind extrem unattraktiv, übermäßig bürokratisch und kompliziert. Letzte Hoffnung: Modellregion in der Nähe, dann kann man im Laden einkaufen anonym und mit Bargeld bezahlen.

    • @Orbulon:

      Jede Fensterbank reicht aus etwas Gras selbst anzubauen. Und wenn Du nur ein wenig probieren willst, dann besuche mal wieder öfters Deine Freunde und Kollegen und tausche ein wenig mit dem was die auf Ihren Fensterbänken gezogen haben. Das ist sozial und macht Spaß. Was willst Du mehr?

  • THC und seine Metabolite reichern sich nicht im Blut an, sondern im Fettgewebe.

  • Ich bin nicht sicher, ob die Legalisierung wirklich eine gute Idee ist. Aber wer sich diese schöne Überschrift ausgedacht hat, verdient einen Gratisjoint. Mindestens.

  • Besonders enttäuschend ist die nun angestrebte Regelung wenn man sich einmal die Distanz von Anspruch und Ergebnis vor Augen führt. Hätte die Ampel sich die Legalisierung gar nicht erst in den Koalitionsvertrag geschrieben, hätte ihr das, von einigen längst resignierten Kiffenden abgesehen, wohl kaum jemand übel genommen. Sie tat es aber und und sie wollte nicht einfach nur eine pragmatische Verbesserung des Ist-Zustandes, sondern formulierte den Anspruch die beste Legalisierung der Welt schaffen zu wollen, konform mit EU-Recht und UN single convention und ein strahlendes Vorbild für den Rest der Welt. Nur die notwendige Konfliktbereitschaft die es gebraucht hätte um die gewollten Veränderungen international wie innenpolitisch anzustoßen und durchzuverhandeln fehlte vollkommen. Überall dort wo sich die erwartbaren Widerstände zeigten bestand die Reaktion nicht in politischer Auseinandersetzung, sondern darin das Vorhaben zu verwässern und zusammenzustreichen. Mit dem bekannten Ergebnis.

    • @Ingo Bernable:

      Hier in Thüringen hamses noch ned mal hingekriegt (erste Periode Ramelow), wenigstens "geringe Mengen" folgenlos zu lassen.



      So allgemein hat sich die Politik ein riesen Einnahmepotential entgehen lassen, dem Jugendschutz ned geholfen und will sich, warumauchimmer, raushalten. Also mein Staatsvertrauen würds etwas gebessert haben, wenn die wirklich den Arsch in der Hose gehabt hätten, des wirklich so im Sinne von blablabla mit der UN und der EU durchzudeklinieren *lol*.

    • @Ingo Bernable:

      Schöne Zusammenfassung. Dieses Vorgehen manifestiert sich für mich bei allen Umsetzungen der Ampel. Man probiert so lange aufzuweichen bis eine Minimallösung gefunden ist. Für diese probiert man sich dann feiern zu lassen und wundert sich über die ausbleibende Begeisterung.

    • @Ingo Bernable:

      Ja. Das Mißverhaltnis zwischen Anspruch und Ergebnis ist kollossal. All die unnötigen Mengenbeschränkungen, die eben unlogisch sind und nicht etwa zu Entlastung der Strafverfolgungs-beteiligten Behörden führen, sondern denen noch deutliche Mehrarbeit beschaffen.



      Und all dies, weil man sich anscheinend nicht traut, gegenüber den üblichen Verdächtigen einmal - aber richtig - Klarschiff zu machen mit den ganzen Vorurteilen, die sich in den letzten fast 80 Jahren breit gemacht haben.



      Diese Stigmatisierung der heimischen Pflanze Hanf war und ist ein riesiger Fehler, ein Verbrechen. Alleine schon die heilenden Eigenschaften sind grandios - die Fasern sind genau das, was wir als Ersatz für Baumwollprodukte, aber auch zur biologisch verträglichen Dämmung zur Energiewende benötigen.



      Alles wurde aus Furcht vor reaktionären Polizeigewerkschaften oder Seidel-schwingenden Populisten etc. nicht angegangen ! Ich gebe der derzeitigen Opposition ja extrem ungerne recht, aber diese Ampelregierung scheint mittlerweile absolut ineffizient : Die Grünen müssen die Arbeit machen (und bekommen die Haue dafür), die FDP macht ihr Ichichich-Ding ... und die Kanzlerpartei guckt zu.



      Und das in dieser Zeit- unfassbar !

    • @Ingo Bernable:

      Ein Inzwischen typisch deutscher Vorgang. Das "weltbeste" in "Deutschlandgeschwindigkeit" beschließen wollen, dann alle sinnvoll gangbaren Wege zerreden, und schließlich nach ewigem Parteigezänk ein halbgares Bürokratiemonster erschaffen, dessen überbordernde Regulierungen nicht kontrolliert werden können. Demokratie im Endstadium.

      • @Fabian Wetzel:

        Dieser "Demokratie im Endstadium" begegne ich in Deutschland täglich. Sie wirkt haltlos und löchrig.



        Und ich meine auch, seit es smartphones und "soziale" Medien gibt, wird die Existenz von Moral ignoriert und deren Anwendung aktiv unterbunden.

  • Kiffen schein wirklich ein Thema zu sein, das die Welt bewegt. Sonst gibt es scheinbar nichts Wichtiges 😒

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Zumindest eines der wenigen Themen, bei denen ich nicht gleich Brechreiz bekomme. Ein willkommenes Thema in einer Welt in der ich bald keine Nachrichten mehr sehen mag.