Andreas Speit Der rechte Rand: Warum die NPD in Neumünster ihren Namen ändert
Die „Nationaldemokratischen Partei Deutschland“ (NPD) tritt in Schleswig-Holstein nicht zur Kommunalwahl an. Am 14. Mal steht die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands also auch in Neumünster nicht auf dem Wahlzettel. In ihrer Hochburg treten die NPD-Kader Mark Proch und Horst Micheel stattdessen für die „Wählergemeinschaft Heimat! Neumünster“ an. Seit fast fünf Jahren sitzt Proch mit vier Prozent der Stimmen im Rat der Stadt. Mit den neuen Namen hoffen sie auf stärkeren Zuspruch.
Die Namensänderung erfolgte aber nicht erst zur Kommunalwahl. Bereits im Dezember 2022 verkündete der von Proch angeführte Landesverband die Umbenennung. „‚Alter Wein in neuen Schläuchen‘, werden Gutmenschen und Medien schreien, und weiterhin von vermeintlichen Rechtsextremisten schwafeln,“ schreibt die NPD Schleswig-Holstein auf ihrer Website. Sie verspricht, weiter „ehrlich und unbequem“ zu sein, und erklärt den Grund der Änderung: „Mit der Umbenennung geht es uns vielmehr darum, uns zu öffnen und Bürger anzusprechen, die vor den ‚drei Buchstaben‘ die Augen verschließen.“ Die Coronaproteste und Demonstrationen wegen der Energiepreise hätte der Partei verdeutlicht, dass „viele Bürger zu einer systemkritischen Politik bereit“ seien.
Das Statement ignoriert die Realität. In Neumünster versuchte die NPD bereits im Oktober vergangenen Jahres, ohne Parteilogo, diesen Unmut und diese Sorgen mit einer Demonstration aufzugreifen. Unter dem Motto „Energiekrise beenden – bürgerfeindliche – Politik stoppen!“ rief Karin Mundt auf, auf die Straße zu gehen. In der rechtsextremen Szene ist Mundt fest verankert. Die Liedermacherin aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde tritt auch unter dem Pseudonym „Wut aus Liebe“ auf. 2020 bestimmten die Mitglieder sie als Beisitzerin für den Landesvorstrand. Der große Zulauf zur Kundgebung blieb aber aus.
Die „drei Buchstaben“ störten auch Teile der Bundesführung. Auf dem Bundesparteitag am 16. Mai 2022 hoffte der NPD-Bundesvorsitzende Frank Franz mit einer Umbenennung in „Die Heimat“ einen Neuanfang einleiten zu können, sie müssten sich „glaubhaft progressiv nach vorne entwickeln“, dafür sei ein neuer Namen geboten.
Der langjährige NPD-Vorsitzende Udo Voigt fand für den Zustand der Partei deutliche Worte: „bescheiden, um nicht zu sagen beschissen“. Die erhoffte Namensänderung bekam aber nicht die nötige Mehrheit. Einzelne Verbände nutzen nun den durchgefallenen Namen. Proch versucht zudem aufgeschlossener zu erscheinen. „Liebe Neumünsteranerinnen und Neumünsteraner“, fragt er auf der Heimat-Website: „Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an den Begriff „Heimat“ denken …?“ und antwortet selbst: „Sicher ist auch für Sie Heimat nicht nur ein Wort, sondern mit schönen Erinnerungen, Lebendigkeit und viel Gefühl verbunden.“ Ganz im NPD-Jargon beklagt er aber dann die „vaterlandslosen Politiker“, die Arbeitslosigkeit, „Überfremdung“ und Sozialabbau forcieren würden.
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