Andreas Speit Der rechte Rand: Wie sich die AfD mit einer Anfrage selbst entlarvt
Die Absichten der AfD sind nicht schwer zu durchschauen: Mit einer schriftlichen Kleinen Anfrage wollten AfD-Fraktionsführer Dirk Nockemann und Alexander Wolf einer Aussage des Leiters des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Torsten Voß „auf den Zahn“ fühlen. Der hatte sich kritisch über Ethnopluralismus geäußert. Das ist ein rassistisches Konzept, das die rechtsextreme Identitäre Bewegung vertritt. Die AfD Hamburg sprang ihnen nun bei – und scheiterte damit.
Am 23. Mai hatte Voß bei dem Symposium „70 Jahre Verfassung – 70 Jahre Schutz“ ausgeführt, dass die IB „exemplarisch“ für den Rechtsextremismus stehen würde. Doch um nicht sofort „als Rechtsextremisten stigmatisiert zu werden“, würde sie Begriffe, „die zunächst harmlos klingen, zum Beispiel den ‚Ethnopluralismus’“ verwenden. Diese Argumentationsvariante meine jedoch „nichts anderes, als Europa nur für die Europäer, Deutschland nur für die Deutschen – und alle anderen Kulturen mögen dortbleiben, wo sie herkommen“. Ein „völkischer Rassismus in Reinkultur“, sagte Voß.
Eine Bewertung, an der die AfD offenbar zweifelt. In der Anfrage heißt es: „Auf welche (politik-)wissenschaftlichen Quellen, Studien oder Gutachten stützen sich Amtsleiter Voß und das LfV bei ihren Äußerungen/ Veröffentlichungen zum ‚Ethnopluralismus’?“ Die Antwort samt Literaturliste ist eindeutig: Mit dem Ethnopluralismus solle zwar „ein wertender, insbesondere durch den Nationalsozialismus belasteter Rassismus-Begriff“ vermieden werden. Die „Annahme homogener Ethnien beziehungsweise Rassen, die ihrerseits von ‚fremden‘ Einflüssen bewahrt werden müssen“, würden jedoch „beide rechtsextremistischen Denkmuster“ gemein haben. So gehe es aus der politikwissenschaftlichen Forschung hervor.
Die AfD wollte zudem wissen, aus welchen Quellen hervorgehe, dass der Ethnopluralismus „pauschal“ mit einer Abwertung nicht-deutscher Ethnien einhergehen würde. Der Senat lässt an dieser Einordnung jedoch keinen Raum für Zweifel: Der Grundgedanke sei „die Verschiedenheit homogener Völker mit einer eigenen Identität, die wiederum nur in ihrem eigenen Territorium existieren könnten“. Deshalb sei die „eigene Identität gegen ‚fremde’Einflüsse“ zu schützen. Das Konzept führe des Weiteren mit der Forderung der „‚Remigration’zwangsläufig zu einer pauschalen Abwertung und Herabwürdigung andere ethnischer Gruppen“.
Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
Bei Frage 17 macht die AfD aus ihrer Verbundenheit zur Identitären Bewegung keinerlei Hehl mehr. Sie möchte wissen, was die IB machen muss, um nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden. Die Antwort: „Eine Beratungsfunktion für extremistische Bestrebungen sieht das Gesetz nicht vor.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen