Andreas Speit Der rechte Rand: Aufmarsch für eine inhaftierte Holocaustleugnerin
Die Mobilisierung für die neue Ikone der harten rechten Szene läuft mit Hochdruck: Am 12. September plant „Die Rechte“ eine Solidaritätskundgebung für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Hamburg. Vor dem dortigen Landgericht findet dann eine Berufungsverhandlung gegen sie wegen Volksverhetzung statt.
„Solidarität ist mehr als ein Wort, Solidarität muss gelebt werden“, erklärt die Partei um Michael Brück auf ihrer Webseite. „Die Rechte“ ruft auf: „Nehmt euch frei, organisiert Fahrgemeinschaften und kommt nach Hamburg“. Die ganze Stadt solle „Kopf stehen“, wenn „sich Ursula für Meinungsäußerungen verantworten muss“. Denn „die Zeit, in der die Richter politische Urteile gefällt haben, ohne dass es jemand mitbekommen hat“, sei vorbei, erklärt die 2012 von Christian Worch mitgegründete Partei.
Aus der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede werden Vollzugsbeamte die rüstige 89-Jährige zum Landgericht bringen. Seit dem 7. Mai sitzt sie dort in Haft – nachdem sie in ihrem Haus in Vlotho festgenommen worden war. Freiwillig war sie zum Haftantritt nicht erschienen – eine angestrebte Eskalation von Haverbeck.
Ab dem Jahr 2000 begann die studierte Philosophin, Sprachwissenschaftlerin und Pädagogin, sich verstärkt gegen die „größte und nachhaltige Lüge der Geschichte“ – den Holocaust – einzusetzen. In Verden stand sie wegen Artikeln in der rechtsextremen Zeitschrift „Stimme des Reiches“ auch mal vor Gericht, in denen sie behauptete, dass es sich beim Konzentrationslager Auschwitz alleine um ein Arbeitslager für die Rüstungsindustrie gehandelt hätte. Sie forderte, dass der Zentralrat der Juden forensische Beweise für die Vergasungen in Auschwitz vorlegen müsste.
Gerichtssäle nutzte Haverbeck immer wieder als politisches Podium für die „Wahrheit“. Bei den Prozessen begleitet sie stets eine treue Anhängerschaft. Trotz ihres hohen Alters reiste sie bis zur Haft unermüdlich, um auch Vorträge zu halten. Und für „Die Rechte“ tritt sie zur Europawahl 2019 als Spitzenkandidatin an.
Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, beklagte unlängst, dass die Justiz Haverbeck viel zu lange an der „langen Leine“ ließ, sodass sie „junge Menschen über Jahre hinweg mit ihren Lügen infiltrieren, belügen und zu antisemitischem Hass verführen konnte“.
Die „Rechte“ will am Tag des Haverbeck-Prozesses auf dem Sievekingplatz aufmarschieren – dort, wo sich das Mahmal für die Opfer der Hamburger NS-Justiz befindet. „Eine ungeheuerliche Provokation“ sagt Felix Krebs vom „Hamburger Bündnis gegen Rechts“.
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