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Radsport als MotorsportDie Boliden des Radlers

Das Auto ist für Events wie die Tour de France wichtig. Dabei entdecken ausgerechnet Radprofis ihre Liebe zu teuren Wagen.

Ohne vier keine zwei Räder: Tour of Austria 2025 Foto: Imago/GEPA Pictures

D ie Tour de France der Männer ist das größte Motorsportevent des Jahres. Es sind zwar Radfahrer, die da drei Wochen lang um die Wette radeln, aber ohne Autos und Motorräder geht nichts bei der großen Rundfahrt durch Frankreich. Wer einmal am Streckenrand gestanden hat, um auf die Durchfahrt des Pelotons zu warten, wird den Geruch verbrannten Benzins und Diesels nicht so schnell aus der Nase bekommen.

Mit den Autos, die die Strecke absperren, geht es los. Es soll ja schließlich kein unbefugtes Fahrzeug die Straßen kreuzen, wenn die Laster der kilometerlangen Werbekarawane an den Zuschauenden vorbeifahren. Dann sind da noch die Betreuer in den Pkw der Teams, die Verantwortlichen der Tour gehen auch nicht zu Fuß und es gibt die Motorräder mit dem TV-Kameras, deren Bilder über die Hubschrauber, die über der Strecke fliegen, in die Welt gesendet werden. Ach ja, die Luxusbusse und Foodtrucks der Teams müssen ja auch irgendwie durch Frankreich kommen. Auch der Tross der Journalisten und Techniker der übertragenden Fernsehanstalten sucht sich Tag für Tag den schnellsten Weg über die Straßen, um rechtzeitig vor den Radlern im Ziel zu sein.

Dennoch gibt es immer noch Radsportfans, die in ihrer Liebe zum Rennbetrieb glauben, dass ein Radrennen so etwas wie ein Beitrag zu einer ökologischen Verkehrswende ist. Anders jedenfalls ist der kleine Shitstorm nicht zu verstehen, in den der niederländische Radsportheros Mathieu van der Poel geraten ist, als er auf Instagram stolz seinen neuen Werbepartner präsentiert hat: einen Anbieter von Exklusivflügen in Privatjets. Dass van der Poel trotz seiner imposanten Beinmuskulatur nicht wirklich ein Bioradler ist, hätten die empörten Fans wissen können. Van der Poel war schon ein bekennender Fan des Sportwagenherstellers Lamborghini, bevor ihn dieser mit einem Werbevertrag ausgestattet hat.

Tour-Sieger Tadej Pogačar hat sich einen Porsche 991 GT3 Weissach zugelegt. Ein Kindheitstraum

Auch Tourdominator Tadej Pogačar, der sich so gerne als bescheidener Normalo mit Wohnsitz in Monaco darstellt, ist ein Freund übermotorisierter Boliden. Zur Belohnung für seine unzähligen Erfolge kauft er sich Sportwagen. Im Netz sind Bilder zu finden, die ihn neben einem Porsche 991 GT3 Weissach zeigen, für den er bestimmt an die 300.000 Euro hat hinlegen müssen. Ein Kindheitstraum sei das gewesen, hat seine Freundin Urška Žigart erzählt.

Geschichten vom anderen Ferrari

Wundern wird sich darüber kaum jemand. Die schnellsten Radler der Welt hatten schon immer einen Faible für schnelle Autos. Als Deutschlands beliebtester Doping­anwender Jan Ullrich 2002 mit reichlich Alkohol im Blut einen Unfall baute, war er in einem Porsche unterwegs.

Natürlich gab es immer auch Ferrari-Enthusiasten im Peloton. Einer davon war der belgische Klassikerspezialist Tom Boonen, der seinen Sportwagen von einem Airbrushkünstler in Pastellfarben mit derart kitschigen Motiven hat umspritzen lassen, dass man getrost von einer Geschmacksverirrung sprechen kann. Eine Christusfigur über dem rechten Hinterrad mit der Sprechblase „Jesus saves my tyres“ ist da noch nicht mal die schlimmste Entgleisung.

Eine doppelte Beziehung zu Ferrari hatte der italienische Profi Pippo Pozzato. Der posierte nicht nur gerne mit seinem feuerroten Schlitten, er unterhielt auch engen Kontakt zu Michele Ferrari, jenem italienischen Sportarzt, der bei den Radlern so beliebt war, weil er ihnen neben Trainingsplänen auch leistungssteigernde Mittel verordnete. Mit welchem Auto der mehrfach als Sportbetrüger verurteilte Ferrari unterwegs war, wenn er seine Radler begleitet hat, ist dem Autor dieser Zeilen leider nicht bekannt.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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