: André Brie
Kaum einer in der PDS ist so wichtig für die Partei wie André Brie – gleichzeitig ist keiner so umstritten wie er. Wo Gregor Gysi der schrille Star der Partei ist und Lothar Bisky der fürsorgliche Moderator, da ist André Brie der leise Provokateur.
Er treibt seine Partei voran, immer wieder. Drängt die Genossen, sich mit sich selbst und ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. „Wir müssen endlich in der Bundesrepublik ankommen“, hat Brie vor drei Jahren in einem Interview gesagt. Damals ging in der Partei ein Proteststurm über ihm nieder. Aber er ließ sich nicht davon abbringen, den Konservatismus und die Harmoniesucht vieler Genossen anzugreifen.
Dabei ist André Brie gar kein richtiger Provokateur. Nur sein Kopf signalisiert ihm, dass er die Auseinandersetzung suchen muss, sein Bauch leidet mit der Partei mit. „Ich beneide Leute wie Joschka Fischer“, hat er mal gesagt, „die ohne Wehleidigkeit provozieren.“ Brie ist der PDS gegenüber loyal. Er ist Parteisoldat – und Intellektueller.
Brie, Jahrgang 1950, entstammt einer jüdischen Familie. Sein Vater war Diplomat. André Brie ging in Nordkorea und China acht Jahre lang zur Schule. Später studierte er Außenpolitik. In den Achtzigerjahren gehörte er zu dem kleinen Kreis von Reformern in der SED.
Die Konsequenz, die er nach der Wende von anderen forderte, brachte er selbst nicht immer auf. 1992 gab er erst unter öffentlichem Druck zu, fast zwanzig Jahre lang als Informeller Mitarbeiter für die Stasi gearbeitet zu haben. Er musste daraufhin von seinem Posten als Landesvorsitzender der Berliner PDS zurücktreten. Kurz darauf holte ihn die Parteiführung zurück. Er wurde Mitglied im Vorstand und Wahlkampfchef.
Aus persönlichen Gründen ist André Brie in diesem Jahr aus dem Vorstand ausgeschieden. Er trug sich mit Gedanken, eine Zeit lang aus der Politik auszusteigen, um intellektuell aufzutanken. Gewagt hat er diesen Sprung nicht. Er hat sich für einen Kompromiss entschieden: Er ist aus Berlin weggegangen und sitzt für die Partei im Europaparlament. Die PDS kann er nicht hinter sich lassen. J. K.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen