Änderung des Infektionsschutzgesetzes: Regierung will an die Notbremse
Den Koalitionsfraktionen liegt nun der Entwurf für ein verschärftes Gesetz vor. Er enthält auch eine bundesweit einheitliche Regelung für nächtliche Ausgangssperren.
Mit der geplanten Gesetzesänderung, die im Eilverfahren durch Kabinett und Parlament beschlossen werden soll, zieht der Bund mehr Kompetenzen in der Pandemiebekämpfung an sich. „Damit werden dem Bund zusätzlich dieselben Handlungsmöglichkeiten wie den Ländern gegeben, um eine bundesweit einheitliche Steuerung des Infektionsschutzes zu gewährleisten“, heißt es in der Vorlage.
Im Kern sieht sie folgende Regelung vor: „Es wird eine bundesweit verbindliche Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 eingeführt.“ Weiter wird in der Vorlage ausgeführt: „Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag zusätzliche verhältnismäßige Maßnahmen.“ Die Maßnahmen treten außer Kraft, wenn die Inzidenz-Schwelle drei Tage lang unterschritten wird.
Nach draußen nur mit guten Gründen
Zu diesen Maßnahmen zählt unter anderem eine Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr – es sei denn, der Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung ist begründet. Als Beispiele werden demnach medizinische oder veterinärmedizinische Notfälle, die „Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten“, die Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts und die unaufschiebbare Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger oder die Begleitung Sterbender genannt.
Schulen, Kitas, Hochschulen und außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung oder ähnliche Einrichtungen sollen der Vorlage zufolge bei Inkrafttreten der Notbremse keinen Präsenzunterricht mehr anbieten, sofern nicht „die nach Landesrecht zuständigen Behörden nach von ihnen festgelegten Kriterien eine Notbetreuung eingerichtet haben“. Die Notbetreuung darf höchstens 20 Prozent der „regulär Betreuten oder Beschulten“ umfassen.
Abweichend davon sei „Präsenzunterricht zulässig bei Personen, die einen nicht länger als 36 Stunden zurückliegenden negativen Test auf SARS-CoV-2“ vorgelegt hätten.
Geschäfte in Corona-Hotspots sollen schließen
Ladengeschäfte und „Märkte mit Kundenverkehr für Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksangebote“ wie zum Beispiel Baumärkte dürften in den Corona-Hotspots auch nicht mehr öffnen. Der Lebensmittelhandel, ebenso wie Getränkemärkte, Reformhäuser, Apotheken, Drogerien und Tankstellen blieben von den Maßnahmen ausgenommen. Auch Übernachtungsangebote sollen ab einer Inzidenz von mehr als 100 untersagt werden. Dasselbe gilt für die Gastronomie – mit Ausnahme von Essen zum Abholen.
Sollte die geplante Neuregelung umgesetzt werden, würde der Bund mehr Befugnisse in der Pandemiebekämpfung bekommen, die bislang im Wesentlichen Sache der Länder ist. Der bisherige Flickenteppich an länderspezifischen Einzelregelungen würde vereinheitlicht.
Zur Begründung heißt es: „Es besteht deutschlandweit eine sehr dynamische und ernstzunehmende Situation mit starker Zunahme der Fallzahlen innerhalb weniger Tage.“ Deshalb seien „Maßnahmen mit bundeseinheitlichen Standards erforderlich“.
Die Neuregelung soll schnell umgesetzt werden. Am Freitagnachmittag informierten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) die Spitzen der Fraktionen im Bundestag über ihre Pläne. Bereits am Dienstag soll das Bundeskabinett die Vorlage verabschieden, dafür wurde die Kabinettssitzung um einen Tag vorgezogen.
Schon in der kommenden Woche soll sich der Bundestag damit befassen. Auch die Länderkammer, der Bundesrat, müsste dem Gesetz zustimmen. Dafür dürfte die bislang für den 7. Mai geplante nächste Sitzung vorgezogen werden. Die für Montag geplanten Bund-Länder-Beratungen zu Corona wurden abgesagt.
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