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Amtsenthebungsverfahren gegen Trump… und raus bist du

Trump loswerden, weil er lügt, manipuliert und der Welt schadet – unklar, ob das den Demokrat*innen in den USA gelingt. 6 Fragen, 6 Antworten.

Das Amtsenthebungsverfahren läuft, Nancy Pelosi freut sich trotzdem nicht Foto: Erin Schaff/NYT/Redux/laif

1 Macht Trump das Impeachmentverfahren etwas aus?

Den Abend des 18. Dezember, an dem die Abgeordneten des Repräsentantenhauses ihn zu einem Angeklagten machten, verbrachte Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Michigan. Dort schimpfte er über die „Hexenjagd“, als deren Opfer er sich betrachtet, und über die „nutzlosen Demokraten“ und ihren angeblichen „Putschversuch“. Vor Tausenden von jubelnden Fans behauptete der US-Präsident auch, dass er „Spaß“ an dem Impeachmentverfahren habe.

Doch die Kraftmeierei wirkte aufgesetzt. Trump war Nervosität anzumerken. Er redete zwei geschlagene Stunden. Verlor sich dabei immer wieder und mäanderte zwischen politischen und persönlichen Attacken. Unter anderem zog er über das Aussehen eines anderen Politikers her. Über den kalifornischen Demokraten Adam Schiff, den Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses, der die Impeachment-Hearings organisiert hatte, sagte er, dieser sei „nicht der bestaussehende Typ“.

Und er fand es witzig, zu spekulieren, dass ein kürzlich verstorbener populärer demokratischer Abgeordneter dem Impeachmentverfahren nun aus der Hölle zuschaue. Tags darauf, als Trump ein Angklagter war, beklagte sich die Witwe über das zusätzliche Leid, das ihr zugefügt wurde, und verschiedene Republikaner aus Michigan erkannten tatsächlich eine Geschmacklosigkeit im Verhalten des Präsidenten.

2 Wie verteidigen die Republikaner den Präsidenten?

Im Repräsentantenhaus, wo sich Dutzende republikanische Abgeordnete am Mittwoch in der mehr als acht Stunden langen Debatte zu Wort meldeten, war nichts von Kritik an Trump zu spüren. In Wortbeiträgen von 30 bis 60 Sekunden wiederholten RepublikanerInnen aus allen Landesteilen wortgleich die Talking-Points und Ablenkungsmanöver ihres Präsidenten: Dass er „nichts falsch gemacht“ habe, dass er ein historischer Glücksfall für das Land sei, dass dank ihm die Welt wieder Respekt vor den USA habe und die Arbeitslosenquote rekordverdächtig niedrig sei.

taz am wochenende

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Der absurdeste Kniefall kam von dem Abgeordneten Barry Loudermilk aus Georgia. Dieser verglich Trump mit Jesus und meinte, Jesus habe (von Pontius Pilatus) mehr Gelegenheit bekommen, sich zu verteidigen, als der US-Präsident.

Die gehorsamen RepublikanerInnen wiederholten Trumps Parole, das Impeachmentverfahren sei nicht legitim, wie sie auch seine Behauptung aufwärmten, die DemokratInnen hätten es lediglich organisiert, weil sie die Niederlage ihrer Kandidatin Hillary Clinton im Jahr 2016 immer noch nicht verkraftet hätten.

Aber die Leitfragen des Verfahrens umgingen sie komplett. Sie äußerten sich nicht zu den Anklagen wegen „Machtmissbrauch“ und „Justizbeeinflussung“. Und sie würdigten die zahlreichen Beweise aus den Hearings – darunter manche von hochrangigen DiplomatInnen, die Trump selbst nominiert hat – mit keinem Wort.

Das Trump Druck auf den ukrai­nischen Präsidenten ausgeübt hat, damit dieser sich zu Trumps Gunsten in den nächsten Wahlkampf in den USA einmischte, ist für RepublikanerInnen kein Problem. Und auf die Frage nach Trumps Tauglichkeit – moralisch, ethisch, menschlich – für das Amt an der Spitze der USA haben sie nichts anderes zu sagen, als dass er erfolgreich sei.

3 Wie hat Trump die Republikaner auf seine Linie gebracht?

Noch in der ersten Hälfte der letzten Präsidentschaftswahl bestimmte Kritik an Trump – an seiner Politik, seinem Lebenswandel und seinem Charakter – den Ton in der repu­blikanischen Partei. Doch davon ist drei Jahre nach seinem Amtsantritt nichts mehr zu spüren.

Trump kann den Makel der Anklage nie mehr loswerden, aber er rech­net mit einem tele­genen Freispruch im Wahljahr

Die letzten „moderaten“ RepublikanerInnen im Repräsentantenhaus sind 2018 verschwunden. Die meisten von ihnen haben nicht einmal mehr kandidiert, seit klar war, dass Trump versuchen würde, sie bei den Vorwahlen in ihren Wahlkreisen durch 150-prozentige Linientreue auszubooten. Am Mittwoch stimmte nur ein Mann, der als Republikaner in die Kammer kam, für das Impeachment. Aber Justin Amash hatte seine Partei bereits im Sommer verlassen und war seither ein „Unabhängiger“ geworden.

4 Was bringt Demokrat*innen dazu, gegen das Absetzungsverfahren zu stimmen?

Bei den DemokratInnen kam am Mittwoch wie erwartet die starke Mehrheit für Trumps Impeachment zustande. Aber die Hoffnung, zumindest ein paar RepublikanerInnen zu gewinnen, erfüllte sich nicht.

Zusätzlich wehte ein Gefühl von Verrat durch die Reihen der Mehrheitspartei im Repräsentantenhaus. Dafür sorgten einerseits drei Männer aus besonders „gefährdeten“ ländlichen Wahlkreisen in Maine, New Jersey und Minnesota, die Trump haushoch gewonnen hat.

Einer von ihnen, Jeff Van Drew aus New Jersey, trat schon wenige Stunden nach dem Impeachment der Republikanischen Partei bei. Trump hieß den Überläufer persönlich willkommen und sagte ihm seine Unterstützung für den Wahlkampf 2020 zu.

Die beiden anderen Demokraten glauben, dass sie in ihrer Partei bleiben können.

Dass nicht alle konservative „blue dog Democrats“ für das Impeachment stimmen würden, hatte die Parteiführung einkalkuliert. Was hingegen für einen Affront bei den DemokratInnen sorgte, war die Enthaltung einer demokratischen Präsidentschaftskandidatin. Tulsi Gabbard aus Hawaii war am Mittwoch die einzige Abgeordnete, die weder mit Ja noch mit Nein stimmte. Zur Begründung sagte sie, das Impeachmentverfahren habe zu „tribalen Animositäten“ geführt und das Land gespalten.

Aber in ihrer Partei fand sie kein Verständnis. Gabbard hatte schon in den zurückliegenden Wochen mit häufigen Auftritten in dem rechten TV-Sender FoxNews für Unmut gesorgt.

Am Donnerstag erklärte die linke New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortze mit den Worten: „Wir sind gewählt worden, um Entscheidungen zu fällen“, was eine politische Haltung verlange.

5 Was sind die nächsten Schritte?

Die Abstimmung vom Mittwochabend macht Trump zum dritten Präsidenten der US-Geschichte, der im Repräsentantenhaus angeklagt worden ist – nach Andrew Johnson im Jahr 1868 und Bill Clinton 1998. Aber es sieht nicht so aus, als würde der Senat der Anklage folgen und Trump tatsächlich aus dem Amt heben. Denn dort haben Trumps RepublikanerInnen die Mehrheit.

Der republikanische Chef des Senats, Mitch McConnell, hat offen gesagt, dass er gar nicht daran denkt, ein unabhängiges Verfahren zu organisieren. Stattdessen will er seine Schritte „total“ mit dem Weißen Haus absprechen. Diese Perspektive, dass der Richter sich mit dem Angeklagten koordinieren will, hat Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, erbost.

6 Was können die Demo­kra­t*in­nen jetzt tun?

Trump hat es eilig, den „Spaß“ des Amtsenthebungsverfahrens im Senat fortzusetzen. Er glaubt, dass er sich auf die RepublikanerInnen dort verlassen kann. Zwar kann er den Makel der Anklage nie mehr loswerden, aber er rechnet fest mit einem möglichst telegenen Freispruch im Wahljahr. Pelosi hingegen lässt ihn erst einmal noch schmoren. Erst wenn sie das Impeachment weitergibt, kann der Senat mit dem Verfahren beginnen.

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11 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Ich rechne nicht mit einer Amtsenthebung. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass Trump mit einem besserem Ergebnis im Amt bestätigt wird, als er es bei der Wahl ins Amt erzielt hat. So beflügelt, werden seine Allmachtsgefühle ins desaströse ausufern. Good night, America.

  • Natürlich bringt das weder den Democrats noch den politischen Linken oder den Armen in den USA etwas.



    Es bringt womöglich nur Trump etwas: die nicht rationalen Trotzwähler, die über alle seine krassen Sprüche lachen und begeistert sind beim Abknallen Anderer.



    Im Gegenteil bei den rechtspopulistischen Anti-Washington Emotionalen wird Pelosi nur noch mehr verhasst sein.



    Bei Handelsabkommen sind aber Reps und Dems einig.

  • Where's the beef?

    Zitat: „Trump loswerden, weil er lügt, manipuliert und der Welt schadet“

    Was? Ein US-amerikanischer Präsident, der „lügt, manipuliert und der Welt schadet“? So what? Und deswegen ein Impeachment? Dann hätte die Geschichte der US-Präsidentschaften eine unendliche Folge derartiger Verfahren sein müssen. Where's the beef?

    • @Reinhardt Gutsche:

      Nein, nicht "deswegen ein impeachment". Das impeachment wurde angestrebt weil Trump (unter vielem anderen) der Ukraine Hilfe vorenthalten wollte bis sie Ermittlungen gegen Joe und Hunter Biden angestoßen haben.

      Joe Biden ist ein potentieller Gegner im nächsten Wahlkampf. Laut Zeugen war das von Trump als "quid pro quo" beabsichtigt. "Helft ihr mir beim Wahlkampf helfe ich euch bei Euren Problemen". Das ist eine "impeachable offense" und hat den Stein ins Rollen gebracht. Es gab allerdings noch mehr Punkte, dafür braucht man nur einmal zu googlen.

      • 9G
        90118 (Profil gelöscht)
        @Yodel Diplom:

        beide bidens sind wahrscheinlich nicht besser als trump - sichtbar genau an ihrer verstrickung in die unsauberen geschäfte in der ukraine.



        diese wirkt eher wie eine kleine vorahnung dessen, was unentdeckt darüber hinaus noch so läuft.



        trumps befürworter werden sich die chance nicht entgehen lassen, seine märtyrerrolle gegen die korrupte geldgier der bidens auszuspielen.

        • @90118 (Profil gelöscht):

          "beide bidens sind wahrscheinlich nicht besser als trump - sichtbar genau an ihrer verstrickung in die unsauberen geschäfte in der ukraine."

          Das mag sein, das mag nicht sein. Ändert nichts an der Situation dass Trump dazu aufgefordert hat einem Rivalen zu schaden.

          "diese wirkt eher wie eine kleine vorahnung dessen, was unentdeckt darüber hinaus noch so läuft"

          Das tut hier rein garnichts zur Sache. Was die Bidens gemacht oder nicht gemacht haben muss man separat betrachten. Trump jedenfalls hat sich illegal verhalten und ist dafür impeached worden.

          Ich bitte von weiterem whataboutism abzusehen.

  • Pelosi kann theoretisch das Verfahren stoppen bis die Demokraten eine Mehrheit im Senat bekommen. Die Weitergabe der Anklage an den Senat kann sogar in einer eventuellen zweiten Amtszeit Trumps passieren - zumindest wurde mir das so erklärt.

    • @Yodel Diplom:

      ...und sollte sie das machen, dann waere auch dem letzten klar, dass das ganze Verfahren nur politisch war und es zu keinem Zeitpunkt darum ging, dass Trump eine Gefahr darstelle (wie es gerne behauptet wurde). Denn wenn dem so waere und die Beweise so klar sind, wie kann man dann auch nur einen Tag laenger warten?

      • @monkey:

        Naja, Monkey. Es würde genau dann Sinn machen, wenn man wüßte, dass das Impeachment-Verfahren nicht erfolgreich sein kann, solange Republikaner die Mehrheit im SEnat haben. Da warten bis die DEmokraten diese erringen, wäre dann überhaupt kein Beweis, dass Trump in wirklich keine Gefahr darstellte und es nur um politische Ränkesopiele geht, sondern es wäre vernünftige Taktik, weiul ja eben nur so Trump aus dem Amt gejagt werden könnte...



        Man kann es also so oder so sehen...

      • @monkey:

        a) Es geht um Politik, alles daran ist politisch.



        b) Das Ganze muss in den Senat. Der Senat ist von Republikanern dominiert. Der Vorsitzende des Senats (der auch sowas wie ein Richter wäre) hat, wie andere Republikaner (die sowas wie Schöffen darstellten) auch, erklärt er gedenke nicht ein faires Verfahren abzuhalten, er werde sämtliche Beweise ignorieren.

        In einem anderen Gerichtsverfahren wäre das der Zeitpunkt Befangenheit geltend zu machen und den Richter und die Schöffen austauschen zu lassen. Diese Möglichkeit hat man beim Impeachment aber nicht. Man kann McConnell und andere auffordern sich aus diesem Verfahren zu entfernen, was auch von allen möglichen Seiten geschieht, aber ein juristisches Recht darauf hat man nicht.

        Ja, Trump ist gefährlich, in vielerlei Hinsicht, genau darum muss man hier klug handeln und nicht die einzige Chance ihn aus dem Amt zu entfernen vertun indem man sehenden Auges an einen feindlichen Senat weitergibt. Einem Senat der offen sagt dass er kein faires Verfahren abhalten wird

      • 6G
        65572 (Profil gelöscht)
        @monkey:

        Wenn Sie den Punkt 5 des Artikels lesen würden, wäre es Ihnen klarer.