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Amseln sterben am UsutuvirusKranke Amseln? Betreffen uns nicht

Werden Amseln von einem Virus dahin gerafft, unternehmen wir nichts. Bei Füchsen ist das anders, weil es um die Gesundheit von Menschen geht.

Eine erkrankte Amsel. Helfen? Wir doch nicht Foto: dpa

„Komplette Straßenzüge in Hamburg liegen voll mit toten Amseln,“ berichtet Renke Lühken vom Institut für Tropenmedizin in Hamburg dem NDR.

In Berlin habe ich bisher nur eine Amsel mit den entsprechenden Symptomen – Apathie, geringe Fluchtneigung – gesehen.

Der Usutu-Virus wird durch Stechmücken übertragen, auch auf Menschen, was zu einer Hirnhautentzündung führen kann – muss aber nicht, bei Amseln wirkt er dagegen schon nach wenigen Tagen tödlich.

„Es gibt kein Gegenmittel gegen das Usutu-Virus und auch keinen Impfstoff. Infizierte Vögel sterben entweder oder aber entwickeln Antikörper.“ Es sei stets so, dass es in einer Region eine Epidemie gebe, der Vogelbestand werde dort stark reduziert, viele Wirte würden sterben, viele überlebende seien dann aber immun und im kommenden Jahr sei alles wieder normal, erklärt Usutu-Experte Lühken.

Mangelnder Nutzen

Der Virus wurde 1959 in Südafrika erstmals identifiziert, 2001, 2005 und 2006 kam es seinetwegen auch in Mittel- und Südeuropa zu einem Wildvogelsterben. Warum seitdem kein Impfstoff gegen Usutu entwickelt wurde, lässt sich wohl mit dem mangelnden Nutzen der Amseln erklären.

Bei den Füchsen, die die Tollwut und den Fuchsbandwurm übertragen können (weswegen man sie jahrzehntelang gejagt und vergast hat, ohne sie ausrotten zu können), hat man das getan: Es wurden erfolgreich Schutzimpfungen entwickelt, die ab 2008 mit Fleischködern ausgebracht wurden.

Seitdem sind die hiesigen Füchse tollwutfrei und demnächst wohl auch ohne Bandwürmer, die im übrigen nicht ihnen schaden, sondern nur uns – als Zwischenwirte. Diese Entwicklung der Impfstoffe geschah, um die Menschen zu schützen.

Bei den infizierten Amseln ist das leider nicht nötig, da die Infektion mit dem Usutu-Virus für uns meist symptomfrei oder mit geringen Beschwerden verläuft.

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6 Kommentare

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  • Herr Höge, danke, daß Sie den NDR-Artikel verlinkt haben, da finde ich alle wichtigen Informationen. Den Fuchsbandwurm-Anhang in Ihrem Text, sozusagen als Menschen-Bashing, hätte ich nicht gebraucht.

  • Lieber Herr Höge,



    leider ist es nicht ganz so einfach. Nun ist ja der Tollwut Erkrankung schon sehr lange bekannt. Es gab schon die ersten Impfstoffe 1885. So viel Zeit hatten die mitteleuropäischen Virologen für das Usutu Virus nicht, wenn der erste Ausbruch 2001 war. Es gibt heutzutage Viren, für die einfach immer noch keine Impfstoffe entwickelt werden konnte, obwohl sie für Menschen gefährlich sind, wesentlich länger bekannt sind und Massenhaft Forscher daran arbeiten (z.B: HIV). So eine Impfstoffentwicklung dauert in der Regel sehr lange. Es sei denn man hat wirklich viel Glück und findet durch Zufall gleich den richtige Impfstoff, der auch durch Schluckimpfung (besser Fressimpfung) verabreicht werden kann. Ausprobiert werden muss er dann trotzdem noch. Einfach mal so alle Amseln impfen, ohne dass ein Nutzen erwiesen ist, ist ethisch nicht vertretbar. Ungeprüft Freßköder ausbringen, die dann eventuell noch andere Tiere z.B. Menschen gefährden können, wäre einfach problematisch. Eine Prüfung würde ich mal locker mit 20 Jahren Forschung und Entwicklung anberaumen. Dann können wir noch mal darüber reden, ob es Impfungen für Amseln gibt oder nicht. Aber nach ihrem Bericht zu schließen, sind dann sowieso die überlebenden Amsel bereits immun gegen das Virus oder ausgestorben.



    Sie haben natürlich recht, dass die Entwicklung des Impfstoffes vermutlich keiner bezahlen würde. Ist nicht gefährlich genug. Immerhin leisten wir uns ein Forschungsprojekt zu dem Thema, sonst würde es keinen Experten dazu geben. Der kann vermutlich forschen und Diagnostik entwickeln, egal welchen Nutzen das hat. Das ist doch schon mal positiv und ein gutes Zeichen für die deutsche Forschungslandschaft. Das wird nicht in jedem europäischen Land so sein. Deswegen wäre es auch in Zukunft wünschenswert, dass es genügend Forschungsgelder für Projekte gibt, die keinen direkten Nutzen für Menschen haben.

  • 8G
    83663 (Profil gelöscht)

    "Eine erkrankte Amsel. Helfen? Wir doch nicht."



    "In Berlin habe ich bisher nur eine Amsel mit den entsprechenden Symptomen – Apathie, geringe Fluchtneigung – gesehen."



    ... und was genau getan?

    • @83663 (Profil gelöscht):

      Was soll er den tun?

      "Warum seitdem kein Impfstoff gegen Usutu entwickelt wurde, lässt sich wohl mit dem mangelnden Nutzen der Amseln erklären."

  • 8G
    83663 (Profil gelöscht)

    "Werden Amseln von einem Virus dahin gerafft, unternehmen wir nichts."



    „Es gibt kein Gegenmittel gegen das Usutu-Virus und auch keinen Impfstoff. Infizierte Vögel sterben entweder oder aber entwickeln Antikörper.“

    • @83663 (Profil gelöscht):

      "Warum seitdem kein Impfstoff gegen Usutu entwickelt wurde, lässt sich wohl mit dem mangelnden Nutzen der Amseln erklären." Darum geht es.