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Ampel-Koalition ist lädiertIrgendwie durchwurschteln

Lukas Wallraff
Kommentar von Lukas Wallraff

Die Koalitionspartner treten sich gegenseitig auf die Füße, einzig bei der Ukraine-Hilfe ist man sich einig. Sind Neuwahlen die Lösung?

Die Sache mit der Ampel Comic: Mario Lars

M an hat es fast vergessen, aber die Ampel war am Anfang ein durchaus interessantes Experiment. Eine in der deutschen Politik noch nie da gewesene Ménage-à-trois aus sehr gegensätzlichen PartnerInnen, die versuchen wollten, neuen Schwung in die Groko-müde Repu­blik zu bringen. Vorbei. Die Selfies sind vergilbt. Nach eineinhalb Jahren wankt die Regierung unglücklich erschöpft in ihre sommerliche Halbzeitpause.

Neuen Schwung hat die Ampel leider nur der AfD gebracht. Selbst die altertümliche Merz-Union liegt weit vor SPD, FDP und Grünen. Wie konnte das passieren? Und kann die Ampel noch zueinanderfinden? Es sind ja noch zwei Jahre bis zur nächsten Wahl. Doch wer das als tröstliche Aussicht empfindet, muss schon Olaf Scholz heißen und selbst im tiefsten Keller daran glauben, dass am Ende alles gut wird, wenn man nur stoisch durchhält, weil das bei ihm ja schon einmal geklappt hat.

Mit dieser Haltung kann man es sich auch leisten, wie der Kanzler in einer Stunde bei „Maischberger“ allen Fragen auszuweichen, die Probleme schönzureden und einfach gar nichts Konkretes mehr anzukündigen. Aber ob das gut geht? Die Ampel hat drei akute Herausforderungen: Krieg in Europa, Klimakrise und Migration – aber sie findet nur für eine dieser Aufgaben halbwegs zusammen. In der Unterstützung für die Ukraine gegen den russischen Angriffsterror und der Aufrüstung gegen Putin ist sie sich einig.

Dass die AfD davon als einzige konsequente Protestpartei profitiert, lässt sich wohl nicht vermeiden. Bei Klima und Migration hingegen hat es die Ampel durch Fehler und ihre Zerstrittenheit geschafft, so gut wie alle zu verprellen. Nur den Reichen wird nichts abverlangt. Mit dem miserabel kommunizierten Heizungs­gesetz hat die Ampel die sowieso Klimaschutzunwilligen erst richtig in Fahrt gebracht, selbst Aufgeschlossene verschreckt und die Engagierten trotzdem enttäuscht.

In der Asylpolitik sind viele entsetzt, weil die Ampel der EU-Abschottung zustimmt. Anderen geht sie nicht weit genug. Und auch Gutwillige können nicht verstehen, warum Berlin nicht mehr Geld für die Inte­gra­tion der Geflüchteten zur Verfügung stellt. Hier liegt der Kern des Ampelproblems: Schwungvolle Klima- und Migrationspolitik sind nur mit viel Geld möglich. Und mit einer Sozialpolitik, die für gesellschaftlichen Ausgleich sorgt.

Dafür aber müsste man die Steuern für Gutverdienende erhöhen, was die FDP jedoch verweigert. Oder Schulden machen, wozu die FDP aber nur für die Notwehr gegen Russland bereit ist. Für die anderen Krisen fehlt so die Kraft. Da sie bei Neuwahlen keine Chance hätte, wird die Ampel wohl versuchen, sich ohne weitere konfliktträchtige Großprojekte durchzuwursteln. Weniger Fehler wären schon ein Fortschritt.

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • In dieser Krise leuchtet mir nur ein Ausweg ein:



    Wir brauchen einfach erstens eine sozialdemokratische und zweitens eine grüne Partei (oder umgekehrt).



    Ich sehne mich nach einer sozialdemokratischen Partei, die sich auch als Bewegung versteht, für die z.B. gute Arbeit, funktionierende, klimaneutrale Transportmittel und Rekommunalisierung einen höheren Rang hätte als Doktortitel und eine gute Beziehung zu Privatbanken, aufgeblasenen Zwergen der "new economy" wie "wirecard", zur russischen Gazprom oder zu chinesischen Autofirmen wie Volkswagen mit ihren Abgasmanipulationen (und ja, gut bezahlten Arbeitsplätzen).



    Die Befriedigung von Grundbedürfnissen wie die Gesundheitsversorgung, ein Dach über dem Kopf, Wasser-und Energieversorgung würden verbessert und vor ständiger Privatisierung geschützt. Die Bahn wäre keine AG. Steinzeitprojekte wie der Ausbau von Autobahnen und die Versiegelung der Städte wie in Berlin wären illegal. Projekte mutloser Selbstaufgabe wie die Beteiligung an einer kleinen Groko (statt Minderheitsregierung) kämen gar nicht erst in Frage. Und ich wünsche mir eine grüne Partei/Bewegung, die weder Menschenrechte noch ihren inneren Zusammenhalt faulen Kompromissen und Eitelkeiten opfert, sobald sie in der Nähe der Macht Schwindelgefühle verspürt.

  • Der letzte SPD-Kanzler als Scholz-Vorgänger ist mit dem Vorhaben "Vorgezogene Neuwahlen" grandios gescheitert an der von ihm selbst maßlos unterschätzten Gegenkandidatin. Ein Déjà-vu ist das realistische Szenario für Scholz, bei allerdings anderer Gegnerschaft mit nun vertauschten Rollen: Maskuline Überheblichkeit jetzt seitens der Unions-Spitze.



    //



    "Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 ist es dreimal zu Neuwahlen nach einer gescheiterten Vertrauensfrage gekommen. Der Bundespräsident löste den Bundestag auf und Neuwahlen fanden statt.1972 hat der damalige Bundeskanzler Willy Brandt, 1982 der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und 2005 der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Vertrauensfrage gestellt. Alle drei wollten, dass es Neuwahlen gibt. Deshalb sorgten sie dafür, dass sie mit ihrer Vertrauensfrage im Bundestag scheiterten."



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    www.bpb.de/kurz-kn...zeitige-neuwahlen/



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    Der aktuelle Bundespräsident hat die SPD schon einmal in Sachen Ausrichtung auf ein etwaiges Nicht-Regieren-Wollen korrigiert. Die "Erzählung" der Regierung muss sich mit positiven Beiträgen zu Leistungen zu einer Erfolgsstory entwickeln, aber faktenbasiert und nicht mittels Vier-Letter-Gazette.

  • Um so weniger Kraft die Regierung hat, umso mehr kommt es auf die Einsicht einer aufgeklärten Bevölkerung an. Daß weniger im Jetzt immer mehr ist, zumindest beim Konsum. Und ich finde, daß dies auch von allen Leuten kommuniziert werden muß, die etwas zu sagen und verstanden haben.



    Dieser alten Leier der Produzenten überflüssigen Drecks, von den Arbeitsplätzen, der Wichtigkeit von Autobahnen, Individualverkehr und Ferienfliegern muß endlich mal der Stecker gezogen werden. Denn das Überleben hängt davon ab, fast alles anders zu machen als bisher. Leute wie die in unserer Regierung, geschweige die der Oppositionen, sind dazu nicht willens oder nicht in der Lage. Deshalb brauchen wir viele kleine einzelne KommunikatorInnen, die wenigstens einen Teil der nötigen Arbeit vollbringen. Es geht um alles. Nichts weniger !



    Heute hieß es, daß sie grüne Umweltministerin Lemke den Abschuß sogenannter "Problemwölfe" befürwortet. Wieder eine, die sich von den Lobbys "überzeugen" ließ. Wölfe, die schlecht gesicherte Schafe reißen, benehmen sich nicht problematisch, sondern artgemäß. Das sollte für eine grüne Umweltministerin selbstverständlich sein.



    Eklig.