Almuth Schult verlässt den VfL Wolfsburg: Eine letzte Bierdusche
Mit einem fünfzehnten Titel in der Tasche geht Torhüterin Almuth Schult zum Angel City FC in Los Angeles. Der Verein ist ein feministisches Projekt.
Während nach dem letzten Bundesligaheimspiel die Tränen flossen, überwog am Samstag doch die gute Laune. „Es ist noch nicht vorbei, die Party kommt ja noch“, sagte Schult nach der Siegerinnenehrung. Sie war eine der ersten, die ein Getränk in der Hand hielten, verpasste dem Wolfsburger Trainer Tommy Stroot noch auf dem Platz eine hinterhältige Bierdusche.
Schult ist nicht nur Fußballerin und Partykanone. Die 31-Jährige ist TV-Expertin, DFB-Kritikerin, Unterstützerin der Initiative „Fußball kann mehr“. Sie thematisiert die fehlende Gleichberechtigung im Profifußball, das Muttersein im Leistungssport, bemängelt leere Zuschauer*innenränge und die geringe Leistungsdichte in der deutschen Liga.
Letztere ist für sie auch ein Grund für den Wechsel in die USA. Bald spielt sie dort für den Angel City FC in Los Angeles. Die nordamerikanische Fußballliga ist ausgeglichener, der Sport hat zudem einen anderen Stellenwert. Man spiele dort auch anders, sagte Schult in der Woche vor dem Finale: „weniger technisch, taktisch, sondern mit mehr Tempo und Zug zum Tor“. Hohe Bälle, mehr Distanzschüsse – das alles sei vor allem für sie als Torfrau interessant.
Berühmte Frauen im Hintergrund
Noch ein Grund für ihren Weggang: Das Team ist ein besonderes, hat Vorbildcharakter. Erst seit diesem Jahr spielt Angel City in der Liga. Der Club ist fest in der Hand von verschiedensten Frauen: Mitgründerin ist Schauspielerin Natalie Portman, zu den Eigentümerinnen zählen Sportlerinnen wie Serena Williams, Lindsey Vonn und Billie Jean King oder Hollywoodstars wie Eva Longoria und Jennifer Garner. Es geht um Gerechtigkeit – im Sport und außerhalb. „Der Verein hat einen Auftrag, den ich gern begleiten möchte“, so Schult.
Ihre Nachfolgerin beim aktuellen deutschen Meister Wolfsburg wird Nationaltorhüterin Merle Frohms. Sie hatte Schults Stammplatz im Tor des Nationalteams mit dem Start von deren Babypause übernommen. Mit Frohms kämpft Schult um den Platz in der Startelf für die kommende Europameisterschaft. Denn nicht nur Kisten packen ist jetzt angesagt, auch regenerieren und vorbereiten. Anfang Juli geht das Turnier in England los. Frohms dürfte aktuell die Nase vorn haben. Schult will der Trainerin die Entscheidung aber so schwer wie möglich machen. Ihre Nationalmannschaftskarriere aufzugeben, kommt für sie nicht in Frage.
Die Betreuung der Zwillinge haben Schult und ihr Mann bislang mithilfe der Großeltern gemeistert. Beim VfL waren die Kleinkinder sogar mal im Trainingslager dabei. In L.A. geht der Nachwuchs einfach länger als bislang in die Kita, erklärte Schult. Und für den neuen Verein seien spielende Kinder auf dem Rasen wohl auch kein Problem.
Auf eine „andere Art der Familienzeit“ freut Schult sich in den USA; darauf, neben dem Fußball mal zur Ruhe zu kommen. Doch nicht gänzlich wohlgemerkt: „Ich bin nicht der Typ, um ruhig zu sein“, antwortete sie auf die Frage, ob mit der Distanz nun auch weniger von ihr zu hören sein werde. „Meine Grundeinstellung zum Frauensport, diesen weiterzubringen, wird bleiben.“ Spannend werde trotzdem, welche Frau künftig an ihrer Stelle bei Fragen zur Liga gelöchert werde. „Der Sport braucht Gesichter. Dann kommen auch mehr Leute ins Stadion.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste