piwik no script img

Alexej Nawalny gründet StiftungAus dem Knast gegen Korruption

Der inhaftierte Kreml-Gegner Nawalny gründet eine Anti-Korruptions-Stiftung. Die erste Einlage stammt von ihm selbst: das Preisgeld seines Sacharow-Preises.

Putins schärfster Gegner: Alexej Nawalny auf dem Weg zum Gericht vor seiner Haftverurteilung Foto: Moscow City Court/dpa-Bildfunk

Moskau dpa/taz | Der inhaftierte Kreml-Gegner Alexej Nawalny hat die Gründung einer internationalen Organisation zur Korruptionsbekämpfung bekanntgegeben. „Wir präsentieren Ihnen die Anti-Corruption Foundation International“, ließ der 46-Jährige am Montagabend über sein Team im Nachrichtendienst Telegram mitteilen.

Der Mitteilung zufolge gehören unter anderem der belgische Europaabgeordnete Guy Verhofstadt, die US-Publizistin Anne Applebaum und der US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama zum Aufsichtsrat. Fukuyama schrieb bei Twitter, er sei „geehrt“. Von Verhofstadt und Applebaum lagen zunächst keine Reaktionen vor.

Nawalny erklärte: „Der Fonds wird völlig transparent und klar sein, und der erste Beitrag zu seiner Existenz wird der Sacharow-Preis sein, der mir vom Europäischen Parlament verliehen wurde.“ Das Preisgeld betrug 50.000 Euro.

Der russische Präsident Wladimir Putin werde es nicht schaffen, den Fonds zur Bekämpfung der Korruption zu zerstören, sagte Nawalny weiter. Vor rund einem Jahr war Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung in Russland als extremistisch verboten worden. Putins wohl schärfster Gegner hat sich mit seinen Enthüllungen über Machtmissbrauch im russischen Staatsapparat viele Feinde gemacht. Im Mai dieses Jahres bestätigte ein Gericht die neunjährige Haftstrafe gegen Nawalny wegen angeblichen Betrugs. Die russische Justiz steht im Ruf, vom Kreml gesteuert zu sein. Menschenrechtler sprechen von einem Instrument der Willkür.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Nawalny hat meinen Respekt.

    Ein so intelligentes und mutiges Kaliber wäre der optimale Präsident für die ausgeplünderten Menschen in Russland.

  • Ich bin etwas verwundert. Solange Nawalny frei war, wurde er von den Staatsorganen mit äußerstem Misstrauen überwacht.



    Doch nun als Häftling tut er Dinge, die ein Russe heutzutage lieber nicht tun würde, um nicht Ärger zu bekommen: Er gründet eine internationale Organisation und verkündet das über Twitter (hat er im Knast hierzu die technischen Möglichkeiten?).



    Wenn ich mich recht entsinne, ist er zu Zwangsarbeit verurteilt. Bleibt ihm nach dem „Arbeitstag“ noch Zeit, sich um seine Organisation zu kümmern? Und die sicher sehr strengen Staatsorgane einschl. Gefängnisverwaltung merken das nicht und/oder lassen ihn gewähren? Sehr merkwürdig.

    • @Pfanni:

      Ich bin mir nicht sicher, ob ihre Fragen wirklich ernst gemeint sind, aber vielleicht kann ich es aufklären:



      Nawalny hat im Gefängnis natürlich keinerlei Zugang zum Internet.Seine Accounts in sozialen Netzwerken führen andere in seinem Auftrag für ihn weiter. Regelmäßig tauchen dort auch Texte von ihm selbst auf, die hat er dann einem seiner Anwälte diktiert.



      Seine Stiftung leiten und die Stiftungsaufgaben selbst erledigen muss er nicht selbst, das machen, wie schon vor seiner Verhaftung, die angestellten Mitarbeiter der Stiftung (mittlerweile aus dem Exil).



      Sein Gefängnisalltag beschrieb er in einer seiner über die Anwälte vermittelten Botschaften vor kurzem in etwa so:



      Er ist in einer geschlossenen Abteilung innerhalb des Gefängnisses mit einem Dutzend Lebenslänglicher untergebracht, die mit ihm nicht reden dürfen.



      Seine Arbeit als Näher verrichtet er 6 Tage die Woche nicht in der Werkstatt zusammen mit anderen, sondern allein in einem separaten Raum. Die verbleibende Zeit außer Essen, schlafen, Waschen vergeht größtenteils damit, dass er unter Bewachung stundenlang allein in einem Raum auf einer Holzbank sitzt und ein Putinporträt anschaut, dass an der gegenüberliegenden Wand hängt.



      Ob das, was er tut oder nach außen kommuniziert, ihm "Ärger bringt", dürfte ihm herzlich egal sein, da er sowieso solange sitzen wird, wie Wladimir Putin Russland regiert.

      • @Barbara Falk:

        Danke für die Informationen. Dennoch: Es sollte ich wundern, wenn die Staatsmacht nicht jeden Kontaktweg, jede Kontaktperson und jedes übermittelte Wort nicht strengstens überwacht und untersucht und im Falle des Missfallens für X Tage/Wochen/Monate/(Jahre) Kontaktverbot verhängt. Und das dürfte Nawalny durchaus nicht egal sein.