piwik no script img

Aldi lässt Immobilie leer stehenÄrger mit Discounter-Bau

Die Aldi-Immobiliengesellschaft lässt Flächen im Einkaufszentrum in Finkenwerder seit Jahren leer stehen. Es droht eine Vertragsstrafe.

Zur Hälfte leer: Einkaufszentrum Finkenwerder Foto: Daniel Nide

hamburg taz | Wer mit der Fähre in Finkenwerder ankommt, sieht linker Hand ein großes Gebäude aus Glas und Backstein mit gebogenem Dach und Bullaugen. Große Hoffnungen verbanden sich auf der Elbinsel mit diesem Neubau, doch stattdessen streitet sich die Politik mit seinem Eigentümer Aldi. Denn der größte Teil des Gebäudes steht leer und vom „Programm zur städtebaulichen Belebung Finkenwerders“, das Voraussetzung für die Baugenehmigung war, sind nur zwei Supermärkte übrig geblieben.

Nach jahrelangem Hin und Her hat der zuständige Regionalausschuss der Bezirksversammlung Mitte der Aldi-Immobiliengesellschaft jetzt einstimmig ein Ultimatum gestellt. Falls diese nicht bis zum 31. August ihren Verpflichtungen gegenüber der Stadt nachkommt, droht eine Vertragsstrafe. „Dann tun wir ihnen weh“, sagt Ralf Neubauer, der für die SPD im Regionalausschuss sitzt. Dabei gehe es nicht zuletzt darum, auch anderen Investoren zu demonstrieren, „dass wir öffentlich-rechtliche Verträge im Städtebau im Zweifelsfall auch zwangsweise durchsetzen“.

Der Vertrag mit Aldi-Immobilien war 2008 zustande gekommen, als sich der Discounter auf der im Hafengebiet liegenden Fläche am Köhlfleet mit einem typischen Neubau vergrößern wollte. Die Finkenwerder PolitikerInnen waren bereit, diesem Wunsch nachzukommen, weil sie befürchteten, Aldi könnte den Stadtteil verlassen. Es sei die Rede von einer drohenden „Nahversorgungslücke“ gewesen, erinnert sich der CDU-Politiker Matthias Lloyd.

Kein Flair im Shopping-Zentrum

Gleichzeitig wollte der Regionalausschuss diese attraktive Lage am Wasser unweit des Ortskerns aber nicht nur zum Einkaufen genutzt wissen. In die sehr großzügig angelegten Obergeschosse sollten ein Gastro­nomiebetrieb, Büros und Dienstleister wie Arztpraxen einziehen. Darüber hinaus sollten große öffentliche Parkplätze angelegt werden und an der Spundwand des direkt angrenzenden Kutterhafens sollte Aldi eine Treppe errichten, als Aussichtsplattform und als Zugang zu den Stegen.

Städtisches Flair hat heute allenfalls die Caféterrasse, die an den Edeka-Supermarkt angedockt ist. Alle anderen Punkte sind bis dato leere Versprechungen geblieben. Die Parkplätze sind nicht öffentlich. Die Flächen von 1.000 Quadratmetern im ersten Obergeschoss nebst einer noch größeren Dachterrasse sowie die Fläche von 400 Quadratmetern im zweiten Obergeschoss mit einer ebenso großen Dachterrasse wollte keine der avisierten Gastro­nomieketten wie Schweinske oder Blockbräu übernehmen.

Das sei nicht ihr Problem, wenn sich kein Abnehmer für die Flächen finde, gibt der CDU-Politiker Lloyd die Einstellung von Aldi wieder und bemängelt, wie die anderen Finkenwerder Lokalpolitiker, dass Aldi keinerlei Anstrengungen unternehme, die Flächen beispielsweise zu unterteilen. Dadurch könnten die laut Lloyd „zahlreichen Interessenten, die es im Stadtteil gibt“ eine Möglichkeit bekommen, dort Räumlichkeiten zu mieten.

Aldi hatte gegenüber dem Regionalausschuss argumentiert, die Gastronomiefläche lasse sich nur schwer aufsplitten, weil es nur eine bestimmte Anzahl WCs und Küchen gebe. Laut Ausschuss-Protokoll beteuerte die Aldi-Immobilienverwaltung, dass ein Leerstand unerwünscht sei. Die Treppe zum Kutterhafen sei wegen des häufigen Vandalismus hinter dem Einkaufszentrum nicht gebaut worden. Für die oberen Stockwerke müsse über andere Nutzungen nachgedacht werden, etwa über eine Kita. Das wollte das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung des Bezirks allerdings nicht.

Aldi gibt sich diplomatisch

„Die Haltung von Aldi ärgert uns fürchterlich“, sagt SPD-Politiker Ralf Neubauer und erinnert daran, wie sehr der Bezirk dem Unternehmen entgegen gekommen sei – nicht zuletzt, weil er es geschafft habe, die knapp 11.000 Quadratmeter große Fläche überhaupt aus dem Hafengebiet herauslösen zu lassen.

Umso mehr war dem Bezirk an einem Mehrwert für den Stadtteil gelegen, der Regionalausschuss hielt deswegen im Durchführungsvertrag fest, dass sich die „Vertragsparteien auf eine sinnvolle zumutbare und interessengerechte Lösung einigen“, falls – als ob sie es geahnt hätten – „eine Vermietung an einen Gastronomiebetreiber trotz intensiver Bemühungen nicht möglich sein sollte“.

Aldi gibt sich derweil diplomatisch und teilt mit, „im Austausch mit der Stadt“ zu stehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!