Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Empörung über Jens Spahn
In Deutschland steht der Gesundheitsminister in der Kritik. Die Infektionslage in Indien beruhigt sich. Außerdem: kein Public Viewing zur Männer-EM.
Erneute Empörung um Jens Spahn
Gesundheitsminister Jens Spahn steht nach einem „Spiegel“-Bericht über den Umgang mit angeblich minderwertigen Coronamasken in der Kritik. Spahns Ministerium hatte demnach Anfang 2020 für eine Milliarde Euro unbrauchbare Masken gekauft. Nach Plänen des Gesundheitsministeriums sollten die Masken, die nicht nach hohen Standards getestet worden seien, an Menschen mit Behinderung oder an Obdachlose gehen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wies die Darstellung zurück, dass die Gefährdung von Menschen in Kauf genommen worden sei – auch von Angehörigen besonders vulnerabler Gruppen. „Das ist ein nicht akzeptabler Vorwurf, der von keinen Fakten gedeckt ist“, twitterte das BMG.
Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans fordert Konsequenzen. „(CDU-Chef) Armin Laschet muss sich jetzt der Frage stellen, ob dieses skandalöse Vorgehen von Jens Spahn für eine Partei mit einem christlichen Etikett noch tragbar ist“, sagte Walter-Borjans der Bild am Sonntag. „Die Öffentlichkeit hat das Recht auf eine schnelle Antwort.“
Walter-Borjans sagte der Zeitung: „Es ist unwürdig und menschenverachtend, wenn ein Gesundheitsminister Menschen in zwei Klassen einteilt, nämlich die mit Anspruch auf qualitätsgeprüfte Masken und die, für die absolut untaugliche Masken gut genug sind, um ihr Leben eben nicht zu schützen.“ Und: „Wenn das einem Minister der SPD einfiele, wüssten wir, was zu tun ist.“
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich „erschüttert“ und erwartet „eine umgehende Erklärung vom Minister selbst“. Göring-Eckardt sagte der „Bild am Sonntag“: „Die Bundesregierung darf keinen Zweifel daran lassen, dass Leben und Gesundheit jedes Menschen gleich viel zählt und nicht aufs Spiel gesetzt wird, um eigene Fehler unter den Teppich zu kehren.“ (dpa)
Sieben-Tage-Inzidenz sinkt unter 25
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 2.440 neue Positiv-Tests. Das sind 1.412 weniger als am Sonntag vor einer Woche, als 3.852 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter auf 24,7 von 26,3 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. 74 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 89.222. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,7 Millionen Coronatests positiv aus.
Aus Sicht der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hat sich die Belastung in den Kliniken verbessert. „Auf den Stationen ist deutliche Entspannung zu spüren“, sagte der DIVI-Präsident Prof. Gernot Marx gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) laut Vorabbericht. Die Entwicklungen gingen in die richtige Richtung. Die Zahlen zeigten, dass sich die übergroße Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger sehr diszipliniert verhalte, Impfungen und die Bundesnotbremse ihre Wirkung entfalteten. Jedoch könnten im Herbst die Infektionen wieder zunehmen, wenn viele Menschen unvorsichtig würden. Eine vierte Welle sei möglich. „Das Risiko dafür, dass es erneut viele Schwerkranke und Todesfälle geben könnte, besteht weiterhin.“ (rtr)
Kinder mit Vorerkrankungen sollen geimpft werden
Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich für gezielte Impfungen von Kindern mit Vorerkrankungen ausgesprochen. Auch bei Kindern und Jugendlichen könnten gesundheitliche Risiken oder Vorerkrankungen vorliegen, sagte Lambrecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Ärztinnen und Ärzte können hierbei am besten beurteilen und beraten, für wen eine Impfung am dringlichsten ist.“ Wichtig sei es, dass Eltern und ihre Kinder gemeinsam mit Ärzten eine verantwortungsbewusste und freiwillige Entscheidung treffen könnten. Dafür brauchten sie vor allem eine umfassende Aufklärung mit fundierten Informationen.
Empfohlener externer Inhalt
Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) kritisiert derweil angesichts der knappen Impfdosen die Aufhebung der Impfpriorisierung ab Montag. „Im Lichte der aktuellen Engpässe ist es ein Fehler, die Priorisierung jetzt aufzuheben“, sagte die BVKJ-Vorsitzende in der Region Nordrhein, Christiane Thiele, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Damit hätte man warten sollen.“ Die Priorisierung sei zwar auf dem Papier aufgehoben, nun finde sie aber im Wartezimmer statt. So lange es nicht genug Impfstoff gebe, würden viele Kinder- und Jugendärzte die Risikogruppen impfen. (epd)
Lage in Indien beruhigt sich
Angesichts deutlich sinkender Infektionszahlen im einstigen Corona-Hotspot Indien wagen die Millionenstädte Delhi und Mumbai zusammen mit weiteren Regionen erste Lockerungen. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden war den Gesundheitsbehörden zufolge auf 120.529 Fälle gesunken – und damit deutlich unter den Anfang Mai erreichten Spitzenwert von 400.000.
In der Metropolregion Delhi, die sich seit 19. April im Lockdown befindet, könnten am Montag wieder Märkte und Einkaufszentren öffnen, teilte der dortige Regierungschef Arvind Kejriwal mit. Zudem dürfe die Metro mit der Hälfte ihrer Sitzplatzkapazität wieder fahren. Auch Büros könnten mit der Hälfte ihrer Belegschaft wieder öffnen.
Die Infektionszahlen in Indien waren Ende Februar mit dem Beginn einer zweiten Coronawelle von 10 Millionen Fällen auf knapp 28,7 Millionen gesprungen. Mehr als 334.000 Menschen starben auf dem Subkontinent in Zusammenhang mit dem Coronavirus. (dpa)
Vergütung für Coronatests soll sinken
In einigen Corona-Testzentren sollen deutlich mehr Abstriche abgerechnet worden sein als tatsächlich vorgenommen. Das Gesundheitsministerium will die Vergütung für die Schnelltests nun deutlich senken.
Wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung und Qualität der Corona-Schnelltests plant das Bundesgesundheitsministerium eine Neufassung der Testverordnung. Diese sehe eine Reduzierung der Vergütung für die Tests vor, berichtete die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf ein neues Eckpunktepapier. Darin heißt es, die „Vielzahl an unterschiedlichen Vergütungsmöglichkeiten und die Höhe der derzeitigen Vergütungen“ biete „Anreize für strategisches Verhalten“.
Laut Eckpunktepapier sind zudem verstärkte Kontrollen vorgesehen. Die zuständigen Behörden der Länder und Kommunen sollen demnach die Einhaltung der Qualitätsstandards und die Zuverlässigkeit bei den Leistungserbringern überprüfen. (afp)
Steigende Zahlen in Südostasien
Immer mehr asiatische Nationen müssen in strikte Lockdowns gehen. Dabei wollten Länder wie Malaysia und Thailand dies aus Angst vor dem wirtschaftlichen Kollaps um fast jeden Preis vermeiden. Das aufstrebende Schwellenland Malaysia ist nach tagelangen Rekord-Infektionen mit mehr als 7.000 Fällen pro Tag im „totalen Lockdown“. Sogar die meisten Unternehmen mussten schließen. Das Gesundheitsministerium glaubt, dass die Feiern zum Ende des Ramadan in dem muslimischen Land mitverantwortlich für die Krise sind. Allerdings verzeichnete das Königreich bereits in den Wochen davor steigende Zahlen.
Andere Teile Asiens, wie etwa die Mongolei, erleben ebenfalls ihre bisher schlimmsten Ausbrüche. Weil die Nation ihre Grenzen sofort rigoros abriegelte, gab es über Monate überhaupt keine Infektionen. Zuletzt aber lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei 170. Auch die Inselrepublik Taiwan bemüht sich, die steigenden Fallzahlen unter Kontrolle zu halten. Derzeit sind das täglich einige Hundert, während Taiwan 2020 für 250 Tage überhaupt keine neuen Infektionen gemeldet hatte.
Auch Vietnam erlebt im Vergleich zu den vergangenen Monaten eine beachtliche Steigung. Hochansteckende Mutanten sind nicht der einzige Grund für die steigenden Zahlen: „Hauptfaktor ist eine Kombination aus den leichter übertragbaren Varianten und dem fehlenden Zugang zu Impfstoffen“, so Todd Pollack, Spezialist für Infektionskrankheiten an der Harvard Medical School. Denn bei der weltweiten Verteilung der Vakzine besteht nach wie vor ein großes Ungleichgewicht. (dpa)
Kein Public Viewing zur EM
Angesichts der Coronapandemie sind in deutschen Städten bislang keine großen Public-Viewing-Veranstaltungen zur Fußball-Europameisterschaft der Männer geplant. In Biergärten und Restaurants können Menschen das Turnier, das am Freitag beginnt, jedoch an vielen Orten verfolgen. In Berlin vor dem Brandenburger Tor, wo bei vergangenen Turnieren Menschenmassen der deutschen Nationalmannschaft die Daumen drückten, wird es in diesem Jahr keine Fanmeile geben.
Auch in vielen anderen Städten waren nach Angaben der Behörden keine großen Public-Viewing-Veranstaltungen geplant. In Hamburg wird es das normalerweise übliche große Public Viewing auf dem Heiligengeistfeld nach Angaben der Wirtschaftsbehörde nicht geben. München, einziger deutscher Spielort bei dieser EM, hat sich dazu entschlossen, die Vorbereitungen für die geplante „Fan Zone“ im Münchner Olympiapark nicht weiterzuverfolgen. Profitieren könnte davon die durch die Pandemie arg gebeutelte Gastronomie. Biergärten und Restaurants heißen zunehmend wieder Gäste willkommen. (dpa)
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