Aktuelle Lage in der Ukraine: Iranische Drohnen greifen Kiew an
Am Montag kam es in der ganzen Ukraine zu schweren Luftangriffen. In der von Russland besetzten Stadt Melitopol wurden 3.000 Soldaten zwangsrekrutiert.

taz | Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist am Montagmorgen erneut Ziel mehrerer russischer Angriffe geworden. Das teilte der Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko mit. Seinen Angaben zufolge seien dabei erneut „Kamikazedrohnen“ zum Einsatz gekommen. Auch das zentrale Stadtviertel Schewtschenko sei getroffen worden.
Klitschko veröffentlichte das Foto eines Wracks einer abgeschossenen Drohne, auf dem die Aufschrift „Geran-2“ zu sehen ist. So bezeichnet das russische Verteidigungsministerium im Iran gekaufte Kamikazedrohnen vom Typ Shahed-136.
Als Folge der Angriffe brach in vier Wohnhäusern Feuer aus. Angaben des Chefs der Präsidialverwaltung, Kirill Timoschenko, zufolge, seien vier Menschen getötet – darunter eine Schwangere – vier Personen verletzt und neunzehn gerettet worden. Im Zentrum von Kiew wurden mehrere Straßen für den Verkehr gesperrt. Auch aus den Gebieten Sumy, Dnipropetrowsk und Mykolajiw wurden schwere Angriffe gemeldet. Ziele waren vor allem Objekte der kritischen Infrastruktur.
Auf die Hafenstadt Odessa wurden vom Schwarzen Meer aus ebenfalls Raketen abgefeuert. Das ukrainische Medium Strana veröffentlichte dazu ein Video, auf dem aufsteigender Rauch zu sehen ist. Dieses soll in einem Vorort von Odessa aufgenommen worden sein. Opfer gab es keine. Das Kommando der Luftwaffe der ukrainischen Streitkräfte berichtete am Montag von insgesamt 37 Drohnen, die in der Nacht zu Montag abgeschossen wurden. Am Montagnachmittag kursierten Berichte über Raketenangriffe auf das westukrainische Gebiet Winnitza. Auch hier waren die Ziele wieder Einrichtungen der kritischen Infrastruktur.
„Die ganze Nacht und den ganzen Morgen terrorisiert der Feind die Zivilbevölkerung. Kamikazedrohnen und Raketen greifen die ganze Ukraine an. Der Feind kann unsere Städte angreifen, aber das wird uns nicht brechen. Die Besatzer werden nur eine faire Bestrafung und Verurteilung zukünftiger Generationen bekommen. Und wir den Sieg“, postete Präsident Wolodimir Selenski auf seinem Telegram-Kanal.
Russland spart an Langstreckenraketen
Gegenüber dem Sender Radio Freies Europa erklärte der Militärexperte und israelische Offizier Igal Lewin den vermehrten Einsatz von iranischen Kamikazedrohnen damit, dass der Kreml offensichtlich an seinen Langstreckenraketen spare. Bereits vor zwei Monaten habe der ukrainische Hauptnachrichtendienst berichtet, dass Moskau 60 Prozent seiner Raketenvorräte aufgebraucht habe.
„Die iranischen Drohnen, die jetzt in den Medien so viel Aufsehen erregen, sind eine primitive Waffe. Gleichzeitig liegt der Verdacht nahe, dass Russland nur über eine begrenzte Anzahl davon verfügt“, sagte Lewin in dem Radiointerview. „Das Gefährlichste an dieser Drohne ist, dass sie 15 bis 20 Kilogramm Sprengstoff transportieren kann.“
Unterdessen sind in der südukrainischen Stadt Melitopol im Gebiet Saporischschja, das teilweise unter russischer Besatzung steht, 3.000 Soldaten für die russische Armee zwangsrekrutiert worden. Das sagte der legitime Bürgermeister Iwan Fjororow laut dem ukrainischen Nachrichtenportal Zerkalo nedeli im ukrainischen Fernsehen. Die Männer würden an den Checkpoints angehalten, aus ihren Autos gezerrt und zum Teil sofort an die Front geschickt. Dabei handele es sich um Leute, die sich den russischen Besatzern gegenüber loyal verhalten und russische Pässe erhalten hätten.
Demgegenüber erklärte Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin die Teilmobilisierung in der russischen Hauptstadt am Montag für beendet. Die Vorgaben seien erfüllt worden und die entsprechenden Sammelpunkte würden geschlossen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links