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Aktuelle Lage in der UkraineVermittlung in Ankara

Der russische Außenminister präsen­tiert sich kompromissbereit bei der Blockade von Weizenexporten. In der Ukraine stößt das Angebot auf Skepsis.

Sergej Lawrow in Ankara: Kann die Ukraine der Türkei trauen? Foto: Burhan Ozbilici/dpa

taz | Eine Lösung der weltweit drohenden Getreidekrise ist es noch nicht, aber vielleicht doch ein erster Schritt dorthin. Russland hat sich zu Sicherheitsgarantien für Getreide exportierende Schiffe aus ukrainischen Häfen bereit erklärt. Dies könne „in Zusammenarbeit mit unseren türkischen Kollegen“ geschehen, sagte Russlands Außenminister Sergei Lawrow nach einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu am Mittwoch in Ankara.

Die Bedingung dafür sei jedoch, dass die ukrainische Seite eine Durchfahrt an den Minen vorbei sichere. Dann sei Russland seinerseits bereit Garantien zu geben, die Räumung von Minen nicht für einen Angriff auf die Ukraine zu nutzen, sagte Lawrow weiter. Doch genau dieses Szenario befürchtet die Ukraine. So hatte Kiew vor dem türkisch-russischen Treffen erklärt, man sei aus Angst vor russischen Angriffen nicht dazu bereit, den wichtigen Hafen von Odessa von Minen zu befreien, um den Export von Getreide zu ermöglichen.

„Sobald die Zufahrt zum Hafen von Odessa von Minen geräumt wird, wird die russische Flotte dort sein“, sagte der Sprecher der Regionalverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, in einer Videobotschaft im Onlinedienst Telegram. Wegen Russlands Blockade mehrerer Schwarzmeerhäfen können nach ukrainischen Angaben derzeit mehr als 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaat nicht exportiert werden.

Çavuşoğlu erklärte nach dem Treffen mit Lawrow die Forderung Russlands nach einer Aufhebung der Sanktionen gegen russische Produkte für „legitim“. „Wenn wir den Weltmarkt für ukrainisches Getreide öffnen müssen, dann sehen wir die Entfernung von ­Hindernissen für russische Exporte als legitime Forderung an“, sagte er. Kurz darauf notierte das ukrainische Onlineportal Novoje Vremja zu dem Treffen am Mittwoch: „Die Dienstleistung hat einen Preis. Doch kann die Ukraine der Türkei trauen?“

Unterdessen gingen die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Sewerodonezk im Osten der Ukraine mit unverminderter Härte weiter. Sewerodonezk werde von den russischen Truppen „rund um die Uhr bombardiert“, sagte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, am Mittwoch dem Fernsehsender „1+1“.

Russland auf dem Vormarsch

Zugleich deutete er die Möglichkeit eines Rückzugs der ukrainischen Streitkräfte an. Das bedeute jedoch nicht, dass die Ukraine die Stadt endgültig aufgebe. Auch die Nachbarstadt Lyssytschansk läge unter massivem Beschuss, sagte Gajdaj. Eine Einnahme der beiden Städte würde Russland den Vormarsch auf die Großstadt Kramatorsk in der Region Donezk ermöglichen. Moskau käme somit seinem erklärten Ziel einer vollständigen Eroberung des Donbass einen entscheidenden Schritt näher.

Die Staatsanwaltschaft der Ukraine hat in acht weiteren Fällen Anklage wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen russischer Soldaten erhoben. Das teilte Generalstaatsanwältin Irina Wenediktowa mit. Bislang liefen 16.000 Ermittlungsverfahren wegen möglicher Kriegsverbrechen.

Präsident Wolodimir Selenski hatte in einer Videoansprache in der Nacht zu Mittwoch ein Informationssystem angekündigt, um Daten über mutmaßliche Kriegsverbrecher zu erfassen. Im „Buch der Henker“ sollten bestätigte Angaben über Kriminelle aus der russischen Armee zusammengetragen werden. „Es handelt sich um konkrete Fakten zu Personen, die sich konkreter, grausamer Verbrechen gegen Ukrainer schuldig gemacht haben“, sagte er.

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