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Aktuelle Entwicklungen in der CoronakriseGroßbritannien abgeriegelt

In Großbritannien wurde eine Mutation des Coronavirus identifiziert, europäische Länder stoppen Flüge von dort. Die Berliner Charité geht in den Notfallbetrieb.

Gelingt es, die Mutation einzudämmen? Europaweit wird der Flugverkehr mit Großbritannien eingestellt Foto: dpa

Europa schottet sich von Großbritannien ab

Aus Sorge vor einer neuen und ansteckenderen Variante des Coronavirus verhängt die Bundesregierung wie viele andere europäische Länder ein Verbot von Flügen aus Großbritannien nach Deutschland. Das Flugverbot gilt seit Montag 0:00 Uhr.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte am Sonntag, die mutierte Variante sei bisher noch nicht in Deutschland nachgewiesen worden. Aber man nehme die Meldungen aus Großbritannien sehr ernst. „Wir sind im intensiven Austausch auf allen Ebenen, auch mit den europäischen Kollegen“, sagte der CDU-Politker in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

Die britische Regierung hatte am Samstag angekündigt, die Corona-Infektionen seien zuletzt wegen einer Mutation des Virus kräftig gestiegen. Diese solle bis zu 70 Prozent ansteckender sein als die bisherige Variante. Spahn erklärte dazu, das Ändern von Viren sei nicht ungewöhnlich. Aber eine deutlich schnellere Übertragbarkeit des Virus würde viel ändern. „Deshalb ist es wichtig, den Eintrag nach Deutschland, auf Kontinentaleuropa zu unterbinden.“

Das Verkehrsministerium erklärte, das Verbot gelte auch für Nordirland. Ausgenommen seien Post-, Fracht- oder Leerflüge und „Flüge mit medizinischem Personal im Interesse der öffentlichen Gesundheit“. Eine Ausnahme gelte auch für Flüge zur Rückführung von Maschinen, die in Deutschland stationiert seien, „sowie ihrer Crews aus dem Vereinigten Königreich“.

Man berufe sich dabei auf eine EU-Verordnung und damit könne die Regelung ab Mitternacht zunächst bis zum 31. Dezember gelten. „Das Flugverbot ist daher erforderlich, um das Risiko einer Einschleppung des mutierten Covid-19-Virus in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Luftweg zu begrenzen.“

In Regierungskreisen hieß es, für die Rückkehr deutscher Staatsbürger werde man Lösungen finden. Zunächst habe aber Priorität, die Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Italien, Österreich, Belgien, die Niederlande und auch Frankreich kündigten bereits das Verbot von Flügen oder Zügen von und nach Großbritannien an oder planen dies. (reuters)

Über 16.000 Neuinfektionen gemeldet

In Deutschland sind innerhalb eines Tages mehr als 16.000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus verzeichnet worden. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Montagmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 16.643 neue Ansteckungsfälle erfasst. Die Zahl der Coronatodesfälle stieg laut RKI binnen eines Tages um 226 auf insgesamt 26.275.

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Da am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten übermitteln, liegen die Fallzahlen des RKI sonntags und montags in der Regel unter denen anderer Wochentage. Am vergangenen Montag waren die Zahlen allerdings etwas niedriger gewesen als jetzt: Vor einer Woche waren es 16.362 Neuinfektionen und 188 Todesfälle.

Die sogenannte 7-Tage-Inzidenz betrug nach Angaben des Instituts am Montag 197,1. Dabei handelt es sich um die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in diesem Zeitraum. Die 7-Tage-Inzidenz ist ein wesentlicher Maßstab für die Verhängung und Lockerung von Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuartigen Virus. Ziel der Bundesregierung ist es, die Inzidenz auf unter 50 zu drücken.

Seit Mittwoch gilt in ganz Deutschland ein harter Lockdown. Ein Großteil der Geschäfte ist geschlossen. Auch die Schulen und Kitas machten weitgehend dicht. Die Maßnahmen sind vorerst bis zum 10. Januar befristet. Voraussichtlich am 5. Januar wollen Bund und Länder über das weitere Vorgehen beraten. (afp)

Charité im Notfallmodus

Deutschlands und Europas größte Universitätsklinik, die Berliner Charité, fährt von diesem Montag an für zunächst zwei Wochen den Betrieb auf ein Notfallprogramm zurück. Auf diese Weise soll Personal zusammengezogen werden, um weitere Covid-19-Intensivkapazitäten aufzubauen. Planbare Eingriffe werden damit über Weihnachten und den Jahreswechsel nicht gemacht, wie die Klinik vergangene Woche ankündigt hatte. Notfälle werden aber weiter behandelt und Tumoroperationen vorgenommen. Auch der Betrieb in den Rettungsstellen geht weiter.

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Die Charité rechnet mit einer weiteren Zunahme von Coronapatient:innen. „Wir befinden uns nach wie vor in einer ungewöhnlich schweren Krise, wie wir sie noch nicht erlebt haben“, hatte Vorstand Ulrich Frei erklärt. Erwartet wurden noch „schwere Wochen“. Wie Charité-Mediziner Kai-Uwe Eckardt im ZDF kürzlich sagte, gelten nun zwei Wochen lang an der Klinik Regeln wie sonst nur an Feiertagen.

Die Charité ist in Berlin die erste Adresse für die Behandlung von Covid-19-Patient:innen mit schweren Krankheitsverläufen, versorgt Infizierte aber auch auf normalen Stationen.

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4 Kommentare

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  • Die Mäuse verlassenen das sinkende Schiff

    Zitat: „Die britische Regierung hatte am Samstag angekündigt, die Corona-Infektionen seien zuletzt wegen einer Mutation des Virus kräftig gestiegen. Diese solle bis zu 70 Prozent ansteckender sein als die bisherige Variante.“

    Anderseits: „Daß die neue Virusvariante für den erneuten Anstieg der Fallzahlen in Großbritannien (oder gar in Deutschland) in den vergangenen Wochen verantwortlich ist, ist bisher schlicht noch nicht belegt.“ („Die Zeit“ v. heute). Sogar Prof. Drosten (sic.) sieht das so (heute im DLF).

    Mit anderen Worten: Johnson macht die Pferde scheu, ohne über brandneue wissenschaftliche Belege zu verfügen, denn die mancherorts, wie heute in der „Zeit“, angeführten Quellen sind z. T. seit Monaten zugänglich, wie etwa die chinesische von Hongjing Gu et all: „Adaptation of SARS-CoV-2 in BALB/c mice for testing vaccine efficacy“, die eine erhöhte Infektiosität nachgewiesen haben will - in den Lungen von alternden Mäusen! (Science, 25. 9. 2020).

    Da ist nun andererseits die Panik-Reaktion in Kontinental-Europa angesichts des bevorstehenden No-Deal-Brexit dann wiederum auch verständlich: Die infizierten Mäuse verlassenen das sinkende Schiff - und streben offensichtlich in die Rest-EU...

  • „Das Flugverbot ist daher erforderlich, um das Risiko einer Einschleppung des mutierten Covid-19-Virus in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Luftweg zu begrenzen.“



    ...Risiko..zu begrenzen! Langsam wird das hilflose abriegeln (von Nationalsaaten!), downlocken, öffnen-schließen (z.B. Österreich)...unfreiwillig komisch, also letztlich traurig.



    Seit 8 Monaten haben wir es mit dem Virus zu tun und es wurde keinerlei Strategie entwickelt MIT dem Virus zu leben. Die Schweden haben das veruscht und wurden letztich nur angefeindet. Und welch Glück: Es ging schief und man konnte sich selbst bestätigt fühlen. China ist ne Diktatur und zählt nicht. Japan ist auch nicht vergelichbar, Singapur ist quasiautokratisch und Südkorea hat doch auch Probleme. Hauptsache hier in DE machen wir alles richtig und halten an unserer bestehenden Fehlerkultur fest: Jeder der was versuchen oder ändern will (.z.B. der Palmer in TÜ) wird Richtung Chaot eingeordnet.



    Sellen wir uns vor das Virus wird uns noch Jahre begleiten; die Impfstoffe helfen nur nur bedingt oder nur kurzfristig. Denkt denn niemand in irgendeinem der Beraterstäbe dieses Szenario durch mit entsprecheden organisatorischen Maßnahmen pro betroffener Region/Einrichtung/Fallzahl/Absicherungsmaßnahmen von Einrichtung...methodisch unterlegt und ausgearbeitet? Das wäre doch jetzt der richtige Zeitpunkt anstatt derlei nationaler Abschottungshilflosigkeit. Das Virus ist doch längst da, oder meint jemand die LKWs stehen seit Wochen an der UK-Grenze und kein LKW rollt zurück auf den Kontinent?

  • Notfallbetrieb heisst: "Arbeiten bis zum Umfallen ohne Lohnausgleich!", oder?

    • @ophorus:

      Sie haben es treffend erfasst. Obwohl das in vielen Kliniken in Deutschland auch im "Normalbetrieb" der Fall ist. Im "Notfall" kommt aber noch die Gefahr für die eignene Gesundheit dazu. Aber hey: "Sie haben sich den Job ja ausgesucht!" Stimmt! Nächstes mal werde ich Hedge-Fond-Manager.