Aktivistin über feministisches Netzwerk: „Menschenrechte für alle“

Politikerinnen und Aktivistinnen haben in Mexiko-Stadt die „Feministische Internationale“ gegründet. Daptnhe Cruz hat den Kongress mitorganisiert.

Gegen Gewalt: Protest am Internationalen Tag der Frau in Mexico City Foto: Jessica Espinosa/ap

taz: Frau Cruz, „Feministische Internationale“ – das klingt nach einem hohen Anspruch. Was steckt dahinter?

Daptnhe Cruz: Das ist das Ergebnis langer Debatten zwischen Frauen, die linken Parteien und Regierungen angehören. Das Ziel ist eine horizontal strukturierte Organisation, um eine feministische Agenda in diesen Bereichen voranzubringen. Dafür wurde ein Manifest erarbeitet, mit dem weltweit Aktivistinnen angesprochen werden sollen. Aufgerufen hatten zunächst 58 Frauen, die in Lateinamerika hohe Ämter innehatten oder -haben. Zum Kongress selbst kamen über 300 Feministinnen, einige reisten aus Spanien, Thailand und auch aus Deutschland an.

Waren an dem Treffen auch parteiunabhängige autonome Feministinnen beteiligt?

Aus Chile und Argentinien kamen einige Aktivistinnen und aus Mexiko nahmen sehr viele Compañeras aus Kollektiven, Frauenorganisationen und indigenen sowie afromexikanischen Gruppen teil. Wir haben einen antikapitalistischen intersektionalen Ansatz und beziehen explizit Transfrauen ein. Diese Vielfalt hat viele angesprochen, nicht nur Frauen in Machtpositionen.

Daptnhe Cruz ist Leiterin des Konsortiums für parlamentarischen Dialog und Gleichheit in Mexiko. Sie setzt sich für Genderperspektiven in der Politik ein.

Also Einigkeit im Umgang mit LGBT+, obwohl dieses Thema überall zu heftigen Verwerfungen führt? Feministinnen befürchten, dass erkämpfte Räume für Frauen zerstört werden, Transpersonen kritisieren Diskriminierung.

Das Manifest vertritt eine deutliche Haltung: Menschenrechte müssen für alle gelten. Die Feministische Internationale betrachtet sexuelle Vielfalt und die Positionen von Transfrauen als Teil der feministischen Agenda und jene, die das negieren, als Bedrohung. Alle müssen in ihrer Diversität anerkannt und entsprechende Rechte erkämpft werden. Nach dem Treffen kritisierte uns eine Gruppe „Internationale Feministische Frauen“ heftig, weil wir LGBT+ in die Frauenbewegung einbeziehen. Wir bestehen aber darauf, dass Menschen Teil eines feministischen Projekts sein müssen, wenn sie unter verschiedensten Unterdrückungsmechanismen leiden. Es gibt keinen Grund, die Kämpfe voneinander zu trennen.

Die meisten Staaten Lateinamerikas sind derzeit links regiert. Dennoch spielt der Kampf gegen Rechts in Ihrem Manifest eine zentrale Rolle. Gibt es eine rechte Offensive gegen Feministinnen?

Ja, wir beobachten eine starke Mobilisierung. Jeder unserer Fortschritte ruft Reaktionen bis hin zur Gewalttätigkeit hervor. Linke Parteien und Regierungen müssen sich genau überlegen, was sie dem entgegensetzen, und da muss die feministische Bewegung Einfluss nehmen. Auch deshalb wurde die Feministische Internationale gegründet.

Autonome Feministinnen kritisieren, dass Ihre Initiative der mexikanischen Regierungspartei Morena sehr nahe steht. Auf dem Kongress sprach auch die Morena-Politikerin Sheinbaum.

Uns wurde vorgeworfen, populistisch zu sein und Wahlkampfinteressen zu vertreten. Fakt ist, dass Feministinnen seit Langem in verschiedenen politischen Bereichen agieren, manche eben in Parteien. Sie wurden immer wieder von unabhängigen Gruppen zurückgewiesen. Kritik ist legitim, aber deshalb haben sie sich nun selbst so organisiert. Natürlich sind Frauen beteiligt, die politische Ämter bekleiden wollen. Aber wenn sie sich jetzt für feministische Forderungen einsetzen, müssen sie später auch liefern. Wir setzen jedenfalls darauf, dass sich der Kampf für Frauenrechte in der Politik widerspiegelt.

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