Aktivistin über Klage gegen NSA-Spitzelei: „Das ist illegal und verfassungswidrig“
Die US-Bürgerrechtsorganisation EFF klagt bereits seit 2006 gegen die NSA. Mit den Enthüllungen von Edward Snowden schöpft sie nun neue Hoffnung.
taz: Frau Reitman, Ihre Organisation klagt derzeit vor Gericht gegen die NSA. Worum geht es da?
Rainey Reitman: 2005 wurde bekannt, dass der Telefonanbieter AT&T im großen Stil die Daten seiner Kunden an die NSA weitergeleitet hat. Wir haben zwei Verfahren eingeleitet – eines //www.eff.org/nsa/hepting:gegen AT&T und eines //www.eff.org/cases/jewel:gegen die NSA. Das Erste wurde beendet, weil der Gesetzgeber rückwirkend Immunität für die an der Überwachung beteiligten Unternehmen erwirkte. Das Verfahren gegen die NSA läuft aber noch. Unsere Anwälte glauben, dass wir eine echte Chance haben.
Auf welcher rechtlichen Basis klagen Sie?
Aus unserer Sicht sind diese Praktiken illegal und verfassungswidrig. Wir klagen auf Grundlage des 4. Verfassungszusatzes der USA, der den Bürgern ein Recht auf Privatsphäre garantiert. Mit anlassloser, massiver Überwachung wird dagegen klar verstoßen. Außerdem verstößt die Überwachung gegen den Patriot Act, in dem Überwachung nur erlaubt ist, wenn es eindeutige Beweise gibt, dass die Überwachungsergebnisse für eine autorisierte Ermittlung hilfreich sein werden. Wenn aber einfach lapidar sämtlicher Telefonverkehr oder dessen Metadaten gespeichert wird, ist das eindeutig nicht der Fall.
Das Verfahren läuft jetzt schon seit 2006. Wieso dauert das so lange?
Bei solch großen Fällen verpflichtet man sich immer auf Jahre – und dann kann es trotzdem sein, dass man nicht Recht bekommt. Unser Fall wurde einmal zwischendurch abgelehnt, dann von einem höheren Gericht aber wieder aufgenommen. Das Problem ist, dass die Regierung und die NSA versuchen, den Fall ablehnen zu lassen. Sie sagen, dass er nicht verhandelt werden kann, ohne gegen Staatsgeheimnisse zu verstoßen. Da könnten uns die Leaks von Edward Snowden nun helfen, weiterzukommen.
, 31, ist Aktivistin bei der amerikanischen Electronic Frontier Foundation (EFF), die sich aktiv für Bürgerrechte im Zusammenhang mit Technologie und insbesondere gegen staatliche Überwachung einsetzt.
Wieso?
Weil viele der Informationen, die zuvor als Staatsgeheimnis galten, nun ohnehin öffentlich sind.
Wie schätzen Sie denn Ihre Erfolgsaussichten ein?
Wenn es um Überwachung geht, ist das Problem immer das gleiche: Der Staat hat kein Interesse daran, dass wir mit unseren Klagen durchkommen. Wir hatten aber in der Vergangenheit schon Erfolge.
Welche denn?
Vor ein paar Wochen haben wir etwas scheinbar Unmögliches geschafft: Als erste Nichtregierungsorganisation haben wir eine Entscheidung zu unseren Gunsten im geheimen Foreign Intelligence Surveillance Court erwirkt. Das Gericht muss allen Überwachungsmaßnahmen der Regierung zustimmen, tut dies aber hinter verschlossenen Türen und lehnt anscheinend fast nie etwas ab. Es ist aber so geheim, dass es noch nicht einmal eine Adresse gibt. Nach langem Suchen haben wir nur eine Telefonnummer gefunden, bei der immer der Anrufbeantworter ansprang.
Was genau haben Sie dort erreicht?
Wir können dort jetzt Anfragen nach dem Informationsfreiheitsrecht einreichen. Bisher ging das nicht.
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