Aktivist über Rheinmetall-Proteste: „Wir haben uns Aktien besorgt“

Das Bündnis Rheinmetall Entwaffnen plant zur digitalen Hauptversammlung des Rüstungskonzerns Protestaktionen. Aktivist Daniel Seiffert erklärt, wie.

Das Firmenschild am Eingangsportal von Rheinmetall

... bekommt am Dienstag voraussichtlich Besuch von Umweltaktivist_innen Foto: dpa

taz: Herr Seiffert, die Gruppe Rheinmetall Entwaffnen wird anlässlich der Rheinmetall-Aktionärsversammlung am Dienstag um 10 Uhr protestieren. Was ist geplant?

Daniel Seiffert: Es wird mehrere Aktionen geben. Unter anderem ist eine Aktion in Hermannsburg geplant, vor dem Privathaus von Rheinmetalls Vorstandsvorsitzendem Armin Papperger. Wir machen sozusagen einen Hausbesuch. Gleichzeitig gibt es auch eine Kundgebung vor der Konzernzentrale in Düsseldorf. Weiter wird es einen Besuch des Aufsichtsratsmitglieds und Ex-Verteidigungsministers Franz Josef Jung geben, der in Eltville in Hessen lebt und arbeitet. Abends wird es Aktionen in Berlin, Hamburg und auch Konstanz geben.

Werden Sie an der Hauptversammlung teilnehmen?

Ja, allerdings ist das eine Online-Hauptversammlung. Von uns gibt es Leute, die sich eine Aktie besorgt haben, quasi eine Eintrittskarte. Sie kommunizieren und kommentieren über die sozialen Netzwerke, was da passiert.

Ist Rheinmetall Entwaffnen Anteilseigner der Rheinmetall AG?

Nein. Also es gibt wie gesagt einzelne Leute, die sich jeweils eine Aktie gekauft haben, um Zugang zu dieser Hauptversammlung zu haben. Aber Rheinmetall Entwaffnen ist nicht Anteilseigner von Rheinmetall, das kann man so glaube ich nicht sagen.

Was hat sich durch die Verlagerung ins Digitale verändert?

Bei der Versammlung findet kein wirklicher Dialog statt, es gibt keine Interaktionsmöglichkeit. Fragen müssen vorher eingereicht worden sein. Das haben die Kritischen Aktionäre gemacht. Sie haben – glaube ich – 50 Fragen im Vorfeld eingereicht. Wir werden Munitionstransporte aus Südafrika in die Türkei problematisieren, es geht um die Strafanzeige gegen Rheinmetall beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Es geht um sehr vieles und sehr Wichtiges. Mal gucken, ob die tatsächlich beantwortet werden.

Daniel Seiffert ist seit der Gründung von „Rheinmetall Entwaffnen“ beim Bündnis aktiv. Er lebt in Berlin.

Wieso sollten Ihre Fragen nicht beantwortet werden?

Die Auskunftspflicht des Vorstands ist eingeschränkt worden. Jetzt ist es eine Ermessensfrage geworden, was beantwortet werden muss und was nicht. Vorher war es eine tatsächliche Pflicht. Die Einschränkung ist Teil der Corona-Maßnahmen. Die Versammlung ist nicht nur einfach aufs Virtuelle verschoben worden, sondern Rechte der Anteilseigner wurden im Zuge dessen beschnitten.

Letztes Jahr haben Sie das Podium gestürmt und die Versammlung um Stunden verzögert. Ist ihr Protest in der momentanen Situation überhaupt wirksam?

Ich denke, wir werden auch andere Anlässe finden, um nochmal störender unterwegs zu sein. Uns geht es insbesondere auch in diesen Zeiten darum zu sagen: Die Rüstungsproduktion läuft und lief die ganze Zeit weiter, als wäre nichts gewesen, während das öffentliche Leben teilweise ausgesetzt wurde. Es ist offensichtlich, dass gerade totale Unsummen mit dieser Rüstungsscheiße gemacht werden. Gleichzeitig ist klar, dass wir eine globale Gesundheitskrise haben und eigentlich müsste viel mehr Geld da reinfließen. Darauf wollen wir hinweisen, und ich glaube, das geht, trotz Online-Hauptversammlung.

Ist das Ihre zentrale Botschaft?

Ja, unsere Message an dem Tag lautet: Mehr Geld für die Gesundheitsversorgung und Rüstungsproduktion stoppen. Das braucht kein Mensch!

Wogegen stellen Sie sich konkret?

Wir verlangen einen Stopp der Rüstungsproduktion. Offensichtlich sind das Güter, die Menschen schaden. Nicht das Zusammenleben wird ermöglicht, nicht Leute werden gerettet und nicht deren Bedürfnisse befriedigt, sondern letztlich werden Destruktionsapparate hergestellt. Und das ist totaler Unsinn, das macht diese Coronakrise gerade mehr als deutlich.

Und stattdessen?

Wir brauchen Produktion von medizinischen Gütern und allem, was die Leute benötigen, das fordern wir. Und das ist angesichts der Pandemie logisch. Das kümmert natürlich Rheinmetall nicht, die machen halt die Profite mit ihren Waffen. Rheinmetall schüttet 103 Millionen Euro an Dividende aus, wir fordern: Die Dividende muss abgeschöpft und ins Gesundheitssystem umgeleitet werden. Das wäre eine Sofortmaßnahme.

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