Aktivismus in Berlin: Gegen Krieg und Klimakrise
Multiple Krisen erfordern multiplen Aktivismus. Diese Woche geht's auf die Straße gegen Krieg, Klimakrise und altbekannte Immobilienhaie.
J eden Tag kommen in Berlin immer mehr Geflüchtete an, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen. Während die Zivilgesellschaft Unglaubliches leistet und die Tausenden Menschen, die am Hauptbahnhof und am Zentralen Omnibusbahnhof landen, mit Informationen, Schlafplätzen und Essen und Trinken versorgt, versucht der Senat, die Neuankömmlinge irgendwo unterzubringen.
In für Berlin bemerkenswerter Geschwindigkeit werden ungenutzte Immobilien zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert, seit Sonntag dient auch der ehemalige Flughafen Tegel als Ankunftszentrum für die vielen Schutzsuchenden. Hier sollen die Neuankömmlinge registriert und gemäß dem Königsteiner Schlüssel weiterverteilt werden.
Ohne Registrierung ist Berlin nämlich bei der Aufnahme auf die freiwilligen Zusagen der anderen Bundesländer angewiesen, was bislang dazu führt, dass die Hauptstadt die meisten Menschen selbst unterbringen muss. Und wie viele Geflüchtete seit Kriegsausbruch vor vier Wochen hierher gekommen sind, weiß niemand so genau. Das liegt auch daran, dass die Menschen aus der Ukraine ohne Visum einreisen können und sich nicht registrieren lassen müssen.
Willkommenskultur für alle
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Diesen unbürokratischen Umgang würden sich auch die nicht aus der Ukraine stammenden Geflüchteten wünschen. Für sie sind Flughäfen normalerweise keine Orte, wo sie herzlich in Empfang genommen und versorgt werden, sondern meist eher solche, an die sie zwangsweise verfrachtet werden, um in ihre Herkunftsländer abgeschoben zu werden.
Damit das noch schneller und reibungsloser funktioniert, soll am Flughafen BER bis 2025 ein Abschiebezentrum gebaut werden. Auf einer Fläche von 4,4 Hektar sollen insgesamt sieben Gebäude für Ankunft, Transit, Gewahrsam und Rückführungen entstehen, inklusive einem Ausreisegewahrsam, der mit 120 Plätzen deutlich größer werden soll als der bisherige am ehemaligen Flughafen Schönefeld.
Wer der Meinung ist, dass nicht nur ukrainische Flüchtlinge in Berlin willkommen sind und jede Form von Abschiebung und Inhaftierung ein gewaltvoller und rassistischer Akt ist, kann am Donnerstag um 15 Uhr vor dem Potsdamer Landtag den Abgeordneten zeigen, was er*sie davon hält. Dann steht nämlich das verharmlosend „Behördenzentrum“ genannte Vorhaben auf der Tagesordnung und das Bündnis „Abschiebezentrum BER verhindern“ freut sich über Unterstützung (Donnerstag 24. März, 15 Uhr vor dem Landtag am Alten Markt, Potsdam).
Die Klimakrise wartet nicht
Der Krieg Russlands hat nicht nur Auswirkungen auf die Menschen in der Ukraine, sondern auch auf den Klimawandel und damit auf uns alle. Mit Blick auf die Energie-Abhängigkeit von Russland und gestiegene Ölpreise werden die ohnehin schon zögerlichen Klimaschutzmaßnahmen zunehmend infrage gestellt. Atomkraft und Kohle sind wieder im Gespräch und statt angesichts gestiegener Benzinpreise ein Tempolimit einzuführen, den öffentlichen Nahverkehr zu stärken und erneuerbare Energien auszubauen, wird darüber diskutiert, Autofahrer*innen mit Spritgeld zu subventionieren und damit die Gewinne der Ölraffinerien per Steuergelder sicherzustellen.
Weil unsere Lebensgrundlage wichtiger ist als die Profitgier von großen Konzernen, rufen Fridays for Future unter dem Motto #PeopleNotProfit am Freitag zum globalen Klimastreik auf. Ab 12 Uhr wird am Invalidenpark für den Klimaschutz und gegen den Krieg demonstriert (Freitag, 25. März, Invalidenpark, 12 Uhr).
Wem das noch nicht reicht, der*die kann außerdem am Aktionstag gegen Krieg und Klimakrise am Sonntag teilnehmen, an dem unter anderem Fridays For Future und Ende Gelände zu dezentralen Aktionen gegen den Krieg, für Abrüstung, Klimagerechtigkeit und offene Grenzen aufrufen. Damit das auch gut organisiert ist, gibt es einen Tag vorher ein Aktionstraining in der Villa Kuriosum (Samstag, 26. März, 14 Uhr Aktionstraining, 17 Uhr Aktionsplenum, Villa Kuriosum).
Meuterei gegen Mietkrokodile
Apropos Profitgier: Am Freitag jährt sich die Räumung der Kreuzberger Kiezkneipe Meuterei, die zwölf Jahre lang sozialer Treffpunkt für Menschen mit kleinem Geldbeutel war. Der Eigentümer Goran Nenadic wollte aber lieber viel und schnelles Geld machen und ließ die Meuterei durch ein Großaufgebot der Polizei räumen. Seitdem stehen die Räume im Erdgeschoss leer und der Kiez guckt aus der Röhre. Das Kneipenkollektiv lässt sich davon jedoch nicht unterkriegen und lädt dazu ein, im Rahmen einer Kundgebung mit einer Performance die vergangenen „chaotischen, lustigen, bunten und aktionistischen 13 Jahre“ Revue passieren zu lassen (Freitag, 25. März von 17 bis 22 Uhr in der Reichenberger Straße 58, Performancebeginn 18 Uhr).
Weil Nenadic nicht der einzige Immobilienhai in Berlin ist und außer der Meuterei in den vergangenen Jahren noch viele weitere Hausprojekte und soziale Treffpunkte geräumt wurden, findet vom 26. bis zum 27. März der dritte jährliche Housing Action Day in Berlin mit vielen großen und kleinen Aktionen statt. Statt bei dem guten Wetter mit dem Auto ins Grüne zu fahren, könnt Ihr am Sonntag Euer Fahrrad aus dem Keller holen und beim Geisterkorso gegen Miethaie und Mietkrokodile gegen den Ausverkauf der Stadt protestieren – das ist gut fürs Klima und für den Kiez (Sonntag, 27. März, 19 Uhr, Mariannenplatz).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!