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Aktionstag gegen AmazonEin Paket Protest

Höhepunkt der Aktionswoche Make Amazon Pay: Aktivisten wollen am Freitag den Onlineversandkonzern blockieren.

So sieht es in einem Amazon-Logistikzentrum aus Foto: dpa

„Wenn da die kürzlich bestellten New Balance Schuhe drin waren, hört der Spaß bei uns wirklich auf“, kommentiert die linke Gruppe TOP Berlin am Donnerstag auf Facebook selbstironisch eine Meldung, nach der in der Nacht mehrere Amazon-Transporter in Berlin angezündet wurden – und wirbt gleichzeitig für den Aktionstag gegen den Onlinehandel-Riesen am heutigen Freitag.

In dem Witz klingt ein Dilemma an, dass viele Menschen tatsächlich umtreiben dürfte: Dass bei Amazon von den Arbeitsbedingungen bis zum Umgang mit Kundendaten einiges im Argen liegt, ist bekannt; deswegen das eigene Konsumverhalten zu ändern steht für viele trotzdem außer Frage. Auch die Organisatoren des Aktionstags betonen, es gehe ihnen nicht um einen individuell umzusetzenden Boykottaufruf: „Wir wollen Aufmerksamkeit schaffen für die von Amazon vorangetriebenen Entwicklungen, von denen wir aber nicht glauben, dass sie allein auf der Ebene individuellen Konsumverhaltens bekämpft werden können“, sagt der Kampagnen-Sprecher Jonathan Schneider.

Seit Montag läuft die bundesweite Aktionswoche Make Amazon Pay, deren Höhepunkt der heutige Aktionstag bildet: Die Aktivisten haben angekündigt, das neue Verteilzentrum im Ku'damm-Karree zu blockieren, um 10 Uhr wollen sie sich dafür am Savignyplatz treffen. „Wir werden den Warenfluss blockieren und dafür sorgen, dass kein Paket das Zentrum verlässt“, sagt Schneider, der betont, dass sich die Aktion nicht gegen die Amazon-Mitarbeiter, sondern gegen die Logistik des Konzerns richten. Aufmerksam machen will die Kampagne damit vor allem auf zwei Aspekte: Die Arbeitsbedingungen bei dem Versandhändler und die Datensammelwut des Unternehmens, die auch aus unmittelbarer Kundensicht problematisch ist.

Gegen die schlechten Arbeitsbedingungen gab es in dieser Woche bereits mehrere Streiks an anderen Amazon-Standorten in Deutschland, zwischen den betrieblich organisierten MitarbeiterInnen und der Kampagne gebe es einen guten Kontakt, sagt Schneider: „Das Hauptanliegen unserer Aktionswoche ist es, den MitarbeiterInnen den Rücken zu stärken und damit auch die Spaltung zwischen ihren und den vermeintlichen Kundeninteressen zu überwinden.“ Seit rund vier Jahren führen Amazon-Beschäftigte mit der Gewerkschaft verdi einen erbitterten Arbeitskampf gegen den Konzern, der seinen Mitarbeitern einen Tarifvertrag verweigert.

Beim Thema Daten will die Kampagne ein Bewusstsein dafür schaffen, inwiefern das Verhalten des Konzerns auch für die KundInnen problematisch ist: „Mithilfe der gesammelten Daten werden Bedürfnisse kreiert, die es eigentlich gar nicht gibt“, sagt Schneider.

Was die Überwachung von Mitarbeitern, die Datensammlung und insgesamt die durch den Onlinehandel vorangetriebenen Veränderungen angehe, nehme Amazon eine Pionierrolle ein, ist das Bündnis überzeugt. Auch der Zeitpunkt der Aktionswoche ist nicht zufällig gewählt: Bei Amazon läuft seit Montag die Cyber Monday Woche, „täglich ab 6 Uhr neue Angebote im 5-Minuten-Takt“, wirbt der Konzern.

Cyber Monday ist ein in den USA in den letzten Jahren eingeführter Marketingbegriff, der den Montag nach Thanksgiving bezeichnet und den Start des Weihnachtsgeschäfts im Onlinehandel markiert. Er ist die Antwort der Internethändler auf den heutigen Black Friday, der in den USA schon lange als Tag der Schnäppchenjäger vermarktet wird. Unternehmen wie Amazon versuchen nun, beide Tage auch in Deutschland populär zu machen.

Wir sorgen dafür, dass kein Paket das Zentrum verlässt Kampagnen-Sprecher Schneider

Das Verteilzentrum am Ku'damm-Karree eröffnete im Frühling 2016 mit der Einführung der Lieferung binnen einer Stunde für zahlende Amazon-Prime-Kunden. Wie viele Prime-Kunden es in Berlin gibt, wie viele Artikel hier bestellt werden und wie oft die schnelle Lieferung hier nachgefragt wird, will der für seine geheimniskrämerische Informationspolitik bekannte Konzern auf Anfrage nicht beziffern. „Berlin hat sich von einem ursprünglich reinen Kundenservice-Zentrum zu einem wichtigen Standort für Amazon in Deutschland entwickelt“, ist alles, was das Unternehmen zu diesem Thema bekannt gibt. Über 2000 Mitarbeiter seien am Standort Berlin mittlerweile beschäftigt.

Neben den Arbeitsbedingungen und dem Umgang mit Daten gibt es dabei noch einen dritten Kritikpunkt an dem Unternehmen: Amazon drückt sich darum, hier Steuern zu zahlen. „Die Lieferwagen nutzen unsere öffentlich finanzierten Straßen, parken die öffentlich finanzierten Radwege zu – und das Unternehmen spart sich die Steuern“, sagt Nils Busch-Petersen, Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg.

Probleme, die sich noch zuspitzen dürften: Momentan erledigen die BerlinerInnen nach wie vor den Großteil ihrer Geschäfte im Laden, der Anteil des Onlinehandels liegt gerade mal bei 13 Prozent. Doch er wächst – zwar nicht mehr ganz so stark wie am Anfang, aber dafür wohl noch auf lange Zeit.

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