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Aktionstag der Moschee-Gemeinden„Judenhass ist unislamisch“

Für Freitag planen die Islamverbände einen Aktionstag gegen Hass und Gewalt. Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime sagt, worum es dabei geht.

Sucht das Verbindende: Aiman Mayzek beim Besuch der Synagoge in Wuppertal, auf die ein Brandanschlag verübt wurde Bild: dpa
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

taz: Herr Mazyek, waren Sie am Sonntag auf der Großkundgebung gegen Antisemitismus in Berlin?

Aiman Mazyek: Ja, richtig.

Warum sind Sie dort nicht als Redner aufgetreten? Das wäre doch eine schöne Geste der muslimisch-jüdischen Solidarität gewesen.

Da mögen Sie den Veranstalter fragen. War wohl nicht eingeplant.

Hat Sie der Zentralrat der Juden denn nicht gefragt?

Das Konzept war wohl ein anderes. Aber wir haben ein Vertrauensverhältnis.

Wirklich? Herr Graumann hat den muslimischen Verbänden in seiner Rede vorgeworfen, sie würden nicht genug gegen Antisemitismus in ihren Reihen tun. Hat er recht?

Man kann sicher immer mehr machen, man kann nie genug tun. Aber wir setzen uns intensiv mit dem Thema auseinander und leisten eine ganze Menge in der Sache. Das wird in den Gemeinden, unter den Imamen und Vorständen breit diskutiert. Und die Friedenskundgebungen zu Gaza, an denen unsere Gemeinden teilgenommen haben, waren allesamt friedlich, da gab es auch keine antisemitischen Misstöne. Wir haben die Kriegspolitik hüben wie drüben kritisiert und klargestellt, dass es hier nicht um einen Konflikt zwischen Juden und Muslimen geht. Antisemitismus widerspricht unserem muslimischen und staatsbürgerlichen Selbstverständnis und ist unislamisch.

Im Interview: Aiman Mazyek

45, ist seit 2010 Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Zuvor war er dessen Generalsekretär und Pressesprecher, bis 2010 war auch Redakteur des Webportals islam.de. Der syrisch-deutsche Medienberater lebt in Alsdorf bei Aachen und trat dort 2004 als Kandidat des dortigen FDP-Stadtverbands als Bürgermeisterkandidat an. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Sprechen Sie da auch für die anderen Verbände?

Was ich für die anderen Verbände sagen kann, ist, dass die das auch auf der Agenda haben und dass in ihrem Selbstverständnis kein Platz für Antisemitismus ist. Wie viel Aktivitäten sie entfalten, hängt auch von Ressourcen ab.

Wie viel Einfluss haben die Islamverbände überhaupt auf diese Jugendlichen, die antisemitische Parolen grölen?

Schwer zu sagen. Nicht selten kommen die aus einem eher areligiösen Spektrum. Dieser Al-Quds-Tag zum Beispiel, wo leider auch gegen Israel gehetzt wird, ist ja keine Veranstaltung der muslimischen Gemeinden. Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, muslimischen Jugendlichen pauschal Antisemitismus zu unterstellen. Wir müssen da stärker differenzieren.

Juden und Muslime in Deutschland haben eigentlich viel gemeinsam. Trotzdem wirkt es, als habe sich das Verhältnis auch im Alltag in den letzten Jahren abgekühlt. Stimmt das?

Ich würde das so pauschal nicht unterschreiben. Wir haben in der Beschneidungsdebatte zusammengearbeitet und erleben da und dort im persönlichen Austausch immer wieder ermutigende Momente. Aber ich sehe schon, dass viele jüdische Gemeinden Angst haben, und ich nehme das ernst. Darum muss man verstärkt Anstrengungen unternehmen, um aufeinander zuzugehen. Natürlich sind solche Konflikte und Kriege wie im Nahen Osten und im Irak immer auch ein Rückschlag, weil sie polarisieren und weil damit menschliche Tragödien einhergehen. Wir lassen uns davon aber nicht entmutigen.

Die großen Islamverbände rufen jetzt gemeinsam für diesen Freitag zu einer Kundgebung „gegen Hass und Unrecht“ auf. Worum geht es dabei?

Wir haben unser Motto bewusst gewählt, um aufmerksam zu machen auf die Gewalt, die Muslime leider auch in unserem Land erleiden, zum Beispiel durch Brandanschläge auf Moscheen. Wir wollen auf die Gewalt aufmerksam machen, der sie und andere Menschen im Nahen Osten, im Irak und anderswo ausgesetzt sind. Und wir wollen aufmerksam machen auf den Missbrauch unserer Religion durch Verbrecher und Terroristen und wie wir dazu stehen. Wir laden deshalb im Anschluss an unser Freitagsgebet in über 2.000 Moscheen zu Friedenskundgebungen und Mahnwachen ein. Da wird es kurze Ansprachen geben von muslimischer Seite, von Vertretern von Kirchen, Politik und Zivilgesellschaft – und das Gebet eines Imams, auf Deutsch, für den Frieden in der Welt und in unserem Land.

Wie ist die Resonanz von Politik und Öffentlichkeit?

Wir sind zufrieden. In Hannover hat sich Bundesinnenminister de Maizière angekündigt, in München die Integrationsbeauftragte des Bundes, Frau Özoguz. Der Innenminister Schleswig-Holstein, Andreas Breitner, kommt nach Mölln. Und in der Mevlana-Moschee in Berlin, auf die von Unbekannten ein Brandanschlag verübt wurde, wird der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nicolaus Schneider, erwartet.

Man hat ein wenig den Eindruck, jede Gruppe demonstriert für sich: Juden gegen Judenhass, Muslime für ihre Anliegen, Jesiden gegen ihre Verfolgung im Irak. Wie kann es gelingen, eine breite Koalition gegen jede Form der Menschenfeindlichkeit zu schmieden?

Vielleicht müssen alle erst einmal etwas selbst gemacht haben, um dann festzustellen: hoppla, am besten wäre es, wenn wir etwas gemeinsam machen würden. Ich bin dafür zu haben – eher gestern als heute.

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59 Kommentare

 / 
  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Endlich hat der Deutsche eine Projektionsfläche für seine eigenen Schuldgefühle gefunden: Vom Moslem wird jetzt Abbitte gefordert, die man selber angesichts 6 Millionen ermordeter Juden leisten müßte.

     

    Jaja, der Deutsche hat genug vom Dritten Reich und dem Holocaust, ist ja alles schon nicht mehr wahr, solange wie das her ist, der will nix mehr davon hören, der ist jetzt geläutert und sieht schon wieder den Splitter im Auge des anderen, nicht jedoch den Balken im eigenen.

     

    2014: Man kann sich nur noch schämen, Deutscher zu sein.

  • "Imo hat es aber auch wenig Sinn, die Gewaltverbrechen immer mit der Religion in Verbindung bringen zu wollen."

    Bei Teilen der Linken scheint sich dieser Vorbehalt allerdings auf den Islam zu beschränken. Wenn in den USA irgendein

    christlicher Fanatiker eine Abtreibungärztin hinrichtet, dann wird das genüsslich ausgebreitet.

    Betrachten wir doch die Fakten. Religiöser Extremismus ist heutzutage zu 90% auf den Islam beschränkt.

    Und wenn die Islam Apologeten nun sagen, man dürfe Extremisten nicht mit "normalen" Gläubigen gleichsetzten, dann haben sie

    einerseits Recht. Wenn man sich allerdings die großen islamischen Länder ansieht, stellt man fest, dass in den meisten keine

    Religionsfreiheit herrscht. Warum ist das so? Warum genießen in nahezu allen Ländern des Westens Muslime das Recht, ihre Religion

    zu leben, Christen und andere Religionen umgekehrt dieses Recht nicht?

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Sven Strohbach:

      "Betrachten wir doch die Fakten. Religiöser Extremismus ist heutzutage zu 90% auf den Islam beschränkt."

       

      So? Wo haben Sie denn diese offenbar weltweite Studie her? Selber gemacht?

  • Warum erst jetzt, nachdem der IS tausende, vielleicht zehntausende Menschen abgeschlachtet hat?

    Als der Gaza- Konflikt ausbrach waren ruckzuck tausende Muslime auf den Straßen. Waren die Opfer des Gaza- Konflikts mehr Wert als die Opfer des IS?

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Sven Strohbach:

      Wo bleiben die deutschen Demos gegen den Holocaust? Sooo lange ist der auch noch nicht her, daß 6 Millionen ermordete Juden inzwischen verjährt wären.

       

      Wo waren die Demos gegen Antiislamismus, BEVOR NSU und Breivik zugeschlagen haben? Wenn ich mich recht erinnere, gab es nicht mal hinterher welche.

       

      Stumpfsinnige Hetzerei aus der rechten Ecke, hier. Wie Parasiten ziehen die noch politischen Nutzen aus den Verbrechen des IS, um letztlich ihren banalen Fremdenhass und Rassimus zu fördern.

       

      Ekelhaft.

  • D
    D.J.

    Sie hat es tatsächlich gesagt:

     

    http://www.islamiq.de/2014/09/10/spd-generalsekretaerin-fahimi-warnt-davor-isis-mit-islam-zu-verbinden/

     

    Sie habe das von Neudeck (den ich überaus schätze). Der wiederum hat vor einer Gleichsetzung gewarnt. Sie selbst aber war offenbar vom Unterschied zu "ist nicht radikal-islamisch" überfordert.

    Irgendwie ein Kasperletheater. Wobei ich bekennen muss, in meiner Frommen katholischen Zeit auch so einen Unsinn dahergesabbelt zu haben ("Die Kreuzfahrer waren keine Christen" und ähnliches Blabla).

    • @D.J.:

      Imo hat es aber auch wenig Sinn, die Gewaltverbrechen immer mit der Religion in Verbindung bringen zu wollen. (Btw eine Verarbetiung von Gewalttaten, die ich insbesondere bei "bekehrten" Atheisten beobachte.)

       

      Gewalt ist ein Phänomen, das nicht durch Ausschaltung von Religion alleine beseitigt werden kann. Sonst müsste ich die Nazis, der stalinistischen Diktatur oder selbst der maxikanischen Drogenmafia auch eine Religion andichten.

  • D
    D.J.

    Gewiss. Der Selbstbetrug liegt z.B. auf jüd.-christlicher Seite darin, die Bibel für etwas zu halten, aus dem sich ohne Mühe Menschenrechte ableiten ließen. Die abolitionistische Bewegung hat es z.B. trotz der Bibel gegeben, nicht wegen. Aber zumindest gab es sie im "Westen". Und ein frühes theoretisches Versklavungsverbot (päpstl. Bulle sublimis deus von 1537).

    Und die Frage ist eben, was heute aktualisiert wird. Das ist auf Seiten von IS nun mal das ganze dschihdistische Programm. Unter anderem, weil eben so gut wie niemand sagt: Das war stets ein Irrweg. Und warum soll heute schlechts sein, was früher gut war, sagt sich da so mancher.

    • @D.J.:

      Genau deshalb muss man Aiman Mazyeks Statement auch als bekömmliche Mahlzeit bewerten und nicht gleich wieder angestrengt ein Haar in der Suppe suchen.

    • D
      D.J.
      @D.J.:

      Oops, sollte eigentlich nach ganz unten unter die Antwort von Frau Rölke-Sommer.

  • "Man hat ein wenig den Eindruck, jede Gruppe demonstriert für sich: Juden gegen Judenhass, Muslime für ihre Anliegen, Jesiden gegen ihre Verfolgung im Irak. Wie kann es gelingen, eine breite Koalition gegen jede Form der Menschenfeindlichkeit zu schmieden?"

    Herr Bax, auch Schwule werden angefeindet. Und Fleischesser sowie Frauen, die Pelze tragen. Das ist doch auch menschenfeindlich. Warum lassen Sie die außen vor in Ihren Alle-Menschen-werden-Brüder-Bestrebungen?

  • Ist wiederhergestellt, war ein Versehen.

    • @Moderation:

      Hallo Luca,

       

      dafür fehlt nun der lange Disput zwischen @Camaxtli und mir. Ich wies dort @Camaxtli auf "islamischen Rassismus" hin. -

      Hängt das Entfernen dieser Auseinandersetzung damit zusammen?-

      • @H-G.-S:

        Danke für den Hinweis, ist wieder da.

      • @H-G.-S:

        Pardon:

        Ich meinte natürlich Mazyeks Vorwurf des "islamfeindlichen Rassismus"

  • Herr Mazyek ist clever, er sagt genau das was wir von ihm hören wollen.

  • Islamismus iat auch ganz unislamisch.

  • Eigentlich bin ich (die islamische Mehrheitsgesellschaft) ja ganz anders, nur komme ich nie dazu - das wollte er uns vermutlich sagen.

    • @Camaxtli:

      Sind Sie sich völlig sicher, kompetent über die innere Bewusstseinslage dieser "Islamischen Mehrheitsgesellschaft" Auskunft geben zu können?-

      Oder können Sie die ganz klipp und klar, einfach nicht ausstehen. Was ja nun auch Sie, nicht unbedingt zur begründbaren und somit erlaubten Diskriminierung frei geben würde. Warum sollte man, gewisse Leute nicht leiden können dürfen? Ist doch eine ganz normale psychologische Seite des Lebens. Die Freiheit des einen hört aber da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt (kennen Sie Schiller) Will sagen: Obzwar Sie sie nicht leiden können, sollten Sie sie nicht von der Gesellschaft ausgeschlossen oder sogar diffamierend verfolgt wissen wollen. Tun Sie das? Wollen Sie sie nicht verfolgt und vertrieben wissen? Mal einfach so gefragt.

      • @H-G.-S:

        Ob ich Schiller kenne? Die aphoristische deutsche Allzweckwaffe? Ich weiß, dass z.B. die Axt im Hause den Zimmermann ersetzt und deswegen maße ich mir eine eigene Meinung an, muss mir mir die Welt nicht von Experten heute so und morgen so erklären lassen - und deswegen hinterfrage ich Hr. Mazyeks wohlfeile Distanzierungen, mit denen er sich nur aus der Schusslinie bringen möchte. Ihm persönlich untestelle ich natürlich keine IS-Sympathien etc. , aber als Exponent einer Weltanschauung steht er eben nicht nur für sich, sondern muss insgesamt sich in der Pflicht fühlen.

        Solange er nicht anerkennt, dass es ganz offensichtlich innere Gründe und Notwendigkeiten eines islamischen Antisemitismus, eines alle anderen abwertenden Dogmatismus gibt, solange er sich nicht fragt, warum ausgerechnt immer nur der Islam ständig "missverstanden" wird - solange stellt er sich und seine community nicht der notwendigen Diskussion und Kritik.

        Zum Kern ihrer Replik: Konfrontation und Ausschluss aus der Gesellschaft können wir uns nicht leisten - wenn Mazyek in der Mitte der Gesellschaft ankommen möchte (was ich ihm und uns wünsche), so darf er keine Extrawürste erwarten, sich nicht unter Naturschutz stellen, keine extraterritoriale Inselbildung betreiben - dann muss, dann darf er HIER als Gleicher unter Gleichen für sich werben und sich Kritik gefallen lassen wie wir alle.

        • @Camaxtli:

          Diesen „Exponenten“ einer Weltanschauung haben Sie sich also hier mal umrissartig vorknöpfen wollen, und meinen doch recht eigentlich diese „Weltanschauung“ selber, sprich diese spirituelle Glaubensausrichtung:

          „In der es ganz offensichtlich die innere Notwendigkeiten eines islamischen Antisemitismus gibt.“

           

          Nun befindet Mazyek mit kurz und bündiger, persönlicher Evidenz: „Judenhass ist unislamisch“.

           

          Meinem Eindruck nach, ist die öffentliche Äußerung Ihrer Sichtweise, der Grund dafür, dass Mazyek schon seit längerem anmahnt, „islamfeindlichen Rassismus“ als eigenen Tatbestand, aus der Subsumierung unter den Begriff „Fremdenfeindlichkeit“, heraus zu stellen. (Vermutlich geriete er damit in Ihren Fangschluss, dass eine solche Extrawurst nicht erwartet werden dürfe). Müssen wir als Gesellschaft nicht hellwach aufhorchen, wenn denn nun auch noch, außer des ständig anhaftenden Antisemitismusvorwurfes bis in die Mitte der Gesellschaft, uns vom Zentralrat der Muslime nun auch noch eine „bis in die Mitte der Gesellschaft reichende Islamfeindlichkeit in Deutschland“ attestiert wird? Denn damit wären wir ja noch unermesslich weit weg, von dem was Sie ihm wünschen: „Er darf HIER als Gleicher unter Gleichen für sich werben“.

           

          Für mich persönlich ist Ihre Haltung zu der Integrationsfrage „gehört der Islam zu Deutschland“ nun klar geworden und bedarf keiner weiteren Erörterung mehr. Dieser Islam von dem Sie sich ein Bild und einen persönlichen Gesamteindruck gemacht haben, gehört für Sie nicht zu Deutschland.

          • @H-G.-S:

            Grosse Überraschung, dass die Kommentare wieder sichtbar sind; ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass man mal wieder, in den Augen der TAZ, zu obstinat war. Nun denn:

             

            Mit Ihrem letzten Absatz haben Sie meine Haltung richtig beschrieben: Der Islam gehört nicht zu Deutschland und es hat uns gerade noch gefehlt, eine schon überwunden geglaubte verschwiemelte und verdruckte Parallelethik durch die multikulti-Hintertür wieder hereinzuholen.

            Zur Verdeutlichung: Deutsche muslimischen Glaubens gehören natürlich zu Deutschland und selbstverständlich gehört Religionsfreiheit dazu, die auch eine folkloristische Anmutung haben kann - mehr aber auch nicht. Nicht akzeptiert wird eine Art Selbstermächtigung zur Implementierung neuer, überholt geglaubter Moraldiskurse und das schrittweise vor-sich-Hertreiben der säkularen Gesellschaft mit immer neuen Forderungen.

            Die Kritik all dessen ist natürlich kein "islamfeindlicher Rassismus" (Islam ist keine Rasse) und auch nicht "islamophob", sondern alltägliche Ideologiekritik (zum Begriff des Islamophoben führen Sie sich bitte mal Folgendes zu Gemüte: http://www.heiko-heinisch.net/der-begriff-islamophobie/ )

             

            Sie schreiben "Nun befindet Mazyek mit kurz und bündiger, persönlicher Evidenz: „Judenhass ist unislamisch“."

            Sehr richtig, mit persönlicher Evidenz. Ihm persönlich nehme ich das ab, aber es geht nicht um ihn persönlich, sondern um den von ihm vertetenen Islam insgesamt und da steht sein dünnes Sätzchen gegen eine ganz andere Wirklichkeit.

            Es tut mir leid, diese starken Statements, die wir von Mazyek und anderen Politikern schon lange hören, sind keine analytische Beschreibung des Ist-Zustandes, sondern das Pfeiffen im Walde, das hofft, dass die Wirklichkeit irgendwann nachfolgt, eine Affirmation, ein Wunschdenken. Eigentlich wissen wir aber alle schon lange, was Sache ist, dass der Kaiser nackt ist...

            • @Camaxtli:

              Nebenbei: Zu Ihrer an anderer Stelle geäusserten Verquickung von deutscher Neoromantik und Antisemitismus ist was dran (Ihr gerne zitierter Säulenheiliger Nietzsche ist in dieser Hinsicht ja wohl auch nicht hasenrein). Natürlich gibt es genuin deutsche Komponenten eines Antisemitismus ( und nicht zuletzt die sog. Schuldumkehr), aber ich behaupte, das entfaltet durch Tabuisierung keine gesellscahftliche Wirkung mehr. Der Antisemitismus, den wir uns (s.o.) neu ins Haus geholt haben, an dem werden wir uns die Zähne ausbeissen und in dessen Windschatten wittern auch die altdeutschen und altlinken Antisemiten wieder Morgenluft.

          • @H-G.-S:

            Was soll der auch in einem Land, das vor kurzem noch 6 Mio Juden bestialisch ermordet hat?

             

            Der Antisemitismus gehört nach Deutschland. genau wie die deutschen Religionsführer wie Luther (Man solle:

             

            ihre Synagogen niederbrennen,

            ihre Häuser zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen lassen,

            ihnen ihre Gebetbücher und Talmudim wegnehmen, die ohnehin nur Abgötterei lehrten,

            ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe verbieten,

            ihren Händlern das freie Geleit und Wegerecht entziehen...) und Hitler.

             

            Die gehören zu Deutschland. Hier will man keinen muslimischen Antisemitismus. Wir haben unseren eigenen.

            • @Age Krüger:

              Alles bekannt. Auch in der Zusammenhangsstiftung nicht ganz ohne Stichhaltigkeit.-Aber!

              Wenn Mazyek sagt, Judenhass sei unislamisch, habe ich persönlich nun einen Begriff von Muslimen, die unabhängig von irgendwelchen, wild gewordenen Imamen, in einer persönliche Verantwortung, eine für sie als richtig geltende Haltung zu ihrem Allah einnehmen könnten, im spirituellen Balanceakt zwischen säkular und transzendent. Und der Gedanke an Antisemitismus käme darin gar nicht vor---Naiv?

              (Und an einer anderen Stelle lasst uns dann Politisches über Israel reden)

  • nehmen wir doch mal zur kenntnis: die muslimischen verbände waren nicht eingeladen

    ich tät sagen: das hat mit uns zu tun.

    • @christine rölke-sommer:

      Und wen meinen Sie mit "uns"? Die taz-Leser, die Linken oder wen?

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Wäre schön, wenn auch mal Christen Aktionstage gegen ihre verirrten Terror-Schäfchen veranstalten würden, Ku Klux Klan z.B. und nicht zuletzt Breivik, der sich ja als Zitat "100iger Christ" und Kämpfer für die christliche Kultur versteht, der eine Zitat "al Quaida für Christen" aufbauen wollte. Oder wie wäre es wenigstens mit einer Aktion der christlichen Kirchen gegen die realitätsleugnenden kreationistischen Radikalinskis?

     

    Wieder einmal gehen die Gläubigen des Islam mit gutem Beispiel voran, wieder einmal verpaßt das Christentum die Gelegenheit, mit seinen eigenen Schattenseiten aufzuräumen.

    • D
      D.J.
      @90191 (Profil gelöscht):

      Ich bin Atheist (der Kreationisten verachtet wie nur irgendwas), mag aber kein unangemessenen Alles-in-einen-Topf-Werfen.

      Sie wissen schon, dass Joh. Paul II. ein großes Schuldbekenntnis im Jahre 2000 abgelegt hat? Z.B. hinsichtlich der Kreuzzüge. Dass es eine dererartige Vergangenheitsbewältigung auf muslimischer Seite auch nicht ansatzweise gibt, dürften Sie auch wissen. Da werden z.B. solche Agitpropfilme wie "1453" gedreht, um das Massaker von Konstaninopel zu verherrlichen bzw. zu verklären.

      Näher an die Gegenwart: Wie viele Leute haben Breiviks Tat gerechtfertigt? Wie viele? Übrigens propagierte er ein "Kulturchristentum" (was auch immer das sein soll", hat aber erklärt, selbst nicht religiös zu sein.

      Inwiefern ist der KKK eine christliche Vereinigung? Ihre Feindbilder waren/sind (christliche) Schwarze, Juden und Kaholiken.

      • 9G
        90191 (Profil gelöscht)
        @D.J.:

        Herr M. hat sich doch gerade eben vom Terror distanziert. Also was wollen Sie eigentlich? Glauben Sie, daß das nur ein Papst kann?

         

        Übrigens halte ich JP2 für genau so bekloppt wie den restlichen Klerus. Seligsprechen, Heiligsprechen, das ist doch nichts als Bullshit. Er war nur ein alter Mann, der ein paar Dinge gesagt hat, auf die jeder selber kommt, der nicht völlig verblendet ist. Daß die Christen darin gleich einen Heiligen sehen, sagt viel über sie selbst aus.

         

        So langsam komme ich immer mehr zur Überzeugung: Religion ist nichts für die dumme Masse. Wenn man Deppen glauben läßt, der Allmächtige stehe ihnen - und nur ihnen - in jedem Falle bei, dann ist das nicht gerade förderlich für die kritische Selbstbetrachtung.

         

        Religion sollte wieder ein Privileg einiger Weniger werden, die damit umgehen können. Schamanen und Medizinmänner, die den Duktus nach oben kraft ihrer geistigen Stärke haben. Alle anderen: Finger weg! Religion ist kein Spielzeug. Religion ist mächtig wie eine Droge und gefährlich wie eine Waffe.

      • @D.J.:

        Zum ersten Teil Ihres Kommentars meine Zustimmung - gerade zu dem "Alles-in-einen-Topf-werfen" oder zur fehlenden "Vergangenheitsbewältigung" auf muslimischer Seite. Ich will jedoch (ohne alles in einen Topf werfen zu wollen) darauf hinweisen, dass auf christlicher Seite m. W. n. beispielsweise ein klares Eingeständnis der protestantischen Kirche zur Bedeutung des massiven Anti-Judaismus in den Schriften ihres "Propheten" Luther für die Entstehung und Entwicklung des Antisemitismus in der Moderne bis heute fehlt.

         

        Breiviks Taten haben wahrscheinlich sehr viel mehr Menschen gerechtfertigt, als wir auch nur ansatzweise ahnen. Ein wie ich fand sehr erschreckendes Indiz: Ayaan Hirsi Ali erhält den Henri-Nannen-Ehrenpreis des Springer-Verlages - und rechtfertigt Breiviks Tat öffentlich in ihrer Dankesrede ...

         

        http://www.cicero.de/salon/wie-ayaan-hirsi-ali-breiviks-massenmord-erklaert/49381

         

        Ein öffentlicher Aufschrei anläßlich dieses Skandals blieb übrigens aus. Seltsamerweise berichtete die Springer-Presse auch m. W. n. nicht darüber ...

         

        Der Klan begreift sich als protestantisch-fundamentalistische Organisation (auf die schnelle finde ich gerade leider nur einen Wikipedia-Beleg, bei näherem Interesse kann ich Ihnen da aber weitere interessante Quellen zukommen lassen):

         

        http://de.wikipedia.org/wiki/Ku-Klux-Klan#Doktrin

         

        Als weitere Beispiele für relativ aktuellen Terrorismus im Namen des Christengottes könnte man u. a. auf die ugandische "Lord´s Resistance Army" verweisen oder auch den Nordirlandkonflikt:

         

        http://de.wikipedia.org/wiki/Nordirlandkonflikt#mediaviewer/File:Carrickfergus.jpg

        • @Der Sizilianer:

          P.S.: Ich halte es nicht für einen Zufall, dass der KKK im Zeichen eines brennenden Kreuzes agiert.

          • @Der Sizilianer:

            Als eine Art Fanal, soll wohl das Zeichen der Nächstenliebe verbrannt werden. In dem Sinne: Gott ist tot; der Christengott sowieso.

            Andererseits haben es aber auch die Religionen im allgemeinen nicht so mit "Nächstenliebe", wenn es um Andersgläubige geht. Die mehr oder weniger ausgebremsten Feindschaften sind nach allen Seiten hin tiefgehend. In letzter Zeit sogar ausgesprochen virulent (mitunter beteiligen sich sogar buddhistische Mönche am allgemeinen Draufhauen)

  • Bisher habe ich relativ viel von Herrn Mazyek gehalten.

    Allerdings habe ich mir zum ersten Mal die von seinem Verein betriebene Seite islam.de und die dort zu findenden FAQ zum Leben als Moslem in Deutschland durchgelesen, siehe http://islam.de/1641.php.

    Und muss meine Meinung völlig revidieren: Ein Wolf im Schafspelz, der sich in die Opferrolle drängt.

    • D
      D.J.
      @Andre Berger:

      Der Punkt muss weg, dann geht der Link. Schariatisches Eherecht steht dort, so what? Scheidung für den Mann viel einfacher als für die Frau, ehelicher Beischlaf darf nicht ohne triftigen Grund verweigert werden usw. usf.

      Herr Bax hat uns übrigens mal belehrt, dass die Scharia eigentlich kein Problem darstellt, jedenfalls außerhalb des strafrechtlichen Teils.

      Wenn Sie also etwa ein Problem mit einer etwa mangelnden Gleichstellung von Mann und Frau nach der Scharia haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an ihn.

      • @D.J.:

        Besonders irritiert hat mich Punkt 5, in dem gesagt wird, dass man keinen vorehelichen Sex mit jemandem haben kann, den man heiraten kann. Das ist doch eine Einladung fürs Fremdgehen mit Partnern, die man nicht heiraten will oder kann, oder verstehe ich da was falsch. Und es ist sicherlich Auslegungssache, was ein "trifftiger Grund" ist, um sich in Sachen "ehelichen Beischlaf" zu verweigern. Migräne? Ach Menno, nicht schon wieder... :)

      • @D.J.:

        ha ha ha, guckst du halacha. ab bavli in gittim nur noch räsonnieren darüber, wie mann frau scheidebrief zustellt, gern auch über hohe mauer fliegend.

        und wenn ich an beischlaf als den scheidungsgrund beseitigende versöhnung denke - das kam mir in christlichen ehen sogar noch in meiner eigenen in diesem jahrhundert schriftsätzlich vor die augen!

        wie gleichstellung von frau+mann geht, hat Ameneh Bahrami vorgeführt. da jaulten auf einmal alle, die sonst nach TOA schreien.

        • D
          D.J.
          @christine rölke-sommer:

          Frau Rölke-Sommer, Sie neigen zum tu-quoque-Argument. Glauben Sie, ich bin ein Freund des Eherechts nach dem Thora oder Talmud? Nun wahrlich nicht, ebensowenig ein Freund des kath. Wiederverheiratungsverbots Geschiedener mit allen arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Ich wunderte mich nur, dass sich Herr Berger wunderte. Aber damit sind wir ziemlich vom Thema weg.

          • @D.J.:

            aber genau ist das thema, andro gegen poly

  • Kann man Herrn M nichtmal ein Exemplar des Koran geben? Zum Nachlesen.

    • @Tupaq:

      Können Sie den lesen?

       

      Ich kann das nicht, obwohl ich auch ein bisschen alte semitische Sprachen kann, aber dafür reicht es noch lange nicht. Ich bin froh, dass ich mein Hebraicum geschafft habe. Daher weiß ich wenigstens, dass es unter Umständen klüger war, dass man sagt, dass der Koran nicht übersetzbar ist.

      Hat aber eben auch den Nachteil, dass jeder Iman da sein eigenes Süppchen raus kochen kann. Und da die keine zentralen Organisationen haben, kann auch leider jeder sich den Iman aussuchen, der ihm am besten nach dem Mund redet.

      • 9G
        90191 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Sie werden doch nicht daran zweifeln, daß Herr Tupaq den Koran eingehend studiert hat und über fundierte Kenntnisse verfügt? Seine Koranlehrer waren Michael Stürzenberger und Thilo Sarrazin. Sie, Age Krüger, können da keinesfalls mithalten, wenn nicht mal Herr Mayzek diesen Koryphäen das Wasser reichen kann.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Tupaq:

      Oho, haben Sie ihn denn schon gelesen?

  • Es ist ja schön, wenn ein muslimischer Funktionär sagt "Antisemitismus ist unislamisch", denn das wollen wir hören. Nicht aus der Welt ist damit aber die jahrhundertelange und auch aktuelle Verfolgung der Juden durch muslimische Staaten, die koranische Rede von "Söhne von Affen und Schweinen". Wäre schön, wenn muslimischerseits zu der Behauptung auch eine plausible Begründung käme. C.P.

    • @tazzelwurm:

      Dann müssen aber die Deutschen als erstes mal ihre Glaubwürdigkeit in Sachen "Anti-Semitismus" klarmachen.

       

      Die Shoa ist noch nicht mal ein Jahrhundert her. Und auch heute noch ist die BRD Mitglied von Organsationen wie der EU, in der zum Teil offen antisemitische Kräfte sich artikulieren in den Regierungen der EU-Staaten.

      • @Age Krüger:

        Herr Krüger, fragen Sie doch mal den Rabbiner Daniel Alter, von welcher Seite er häufiger und heftiger angefeindet wird: Muslime oder Neonazis.

      • @Age Krüger:

        Ja, die deutsche Gesellschaft sollte bei Antisemitismustendenzen sehr entschieden reagieren. Aber das sollte nicht in Selbstgeißelung ausarten, nicht alles, was von interessierter Seite als Antisemitismus bezeichnet wird, ist auch einer. Der Antisemitismusvorwurf wird gerne als Allzweckwaffe eingesetzt, um die israelische Politik gegen Kritik zu immunisieren.

         

        Die Israelfreunde sollten sich auch mal zu dem alltäglichen Rassismus in Israel gegenüber Palästinensern äußern, anstatt hier immer das Hohelied auf die einzige Demokratie (die bestenfalls eine Ethnokratie ist) in Nahost anzustimmen.

         

        Die in den EU-Regierungen sich offen „antisemitisch“ äußernden Kräfte klagen die völkerrechts- und menschenrechtswidrige Besatzungspolitik und die landräuberische Siedlungspolitik Israels an, da soll der Antisemitismusvorwurf nur wieder mal als Teflonschicht dienen.

        • @Rosbaud:

          An die Israelkritik hatte ich jetzt überhaupt nicht dabei gedacht.

          Wenn Sie die noch mit in die Debatte, wer sich antisemitisch darstellt, unbedingt aufnehmen möchten, dann stehen sich die meisten Deutschen wirklich kaum noch irgendwelchen islamischen Menschen nach.

           

          Nein, ich meinte ziemlich deutliche Äußerungen aus osteuropäischen EU-Länder wie z.B. Ungarn, wo man ganz klaren Antisemitismus hören wird ohne dabei Israel miteinzubeziehen.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @tazzelwurm:

      Leider sind damit auch nicht die Nazional Befreiten Zonen im Osten und die dort üblichen "In Maidanek in Maidanek machen wir aus den Juden Speck"-Chorgesänge urdeutscher Nazimäuler aus der Welt.

  • „Judenhass ist unislamisch“

     

    Gut, dass das mal klargestellt wurde. Judenhass ist übrigens auch unchristlich.

    Die 10 Gebote darf man generell durchaus als Gebrauchsanweisung zu einem Zusammenleben ohne Hass verstehen.

  • wieso habt ihr die wortmeldung von d.j. und meine entgegnng entfernt?

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @christine rölke-sommer:

      Hätte ich auch gerne gelesen.

      • D
        D.J.
        @774 (Profil gelöscht):

        Bedauerlich und seltsam. Was hatte ich geschrieben - Kurzfassung:

        1. Ich habe Mayzek verteidigt gegen Hetzer von rechtsextremer Seite.

        2. Ich hätte dennoch gern geklärt gehabt, was genau seine Normen für "nicht islamisch" sind - angesichts der Tatsache, dass eben viele Dinge, die sich derzeit abspielen, ohne weiteres schariatisch gerechtfertigt werden können. Konsequenterweise müsste er also die trad. Scharia oder zumindest die sich auf den Dschihad beziehenden Teile als unislamisch bezeichnen.

        • @D.J.:

          das einfachste wäre, es wiederherzustellen.

          dann könnten wir uns weiter darüber streiten, womit und mit wem eigentlich das begann, was d.j. heute schariatisches denken nennt. meine these: mit den christen. noch weitergehend: mit der hellenisierung der judentümer. also mit der mono=andro-zentrierung von religion.

          • D
            D.J.
            @christine rölke-sommer:

            Ich kenne mich ganz gut mit dem islamischen Kriegs- und Völkerrecht aus, wie es sich schon in der islamischen Frühzeit ausprägte, ebenso mit der Kompliziertheit des jüd.-muslimischen Verhältnisses. Über Dschihad-Konzepte habe ich in Forschung und Lehre einiges gemacht. Und es gab nun mal über viele Jahrhunderte einen zuallermindest theoretischen Konsens der "orthodoxen" Rechtsgelehrten, was Umgang mit Schriftbesitzern betrifft (Unterwerfung, wenn irgend möglich) bzw. was Umgang mit "Götzendienern" betrifft (Konversion oder Vernichtung). Man macht es sich zu leicht, einfach zu sagen "hat nichts mit dem Islam zu tun", ohne das irgendwie zu reflektieren. Darum geht es.

            • 7G
              774 (Profil gelöscht)
              @D.J.:

              Sie waren in Forschung und Lehre? Würde man gar nicht meinen.

            • @D.J.:

              Der Islam hat nichts mit dem Islam zu tun.

  • D
    D.J.

    Herr Mayzek wird sowohl von Salafisten als auch von anderen sehr Rechten (PI und Co.) gehasst. Das spricht durchaus für ihn. Außerdem distanziert er sich regelmäßig von extremem Fundamenalismus (von daher ist die ewige Leier: "warum sistanzieren sich nicht die Islamverbände" unsinnig).

    Dennoch folgt er einem gewissen Selbstbetrug, wenn er sagt, das und das hat nichts mit dem Islam zu tun. Was heißt das? Sehr vieles hat nun mal mit der Scharia in ihrer trad.Ausformung zu tun. IS handelt in vielerlei Hinsicht so, wie man es in den Schriften des islamischen Kriegs- und Völkerrechts (siyar) nachlesen kann. Z.B. Wahl zwischen Konversion und Beseitigung bei vermeintlichen Götzendiesern (Yeziden). Legitimität von Beutefrauen. Usw. usf. Wäre Mayzek konsequent, würde er sagen, die trad. Scharia (jedenfalls in ihren Aussagen zum kriegerischen Dschihad u.ä.) hat nichts mit dem Islam zu tun, dies sei ein Irrweg bereits seit der Frühzeit des Islam gewesen: Gültig könne allein Koran und Sunna sein, und zwar in einer Form, die die Kriegsaufforderungen historisiert (nur für die Zeit und die Umstände auf der Arab. Halbinsel gültig). Würde er sich das trauen?

    Eine Bitte an die bekannten Pseudolinken, die hier gern die Scharia verharmlosen: Man weise mir bitte nur einen einziegn sachlichen oder Denkfehler nach. Keine Phrasen. Danke.

    • @D.J.:

      der selbstbetrug ist allgemein geworden und folgt der regel: dina de malkuta dina. die sich, aber das nur am rande, aus wa'jikra ableiten läßt - was sie da aber zu bedeuten hatte ist nicht das, was halacha daraus gemacht hat. gilt auch für die legitimität von beutefrauen, welche schon in tora zu lesen steht - eine auseinandersetzung, die auch heute noch ausgetragen wird, wenn ein katholik eine protestantin heiratet - als mann noch nicht monotheistisch dachte, war das alles noch keine frage.

      der selbstbetrug kam damit in die welt, dass christen begannen, andere (christen oder nicht) des judaisierens zu bezichtigen. näheres dazu bei Boyarin nachzulesen.

      dass islam diesen diskurs um die minim aufgenommen und fortgeführt hat, ist nicht verwunderlich. das war zeitgeist, und zwar ausgesprochen gewalttätiger zeitgeist.

      mir scheint, dieser streit um die damals rechte christenheit wird heute noch fortgesetzt, in säkularisiertem gewand. warum? nun, die jagdgründe+weiden sind verteilt, aber frauen als beute noch nicht.

      pseudoaufgeklärte mögen sich dazu äußern.