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Aktionsplan gegen RechtsextremeMaue Bilanz, softes Vorgehen

Vor einem Jahr präsentierte Innenministerin Nancy Faeser ihren Aktionsplan gegen Rechtsextremismus. Nur wenig wurde umgesetzt. Auch die Ampel übt Kritik.

Hatte eine harte Kante gegen Rechtsextreme angekündigt: Nancy Faeser Foto: Michael Kappeler/ dpa

BERLIN taz | Es war eine beherzte Ankündigung. Sie wolle rechtsextreme Netzwerke zerschlagen, die Szene entwaffnen, deren Finanzen trockenlegen, verkündete Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im März 2022 mit ihrem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus. Doch ein Jahr später sieht die Bilanz dürftig aus – was auch in der Ampel Kritik hervorruft.

Schon zu ihrem Amtsantritt hatte Faeser den Aktionsplan angekündigt. Er umfasste schließlich 10 Punkte: eine Verschärfung des Waffen- und Disziplinarrechts, Maßnahmen gegen Onlinehetze, für Aussteigerprogramme oder Opferhilfen. Man werde „mit Prävention und harter Hand“ gegen die Szene vorgehen, versprach Faeser. Die Punkte sollten „kurzfristig wirksam“ werden.

Ein Jahr später ist davon indes nicht viel zu sehen. So kann von einer Zerschlagung rechtsextremer Netzwerke keine Rede sein. Zwar ging die Bundesanwaltschaft im Dezember gegen umstürzlerische Reichsbürger vor. Verbote aber, wie sie Faesers Vorgänger Horst Seehofer etwa gegen Combat 18 oder Nordadler verhängte, erfolgten bisher nicht. Faeser sprach bisher nur eines aus: gegen die Rockertruppe „United Tribuns“.

Zahl der gesuchten Rechtsextremen gestiegen

Zudem wurden zuletzt, Stichtag 30. September 2022, auch noch 674 Rechtsextreme mit offenen Haftbefehlen gesucht – ein Höchststand seit Jahren. Dazu kamen 155 nicht vollstreckte Haftbefehle auch gegen Reichsbürger.

Auch eine Entwaffnung der Szene gibt es bisher nicht. Zwar legte Faeser im Januar einen Gesetzentwurf für eine Verschärfung des Waffenrechts vor. Diese wird aber bis heute von der FDP blockiert. Die rechtsextreme Szene hantiert weiter mit Waffen: Zum letzten Stichtag Ende 2021 besaßen immer noch 1.561 Rechtsextreme und rund 500 Reichsbürger waffenrechtliche Erlaubnisse. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Zudem verübten Rechtsextreme im Jahr 2021 insgesamt 485 Waffendelikte – knapp die Hälfte davon waren Gewaltvorfälle. Die Waffenentzüge in der Szene bleiben überschaubar: In den drei Jahren von 2018 bis 2021 waren es laut Innenministerium 169.

Im Kabinett verabschiedet ist immerhin ein verschärftes Disziplinarrecht, mit dem Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst fliegen sollen. Das Gesetz muss nun noch durch den Bundestag – von Polizeigewerkschaften kommt bereits Protest.

Erhöht wurde auch der Druck auf Telegram, gegen Hassnachrichten vorzugehen. So schickte das Bundeskriminalamt bis Herbst 2022 insgesamt 392 Löschersuche zu strafbaren Inhalten an den Anbieter – 370 davon waren danach nicht mehr aufrufbar. Zudem verhängte das Bundesamt für Justiz zuletzt Bußgelder von 5 Millionen Euro gegen Telegram wegen fehlender Meldewege. Die großen Onlineplattformen Youtube, Facebook oder Twitter kooperieren aber weiter nicht mit dem BKA und der dort eigens eingerichteten Meldestelle. Sie hatten gegen eine Meldepflicht von Hasspostings geklagt und vorläufig Recht bekommen.

Von Faesers ebenso angekündigten verstärkten Finanzermittlungen in der rechtsextremen Szene durch den Verfassungsschutz hat man indes wenig mitbekommen. Ebenso wenig von der versprochenen Allianz zum Schutz kommunaler Mandatsträger oder zentralen Beratungsangeboten für Angehörige von Verschwörungsgläubigen.

„Viel Luft nach oben“

Klar ist, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine auch im Innenministerium einige Aufgaben in den Hintergrund rücken ließ. Dennoch kommt Kritik an der mauen Bilanz des Aktionsplans auch aus der Ampel. Die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan sieht dort „noch viel Luft nach oben“. Es bestehe „in grundlegenden Punkten weiterhin Handlungsbedarf“. Dabei zeigten die Reichsbürgerrazzien oder Proteste gewaltbereiter Rechtsextremer gegen Geflüchtete „wie dringend notwendig es weiterhin ist, das Thema politisch entschlossen zu bearbeiten“, betont Khan. Die Grünen wünschten sich hier „mehr Engagement und ein kohärentes Vorgehen gegen Rechtsextremismus“. Es brauche eine „ressortübergreifende Gesamtstrategie“ und eine Stärkung vor allem der Präventionsarbeit sowie des Schutzes von Bedrohten.

Deutliche Worte findet auch die Linken-Innenexpertin Martina Renner. „Der Aktionsplan ist bisher vor allem eine politische Absichtserklärung, der kein konzertiertes behördliches Handeln gefolgt ist“, kritisiert sie. Beim Waffenbesitz der Rechtsextremen und den offenen Haftbefehlen sehe sie gar „eher eine gefährliche Zuspitzung statt einer Entschärfung der Situation“, sagte Renner der taz. „Je weiter man von der Ebene der medienwirksamen Inszenierung zur Ebene der tatsächlichen, konkreten und nachhaltigen Maßnahmen kommt, desto weniger bleibt von den großspurigen Ankündigungen.“

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