piwik no script img

Aktionscamp in GrünheideTesla stoppt Produktion

Die Proteste gegen die Erweiterung des Tesla-Werks in Grünheide weiten sich aus. Ein Zwischenziel haben die Ak­ti­vis­t*in­nen schon erreicht.

Das Protestcamp richtet sich gegen eine geplante Erweiterung des Tesla-Werksgeländes in einem Waldgebiet nahe der Fabrik Foto: hristophe Gateau/dpa

Grünheide taz | Drei große Zirkuszelte stehen seit Montag, umgeben von Schlafzelten, Dixiklos, Waschbecken und Banner, auf der Festwiese Grünheide. Auf dem hügeligen Gelände direkt am Werlsee haben sich an diesem Himmelfahrtswochenende die Ak­ti­vis­t*in­nen vom Bündnis „Tes­la den Hahn abdrehen“ ausgebreitet. Ein weiteres Bündnis „Disrupt Tesla“ hat ebenfalls zu Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen die Erweiterung des Teslawerks in Grünheide aufgerufen.

In den weißen Veranstaltungszelten sollen in den nächsten Tagen Workshops, Diskussionsrunden und Aktionsvorbereitungen stattfinden. Ein dichtes Programm: Aktionstraining um 13 Uhr, ein Rechtsgrundlagenbriefing in englischer und deutscher Sprache um 14 Uhr und 16 Uhr steht auf einer Ankündigungstafel. „In 5 Minuten gibt es die Diskussionsrunde Palästina und die Klimabewegung“, ruft jemand durch ein Megafon.

Ein Zwischenziel ihres Ak­tions­wochenendes haben die Ak­ti­vis­t*in­nen erreicht: Wegen der angekündigten Proteste und der potenziellen polizeilichen Maßnahmen wird Tesla die Produktion am Freitag aussetzen. Alle Werks­ar­bei­te­r*in­nen sollen entweder aus dem Home­office arbeiten oder gewinnen den Freitag als Brückentag zwischen Feiertag und Wochenende. Die Kundgebung vor dem Werkstor, die für Freitagvormittag geplant ist, findet daher zwar mit Reden, Dosenwerfen, Seifenblasen statt, aber ohne den geplanten Austausch mit Fabrikmitarbeitenden.

Das Bündnis Disrupt Tesla freut sich über den Produktionsstopp: „Jeder Produktionstag weniger ist auch ein Tag weniger, an dem hier Menschenleben bei der Arbeit gefährdet werden“, sagt Lucia Mende, die Pressesprecherin von Disrupt Tesla und spielt damit auf die überdurchschnittlich hohe Zahl an Arbeitsunfällen an, die laut Recherchen des Stern seit Betriebsbeginn im Teslawerk gemeldet wurden.

Noch ein weiter Weg

Das eigentliche Aktionsziel haben die Ak­ti­vis­t*in­nen eigenen Angaben zufolge noch nicht erreicht. Das Ziel von Disrupt Tesla sei nicht, die Produktion im Teslawerk nur für ein Wochenende zu stoppen. „Unser Ziel ist eine komplette Produktionswende“, sagt Mende. Dieses Wochenende würden daher viele weitere Proteste stattfinden.

Anfang des Jahres hatte sich eine Mehrheit der Grün­hei­de­r*in­nen gegen den Bebauungsplan, der die Erweiterung des Teslawerks beschließen würde, ausgesprochen. Über einen neuen Plan soll die Gemeindevertretung Grünheide am 16. Mai abstimmen. „Wir werden weiter versuchen, auf die Gemeindevertreter Einfluss zu nehmen, dass dieser Bebauungsplan nicht zur Abstimmung kommt“, kündigt Manu Hoyer von der Bür­ge­r*in­nen­in­itia­ti­ve Grünheide an. Sie sei froh, dass mithilfe der Proteste das Thema Wasser in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte gerückt wurde.

Menschen in Lateinamerika leiden

Der Betrieb von Teslas Fabrik in Grünheide habe jedoch letztendlich nicht nur lokale, sondern internationale Konsequenzen, sagt Maria Nicolellis. Sie ist Sprecherin des „Bloque Latinamericano“, einer Initiative, die sich für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen lateinamerikanischer Mi­gran­t*in­nen einsetzt. Die Rohstoffentnahme von Lithium, Kobalt und Nickel, die Tesla neben anderen in seinen E-Autos verbaut, habe in den Abbaugebieten in Lateinamerika verheerende Folgen. Der Extraktivismus in Ländern wie Chile und Argentinien vertreibe Menschen aus ihren Gebieten und fördere die Abhängigkeit vieler lateinamerikanischer Länder von Ländern wie Deutschland, schildert Nicolelli.

Die gute Stimmung werde den Ak­ti­vis­t*in­nen zufolge nur durch die hohe Polizeipräsenz gestört. Sowohl das Camp als auch die etwa zwei Kilometer entfernte Aktion „Wasserbesetzung“ seien offiziell angemeldete Veranstaltungen und durch das Versammlungsrecht geschützt. Grund für den Namen dieser Aktion ist der geplante Ausbau der Fabrik in einem Wasserschutzgebiet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Mitarbeiter, die voller Hoffnung in einem vermeintlich umweltschonenden Sektor gestartet haben und ihre Familien voller Stolz überredet haben mitzukommen, werden sich freuen... Oo

  • Super Idee. Klasse.

    Der Raubbau an der Natur und an den armen Menschen weltweit für die Elektroautos wird endlich thematisiert.

    Ob der rechtsgerichtete Elon Musk die Dinger dann anderswo bauen wird, wenn nicht in Grünheide?

    Auf jeden Fall werden dann nicht nicht mehr deutsche Menschenleben durch die Arbeit gefährdet.

    Wenn der weitere Bau von umweltschädlichen Elektroautos in Deutschland gestoppt wurde, dann sollte man sich aber auch unbedingt von Seiten der wackeren Kämpfer um Werke in China und den USA kümmern, nicht nur von Tesla.

  • WARUM?

    Das ist doch absolut kontraproduktiv, wenn die Produktion von E-Autos in Deutschland verhindert wird.

    Klar: Produktion von Waren (auch E-Autos) ist immer mit Eingriffen in die Natur verbunden, das geht einfach nicht anders.

    Warum aber gerade die Produktion von Tesla nun so am Pranger steht, ist für mich unverständlich, immerhin ist das Produkt doch wichtig für eine bessere Zukunft.

    Bei anderen Automobiherstellern (leider auch den deutschen) werden doch sowohl bei der Produktion, aber insbesondere bei den immer noch/wieder vorrangig hergestellten Verbrenner Autos viel mehr an Umweltzerstörung angerichtet.

    Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass VW/BMW/OPEL/MERCEDES und Co keine Proteste in diesem Ausmaß verursachen, obwohl diese wesentlich mehr UMWELTSCHÄDLICHE PRODUKTE in UMWELTSCHÄDLICHER PRODUKTION herstellen.

    Die "Aktivisten" verhindern daher m.E. genau das, was notwendig wäre:

    Eine umweltpolitische Wende vom Verbrenner zum E-Mobil.

  • Es ist schon bemerkenswert mit welchen fadenscheinigen Argumenten gegen Tesla-Grünheide vorgegangen wird. Alle angeblichen Gründe wurden nun doch schon mehrfach widerlegt.



    Warum geht man nicht gegen die anderen OEMs vor, welche nachweislich am Diesel-Skandal beteiligt sind und weiterhin an den giftige Verbrenner festhalten und deren Produktion nun auch noch ausweiten. Warum geht man nicht gegen die Raffinerien vor, welche alles andere als sauber sind?



    Was ist eigentlich die Hauptmotivation dieser Menschen gegen Tesla?

    • @N. H.B:

      Gegen die konventionellen Autobauer wird ebenfalls vorgegangen.

      Einfach mal durch indymedia scrollen.

      VW stehe für Verkehrswende und die sollen endlich Straßenbahnen bauen. Entsprechend handeln die Leute.

  • Nicht auf die Umstellung von Verbrenner auf E-Auto kommt es an, sondern auf die Umstellung von lebensfeindlich auf lebensfreundlich. Das schließt die ganze Produktions- und Verbraucherkette mit allen lokalen und globalen Bedingungen und Auswirkungen ein. Tesla ist hier ein denkbar schlechtes Vorbild.

  • "Anfang des Jahres hatte sich eine Mehrheit der Grün­hei­de­r*in­nen gegen den Bebauungsplan, der die Erweiterung des Teslawerkes beschließen würde, ausgesprochen."

    Mal sehen, wie demokratisch es dort zugeht. Nur, dass eine Mehrheit gegen etwas ist, dass sie direkt betrifft, ist un unserer Demokratie ja noch lange kein Sieg.

    Proteste sind in Deutschland ja inzwischen schwierig geworden. Also wäre es besser, wenn sie auf dem Weg durch die Instanzen etwas erreichen könnte. Ich bin skeptisch.

  • Bleibt dran!

    Und wenn das in Grünheide um ist, geht es weiter nach Espenhain.

    taz.de/Verzweifelt...096&s=Aussperrung/

  • Toll.... mit Dosenwerfen und Seifenblasen....und gegen Juden kann man sich auch beschweren....ein Spaß für die ganze Familie....nur schade, dass die Mitarbeitenden*innen auf den Austausch verzichten müssen, den hätten die bestimmt genossen.

    • @Altunddesillusioniert:

      So siez aus.

    • @Altunddesillusioniert:

      Das hat jetzt genau was mit Juden zu tun?

      • @Andreas J:

        „In 5 Minuten gibt es die Diskussionsrunde Palästina und die Klimabewegung“, ruft jemand durch ein Megafon.

        ja, das frag ich mich auch...

  • Fassen wir die Forderungen doch einfach zusammen, es bleibt beim Verbrenner !

    Naja, die Absatzzahlen beim Autokauf sagen das ja auch voraus.

    • @flaviussilva:

      "...es bleibt beim Verbrenner !"



      Ja, und? Dem Klima ist es egal, ob das CO2 im Verkehrssektor oder im Stromsektor rausgeblasen wird.



      In diesem Sinn sind E-Autos tatsächlich "klimaneutral" :-)

  • Brandenburg wird immer trockener weil stinkige Diesel und Benziner von VW Daimler BMW Toyota usw das Klima anheizen.e Auto wie Tesla sind dagegen klimafreundlich weil in Brandenburg über 60 % des Strom mit dem diese Autos fahren aus Wind und Solarenergie kommt.also das Camp auf die Nahe Autobahn oder zu VW verlegen .inzwischen baut Tesla auch Lithium-freie Autos oder Lithium wird umweltfreundlich im Rheingraben aus TiefenGeothermie gewonnen.habe den Eindruck da sind auch jede Menge AFD wähler beim blockieren.