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Agrarsubventionen in DeutschlandEU-Millionen für Großbauern

Unter den Top-Empfängern war 2018 ein riesiger Betrieb aus Thüringen, der Kleinbauern verdrängt. Das belegt eine nun aktualisierte Datenbank.

Wer viele Felder hat, bekommt viel Geld vom Staat Foto: dpa

BERLIN taz | Die meisten EU-Agrarsubventionen in Deutschland sind im vergangenen Jahr außer an Behörden und große Erzeugergemeinschaften an riesige Landwirtschaftsbetriebe geflossen. Beispielsweise erhielt die Agrargesellschaft Pfiffelbach aus dem gleichnamigen Dorf in Thüringen 1,9 Millionen Euro. Das geht aus einer am Donnerstag aktualisierten Datenbank der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hervor.

Die EU zahlt jedes Jahr europaweit rund 58 Milliarden Euro für die Branche. Das meiste Geld, die Direktzahlungen, werden pro Hektar Land vergeben. Wer viel Äcker und Wiesen hat, erhält auch mehr. Deshalb kassierten laut EU-Kommission die 20 Prozent größten deutschen Empfänger 2015 etwa 69 Prozent der Direktzahlungen. Die Umweltorganisation Greenpeace beispielsweise kritisiert, dass das Fördersystem große Betriebe bevorzuge und die Gelder kaum an Leistungen für das Gemeinwohl binde.

Die Agrargesellschaft Pfiffelbach hat auch ohne Subventionen wegen ihrer Größe Wettbewerbsvorteile. Das Unternehmen bewirtschaftet nach eigenen Angaben 5.060 Hektar. Der Durchschnittsbetrieb in Deutschland kam laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr nur auf 62 Hektar. Weil sie so viel Land hat, kann die Agrargesellschaft ihre Maschinen besser ausnutzen und etwa Getreide billiger produzieren. Dadurch geraten Kleinbauern noch stärker unter Preisdruck, weshalb immer mehr von ihnen aufgeben. Die Agrargesellschaft machte 2017 dem Unternehmensregister zufolge rund 15 Millionen Euro Umsatz. Ihr Vermögen hatte Ende 2017 einen Buchwert von 26 Millionen Euro.

Dass kleine Höfe aufgeben müssen, schadet der Umwelt. Denn große Betriebe tendieren eher dazu, die für die Natur wichtigen Bäume und Hecken an Feldrändern zu roden, um kleine Flächen zusammenzulegen. So lassen sie sich effizienter bearbeiten. Studien der Universität Göttingen haben aber gezeigt, dass in Agrarlandschaften mit kleinen Feldern mehr Insekten- und Pflanzenarten vorkommen als in Regionen mit weitläufigen Äckern.

Auch RWE kassiert Agrargelder

Der Braunkohle-Energiekonzern RWE erhielt der Datenbank zufolge rund 331.000 Euro. „Es widerspricht den Zielen der EU-Agrarpolitik, dass milliardenschwere Konzerne, die öffentliche Güter wie Wasser, Klima, Artenvielfalt und Böden zerstören, mit EU-Agrarsubventionen gefördert werden“, sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken. „Angesichts von Artensterben und Klimakrise müssen die Brüsseler Töpfe zum Anreiz für eine umwelt- und klimaschonende Landwirtschaft werden.“ Die Chance dazu biete sich in den kommenden Monaten bei der Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik.

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8 Kommentare

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  • Unter den 20 größten Subventionsempfängern ist kein einziger Landwirt. Das Wort Agrarsubvention ist schon etwas verlogen.

  • "Unter den Top-Empfängern war 2018 ein riesiger Betrieb aus Thüringen, der Kleinbauern verdrängt. Das belegt eine nun aktualisierte Datenbank."

    Wenn man allerdings so blöd ist wie ich, dann findet man den Beleg in der Datenbank nicht. Aber vielleicht woanders?

  • Die Basisprämie dieser Agrargesellschaft ging von 880T€ (2017) auf 873T€ (2018) zurück. Will heißen: Sie wurde um rund 35 Hektar kleiner.



    Komisch für einen "riesiger Betrieb aus Thüringen, der Kleinbauern verdrängt", gell?

    Übrigens: Dennree (der Milliardenkonzern hinter "denn's biomarkt") hat für seinen 4000-Hektar-Biobetrieb in Eichigt/Vogtland 2,133 Millionen Euro kassiert. Schreiben Sie doch mal darüber, Herr Maurin!

  • Das ist eine steile These, das Kleinbetriebe automatisch umweltfreundlicher produzieren.



    Gerade beim Einsatz von Pestiziden dosieren die Kleinen eher mal "pi x Daumen" als die Großen, für die die Gifte ein größerer Kostenfaktor sind.

    Die Subventionen für Großbetriebe müssen ebenso abgeschafft werden wie das Berechnungsverfahren geändert werden muß.



    Änderungen in diesem Bereich scheitern hauptsächlich am größten EU Land: Deutschland.

    • @neu_mann:

      Kleinunternehmen haben relativ gesehen mehr Cross Compluance-Auflagenverstöße, z.B. beim Tierschutz, als große Unternehmen. Die Behauptung klein gleich umweltfreundlicher ist ohne Beleg.

  • Einnahmen aus einer potentiellen CO2 Steuer und Ablassgelder von atmosfair u.a. könnten sehr gut dazu genutzt werden grosse Agrarflächen besser zu strukturieren und ökologisch aufzuwerten. Biologen haben dazu genügend Vorschläge in den Schubladen, die auch gezielte Bewirtschaftungsauflagen beinhalten würden.



    Ein glattes zurück zu kleinen Flächen wird es nicht geben, zumal klein und gross von Landwirten mit unterschiedlichen Betriebsgrössen und für unterschiedliche Landschaften ganz unterschiedlich ausfallen. Mal ganz abgesehen von den Ansprüchen der Zielarten.



    Und so kommen wir wieder zu der Diskussion: Kappung der ersten Säule (und Kappung der Summen für Grossbetriebe) und Ausbau der zweiten Säule mit naturschutzrelevanten Massnahmen. Ein schlankes Punktesystem wo biotische und abiotische Leistungen einfach überprüft und belohnt werden und die den Landwirten Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, wäre ideal.



    Ein langer Prozess, mit dem wir zu spät angefangen haben. Wie beim Klimaschutz. Jetzt noch weitere Studien zu machen statt zu handeln (pflanzen, buddeln, Wasser stauen) ist verdammt verschwendete Zeit.

  • Tja, Gefahr erkannt, wohl auch nicht erst seit heute - nur ändern wird sich nichts!



    Wenn für Subventionen in der technischen Industrie mit der - vermeintlichen - Arbeitsplatzsicherung argumentiert wird, heißt es dann hier, wo durch Subventionen Arbeitsplätze vernichtet werden, vermutlich das wir alle verhungern müssten, wären wir auf die Versorgung durch kleinere Betriebe angewiesen.

  • Zusätzlich werden seit Jahren Betriebe künstlich geteilt und in Kleinstbetriebe und Filialen unterteilt, um Steuer und Subventionsvorteile abzukassieren.



    So fließen die Gelder ,die eigentlich die kleinstruktuirierte Landwirtschaft stabilisieren soll, wieder zu den Großen im Dorf.



    Die Kleinen werden von allen Seiten in den Schwitzkasten genommen.



    Verdrängung statt Solidarität.