Afghanische Ortskräfte der Bundeswehr: Breites Bündnis für Aufnahme
Eine Initiative fordert, afghanische Mitarbeitende deutscher Stellen schnell nach Deutschland zu holen. Das bisherige Verfahren sei zu bürokratisch.
Die Unterstützung ist breit. Unterschrieben haben den Appell an die Bundesregierung beispielsweise der ehemalige Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, Pro-Asyl-Experte Bernd Mesovic und die ehemaligen deutschen Botschafter Hans-Ulrich Seidt und Rainald Steck.
Anlass ist der angekündigte deutsche Truppenabzug aus Afghanistan, der im Juli abgeschlossen sein soll. „Während die Truppe unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen längst bei den Vorbereitungen zur Rückkehr ist, wachsen die Befürchtungen der afghanischen Ortskräfte. Sie fürchten um ihre Sicherheit und ihr Leben – wie auch um das ihrer Familienangehörigen“, heißt es im offenen Brief. In Gefahr seien die Ortskräfte, da sie von den Taliban als „Kollaborateure des Westens“ behandelt würden. Die Bundesrepublik dürfe diese Menschen daher nicht schutzlos zurücklassen.
Im Rahmen eines sogenannten „Ortskräfteverfahrens“ nimmt Deutschland zwar schon seit 2013 bedrohte Afghan*innen auf. Laut Innenministerium müssen die Betroffenen aber „eine individuelle Gefährdung aufgrund ihrer Tätigkeit für ein deutsches Ressort in Afghanistan“ nachweisen. Wer sein Arbeitsverhältnis mit den Deutschen schon vor zwei oder mehr Jahren beendet hat, wird nicht berücksichtigt.
Initiative fordert Charterflüge
Nach Angaben der Bundesregierung aus dem April erhielten im Rahmen des Programms von 2013 bis 2015 rund 630 Ortskräfte der Bundeswehr ein „Aufnahmeversprechen“. In den Jahren danach waren die Zahlen so niedrig, dass die Regierung sie nicht mehr öffentlich angeben wollte. Das geht aus der Antwort des Außenministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor.
Die Unterzeichner*innen des offenen Briefs fordern nun ein schnelleres Aufnahmeprogramm. Neben Mitarbeiter*innen der Bundeswehr sollen auch Afghan*innen berücksichtigt werden, die vor Ort für die deutsche Polizei, die Botschaft oder der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit tätig waren. Ihre Ausreise nach Deutschland müsse „möglichst geschehen, solange die Bundeswehr noch im Land ist“ – wenn nötig mit Charterflügen.
Das bisherige Prüfverfahren „mit seinem bürokratischen Aufwand“ sei in der Kürze der Zeit nicht mehr praktikabel. Es soll entfallen. Zudem fordern die Unterzeichner*innen, dass auch Afghan*innen berücksichtigt werden, deren Arbeit für die Deutschen schon länger als zwei Jahre her ist: „Im Ernstfall werden sich die Verfolger bei den Taliban wohl kaum an dieser Frist orientieren.“
Wie viele Menschen von einer unbürokratischen Aufnahme profitieren könnten, ist indes unklar: Die Frage, wie viele Afghan*innen seit Kriegsbeginn 2001 insgesamt für deutsche Stellen gearbeitet haben, kann die Bundesregierung nicht beantworten.
Transparenzhinweis: Zu den Unterzeichner*innen des Appells gehört neben anderen Journalist*innen auch der taz-Autor und Afghanistan-Experte Thomas Ruttig.
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