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AfDler bei linkem Kulturfestival in KölnDialog mit rechts

Ein Kölner Kulturfest gegen rechts lädt den AfDler Konrad Adam zum kritischen Dialog ein. Grüne und Antifa sehen das anders.

Früher bei der „FAZ“, heute bei der AfD, bald auf dem Festival „Birlikte“: Konrad Adam Foto: Imago/Eibner

Köln taz | Der Titel der Veranstaltung am Sonntag könnte nicht treffender gewählt sein. „Was gilt es zu verteidigen?“ ist die Podiumsdiskussion überschrieben, zu der die Veranstalter des Kölner Kulturfestivals „Birlikte“ den AfD-Politiker Konrad Adam eingeladen haben. Nun, wohl einiges, denn die Einladung stößt auf heftigen Protest.

Das Festival „Birlikte“ (auf Deutsch: „Zusammenstehen“) entstand vor zwei Jahren, um an den NSU-Anschlag in der Kölner Keupstraße zu erinnern. In jener Straße im Stadtteil Mülheim explodierte fast auf den Tag genau vor zwölf Jahren eine vom NSU ferngezündete Nagelbombe.

Die Veranstalter – das Schauspiel Köln, Arsch Huh AG und IG Keupstraße – sind sich bewusst, dass Adams Einladung ins Carlswerk, nur einen Steinwurf von der Keupstraße entfernt, „Fragen aufwirft“. Es sei richtig, „nationalistischen, antidemokratischen, menschenfeindlichen und unsozialen Positionen offensiv entgegenzutreten“, heißt es in einer Erklärung.

Allerdings setze man „anders als AfD und Pegida eben nicht auf das Brüllen von Parolen, sondern auf die Kraft des Arguments im Rahmen einer demokratischen Streitkultur“.

Die Kölner Grünen-Vorsitzende Marlis Bredehorst findet diesen Umgang mit der AfD „besorgniserregend“ und „politisch naiv“. Sie fordert, die Diskussion abzusagen. Eine Aufforderung, der sich auch der Kölner Integrationsrat sowie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes anschließen. Letztere schreibt in einem offenen Brief an die Veranstalter: „Mit Propagandisten der Menschenfeindlichkeit und der Ausgrenzung kann es keinen Dialog geben.“

Antifa droht den Veranstaltern

Der WDR, Medienpartner der Festivals, sieht das anders. WDR5-Programmchef Florian Quecke verteidigt die Entscheidung, die Diskussion live zu übertragen: „Zur ‚Birlikte Dialogwoche‘ gehört für uns auch der Austausch kontroverser Positionen, journalistisch eingeordnet.“ Das Gespräch sei moderiert und auch das Publikum im Saal habe die Möglichkeit, „kritisch nachzuhaken“.

Aktiven Widerstand kündigt der Antifa AK Köln an. Sprecherin Miriam Bratschik fordert, die Veranstaltung abzusagen, und sagt: „Andernfalls werden wir dafür sorgen, dass die Veranstaltung nicht stattfinden kann.“ Dass möglicherweise Polizisten eine „Birlikte“-Veranstaltung gegen linke Demonstranten schützen müssen, damit die Diskussion mit einem Rechtspopulisten stattfinden kann – das mag sich derzeit lieber niemand vorstellen.

Die Kölner SPD versucht, zu vermitteln, und schlägt vor, die umstrittene Podiumsdiskussion zu verschieben. Grundsätzlich aber stellen sich die Sozialdemokraten hinter die Veranstalter.

Offensichtlich wird die AfD also zur Zerreißprobe für ein breites städtisches Bündnis, das einst geschlossen gegen rechts stand. Brigitta von Bülow von „Köln stellt sich quer“ versichert vorsichtshalber schon mal, man wolle nicht zulassen, dass die AfD zwischen die Bündnispartner „einen Keil treibt“.

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5 Kommentare

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  • Man kann Ideologien nur erkennbar machen wenn man MITEINANDER über sie spricht.

    Die Linke hat ja auch erfahren müssen, immer wieder, wie es ist wenn man augeschlossen wird. Das passiert der AfD ja gar nicht. Sie wird von den etablierten Parteien ja akzeptiert, auch wenn diese zum Schein mal so tun als könne man nicht mit denen arbeiten. Aber lieber Rechts wie Links.

    Wichtig ist bei der Debatte ein gut durchdachtes Konzept, mit Leuten die zu debattieren im Stande und Willens sind.

  • 8G
    89598 (Profil gelöscht)

    @CLARAFCK

    Tatsächlich ist es etwas anderes, ob man Scheindialoge etwa mit rechten AfD-Funktionären führt, die ein geschlossen rechtes Weltbild haben, oder zum echten Dialog mit Bürgern einlädt.

     

    Dies geschieht nun auch in Dresden: Nicht nur ein Dialog-Forum der "Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung" fand dort schon mehrmals statt ( https://www.youtube.com/watch?v=qDgX0A6h9kA ), auch eine Dialog-Veranstaltung mit dem französischen Begründer der 'Thérapie Sociale', Charles Rojzman, zeigt, dass es beim Dialog um Wahrnehmung & Respekt gegenüber Menschen mit anderen Auffassungen geht - und das macht wirklich Hoffnung, denn auch rechte Weltbilder können sich für neue Information & Perspektiven öffnen. ( siehe dazu den Artikel 'Demokratie ist Konflikt' in der Zeitschrift 'Oya': http://www.oya-online.de/article/read/2378-demokratie_ist_konflikt.html )

     

    Nicht zufällig wird dies "Dialog" genannt, also mit einem Begriff belegt, der (etwa bei Martin Buber und Anderen) erstmal grundsätzlich die Anerkennung der Anderen als Menschen impliziert. Als solcher anerkannt zu werden, ist wohl die Voraussetzung dafür, dass sich jemand auch mit anderen Positionen als der eigenen auseinandersetzt.

     

    Darum geht es - mit reiner Konfrontation à la Antifa sowie mit einer politischen Rhetorik der Abgrenzung gegenüber Rechts ist der Zulauf der AfD nicht zu stoppen.

     

    Es gibt im Kontext des Dialogs das schöne Wort vom 'radikalen Respekt' des Anderen - ohne im Mindesten dessen Positionen akzeptieren zu müssen.

  • Dialog mit rechts - das ist die einzig sinnvolle Strategie. Es gibt in Deutschland bereits viel zu viel ideologisch begründete Gesprächsverweigerung. Kein AfD-Wähler oder Pegida-Sympathisant wird seinen Standpunkt in Frage stellen, nur weil Medien und Politik in scharf verurteilen und Antifa-Trupps Schläge androhen. Die AfD hat nicht zuletzt deshalb so viel Zulauf, weil mehr und mehr Menschen jegliches vertrauen in Medien und etablierte Politik verloren haben. Kann man ernsthaft glauben, daß Menschen, die jedes Vertrauen in Medien und etablierte Politik verloren haben, ihre Meinung ändern werden, wenn nur eben jene Medien und Politiker, in denen sie nun gar kein Vertrauen mehr haben, nachdrücklich genug darauf bestehen? Nein, was wir brauchen, ist tabulose Gesprächsbereitschaft, nur dadurch kommen wir zurück zu gegenseitigem Vertrauen und einem konstruktiven Diskurs.

    • @yohak yohak:

      Kann man ernsthaft glauben, dass Menschen mit einem geschlossenen rechten Weltbild ihre Meinung ändern, wenn man gesprächsbereit ist? Gegenseitiges Vertrauen und konstruktiver Diskurs bleiben meistens eine Illusion. Da haben sich in letzter Zeit schon einige die Zähne ausgebissen. Gegen die extreme Rechte muss argumentativ vorgegangen werden und zwar von möglichst allen demokratischen Kräften. Was Pegida angeht hat das in vielen Städten auch einigermaßen gut funktioniert. Was passiert, wenn das nicht gelingt, sieht man z.B. in Dresden.

  • „Andernfalls werden wir dafür sorgen, dass die Veranstaltung nicht stattfinden kann.“ --->Birlikte=Zusammenstehen... ALLE. Die Dame hat ein sehr fragwürdiges Demokratie und Diskussionsverständnis. Ausgrenzung schadet immer. Warum denn nicht Leute die ganz verschiedener Meinung sind diskutieren lassen?

     

    "Reden ist unser Privileg. Wenn wir ein Problem haben, das wir nicht durch Reden lösen können, dann hat alles keinen Sinn." - Rosa Luxemburg :-)