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AfD und VerschwörungstheoretikerAnnäherung an die Wirrköpfe

Der rechte Publizist Jürgen Elsässer sucht die Nähe zur AfD. Dies stößt sowohl bei der Basis auf Gegenliebe – als auch bei Funktionär Alexander Gauland.

AfD-Parteichef Bernd Lucke und der Blick nach rechts Bild: dpa

BERLIN taz | Im vergangenen Jahr blieb der Coup noch aus. Frauke Petry, Sprecherin der Alternative für Deutschland (AfD), sagte ihre Teilnahme an einer Konferenz des von Jürgen Elsässer herausgegebenen Magazins Compact kurzfristig ab.

Dem ehemals linken Publizisten, der sich heute an ein extrem rechtes Spektrum mit dem Hang zu Verschwörungstheorien wendet, blieb der Brückenschlag zur AfD damals verwehrt. Seitdem ihn die linke Tageszeitung junge welt 2008 wegen rechter Provokationen vor die Tür setzte, agiert Elsässer in einem Milieu, in dem Eva Herman verehrt und Putin hofiert wird sowie die Terroranschläge auf das World Trade Center infrage gestellt werden.

Auf der vierten Konferenz, die Elsässers Magazin unter dem Titel „Frieden mit Russland“ am 22. November in Berlin ausrichten will, scheint nun jedoch die Teilnahme eines führenden AfD-Politikers möglich. Brandenburgs Landes- und Fraktionschef Alexander Gauland soll laut Programm zum Thema „Von Bismarck zu Merkel: Deutsche Russland-Politik“ referieren.

Aber kommt er tatsächlich? Der taz sagte Gauland: „Ich kann Ihnen das heute noch nicht sagen. Normalerweise würde ich das machen.“ Es habe ihm aber nicht gefallen, dass Elsässer neuerdings eine Verbindung mit Hooligans eingehe. „Wenn er sich davon klar distanziert, gehe ich hin.“ Elsässer selbst wollte sich gegenüber der „Mainstream-Presse“ taz nicht äußern.

Grundsätzliche Nähe

Den Aufmarsch der Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) vor knapp zwei Wochen in Köln hatte Elsässer in einem Blogbeitrag als „großen Schritt nach vorne“ gewertet. Er warb um ihre Teilnahme an einer am 9. November geplanten Kundgebung sogenannter „Reichsbürger“ vor dem Bundeskanzleramt.

Gaulands grundsätzliche Bereitschaft, auf Elsässer und dessen Publikum zuzugehen, zeigt sich in der Novemberausgabe von Compact. Darin findet sich ein Interview mit dem AfDler, der für eine national-konservative Ausrichtung seiner Partei eintritt.

Auf der anderen Seite ist auch die Annäherung von Elsässer an die AfD-Basis im vergangenen Jahr weiter voran geschritten. Mehrfach durfte er auf Veranstaltungen von Kreisverbänden auftreten und sich für sein Bekenntnis zur AfD feiern lassen. Als Redner angekündigt ist Elsässer zudem auf einem „Wissenskongress“, den mehrere Kreisverbände der NRW-AfD im März 2015 in Witten organisieren.

Auf der als „Plattform für alternatives Denken“ angepriesenen Veranstaltung sind mit Alexander Popp, Eberhard Hamer und Karl Albrecht Schachtschneider drei weitere Referenten eingeladen, die für ihre verschwörungstheoretischen oder rechten Positionen bekannt sind.

Die Hinwendung an dieses Spektrum sorgt beim liberalen Flügel der AfD für Befremden. Parteichef Lucke sagte der Welt, dass sich unter den Referenten des Wissenskongresses „Verschwörungstheoretiker und Wirrköpfe befinden“. Ob er damit auch Elsässer meint und was das über seinen Parteifreund Gauland aussagt – darüber darf spekuliert werden.

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6 Kommentare

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  • ich hab mit Herrn Elsässer nichts am hut und die meisten seiner Ansichten lehne ich ab. Trotzdem ist nicht zu verkennen: Sein relativer Erfolg speist sich aus vor allem aus den Versäumnissen der "Vierten Gewalt": nach allen Seiten kritische Berichterstattung über den Ukrainekonflikt würde ihm Wind aus den Segeln nehmen (ich erkenne ausdrücklich an, daß die TAZ ausgewogener berichtet, als die meisten Haupt-Medien), ebenso wie eine kritische, ergebnisoffene Berichterstattung über den NSU-Komplex. Beides findet nicht statt und wird auchvon der linken Presse kaum oder höchstens halbherzig berührt. Deshalb sollten wir uns nicht wundern, daß Elsässers "Compact"-Magazin gewisse Erfolge verbucht. Die Abstinnez der meisten linken Medien ist mir bei diesem Thema übrigens ganz rätselhaft.Was ist da los?

    • @Albrecht Pohlmann:

      Unsere Medien sind handzahm geworden. Überall herrscht nur eine Meinung der man nicht widersprechen darf.

       

      Ukrainekonflikt

      Privatisierung

      Bankenrettung

      Euro

      Eurorettung

      Einwanderung

      Multikulturell

      Straftäter

      Kriminalität

      Warez

      "Raubkopien"

       

      die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

      • @DD:

        Wen meint ihr denn immer mit "Die Medien" oder "Unsere Medien"?

        Meine Medien sind die taz, das ist Der Freitag, neben den größeren und etablierten wie SZ, FA und, ja auch, Der Spiegel.

        M.E. bilden die genannten ein breites Spektrum unterschiedlicher Sichtweisen ab, die es durchaus ermöglichen, ein differenziertes Bild zu bekommen.

        Lasst euch nicht von diesen Verschwörungsspinnern mit dem Totschlagargument der "Mainstreammedien" ind ie Ecke bringen. Diese Typen lesen ja noch nicht einmal die Beipackzettel ihrer Psychopharmaka....

  • 8G
    889 (Profil gelöscht)

    Kein Wort über die antisemitischen Ein- und Ausfälle des Herrn Elsässer?

    • @889 (Profil gelöscht):

      Gibt es ja auch nicht, frag die Dittfurth.

      • @L. Blanc:

        Gibt es da jetzt endlich ein Urteil oder was ist damit? Ditfurth hatte ja einiges angebracht. Es steht ja nur noch aus, ob das dem Gericht ausreichte, Elsässer als Antisemiten bezeichnen zu dürfen.